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Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Wohngebäudeversicherung: Wer darf Ansprüche geltend machen?
- ✔ Der Fall vor dem Landgericht Ingolstadt
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Wer ist bei einer Wohngebäudeversicherung für fremde Rechnung klagebefugt?
- Welche Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer, wenn die Hausverwaltung oder WEG Versicherungsansprüche nicht geltend macht?
- Unter welchen Voraussetzungen liegt eine Versicherung für fremde Rechnung vor?
- Welche Pflichten haben Hausverwaltung und WEG gegenüber den Wohnungseigentümern bei der Schadensregulierung?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Ingolstadt
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Es ging um Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung wegen eines Wasserschadens in einer Eigentumswohnung.
- Die Kläger waren Eigentümer der betroffenen Wohnung und verlangten die Erstattung von Schadenskosten durch die Versicherung.
- Die Schwierigkeiten lagen darin, dass die Versicherung für fremde Rechnung abgeschlossen wurde und die Kläger nicht die Versicherungsnehmer waren.
- Das Gericht entschied, dass die Klage unzulässig ist, weil nur die Hausverwaltung als Versicherungsnehmerin klagebefugt ist.
- Die Entscheidung basiert darauf, dass gemäß den Vertragsbedingungen ausschließlich der Versicherungsnehmer Ansprüche geltend machen darf.
- Die Kläger haben keine Prozessführungsbefugnis, da sie nur Teileigentümer und nicht Versicherungsnehmer sind.
- Das Gericht betonte, dass die Kläger gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegen die WEG oder die Hausverwaltung prüfen sollten.
- Die Versicherung muss nicht mit einzelnen Eigentümern verhandeln, um administrative und rechtliche Komplikationen zu vermeiden.
- Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der klaren Zuständigkeiten und Befugnisse in Versicherungsverträgen.
Wohngebäudeversicherung: Wer darf Ansprüche geltend machen?
Eine Wohngebäudeversicherung ist für die meisten Eigentümer von Immobilien ein wichtiger Schutz. Sie bietet Absicherung gegen Schäden, wie beispielsweise durch Feuer, Sturm oder Einbruch. Allerdings können Fragen zur Auslegung des Versicherungsschutzes und zur Durchsetzung von Ansprüchen durchaus komplex sein. In solchen Fällen ist es für Eigentümer wichtig, ihre Rechte zu kennen und notfalls auch gerichtlich zu verfolgen. Das Recht der Wohnungseigentümer, einzeln oder gemeinschaftlich Versicherungsansprüche geltend zu machen, ist daher ein relevantes Thema. Ein aktuelles Gerichtsurteil hierzu soll im Folgenden näher beleuchtet werden.
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✔ Der Fall vor dem Landgericht Ingolstadt
Streit um Wohngebäudeversicherung: Einzelne Wohnungseigentümer nicht klagebefugt

In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Ingolstadt ging es um Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung, die einzelne Wohnungseigentümer geltend machen wollten. Die Kläger sind Sondereigentümer einer Erdgeschosswohnung in einem Mehrfamilienhaus mit insgesamt 36 Wohnungen. Im Jahr 2018 kam es in der darüber liegenden Wohnung zu einem Wasserschaden, durch den auch die Wohnung der Kläger beschädigt wurde.
Die Kläger machten nun Ansprüche aus der bestehenden Wohngebäudeversicherung in Höhe von 18.793,82 € für die Beseitigung der Schäden geltend. Sie vertraten die Ansicht, dass sie trotz der Regelung des § 44 VVG berechtigt seien, ihre Ansprüche gegenüber der beklagten Versicherung selbst durchzusetzen, da weder die Wohnungseigentümergemeinschaft noch die Hausverwaltung bereit gewesen seien, dies für sie zu tun.
Versicherungsvertrag auf Hausverwaltung als Versicherungsnehmerin ausgestellt
Das Gericht wies die Klage jedoch als unzulässig ab. Entscheidend war, dass laut Versicherungsschein nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern allein die Hausverwaltung als Versicherungsnehmerin ausgewiesen war. Es handelte sich um eine Versicherung für fremde Rechnung.
Nach den Versicherungsbedingungen steht in einem solchen Fall das Recht zur Geltendmachung von Ansprüchen nur dem Versicherungsnehmer, nicht aber dem Versicherten zu. Damit wären allenfalls die Hausverwaltung, nicht aber die Wohnungseigentümergemeinschaft oder einzelne Eigentümer klagebefugt gewesen.
Kein treuwidriges Verhalten der Versicherung
Die Kläger hatten argumentiert, dass es für sie eine problematische Situation darstelle, wenn weder WEG noch Hausverwaltung ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend machen wollen, sie selbst dies aber aufgrund fehlender Prozessführungsbefugnis nicht könnten. Das Gericht sah darin jedoch kein rechtsmissbräuchliches oder treuwidriges Verhalten der beklagten Versicherung.
Diese habe ein anerkennenswertes Interesse daran, es im Streitfall nur mit dem Versicherungsnehmer und nicht parallel mit mehreren Beteiligten zu tun zu haben. Dies gelte umso mehr, wenn durch einen Schaden mehrere Sondereigentümer betroffen sein können.
Wohnungseigentümer müssen Ansprüche gegenüber WEG oder Hausverwaltung durchsetzen
Den Klägern bleibe daher nur die Möglichkeit, entweder von der Hausverwaltung oder von der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verlangen, dass ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung durchgesetzt werden. Gegebenenfalls hätten die Kläger unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen die WEG oder die Hausverwaltung, so das Gericht. Dies sei aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gewesen.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil verdeutlicht, dass bei einer Wohngebäudeversicherung für fremde Rechnung ausschließlich der Versicherungsnehmer, hier die Hausverwaltung, nicht aber die versicherte Wohnungseigentümergemeinschaft oder einzelne Sondereigentümer klagebefugt sind. Es obliegt somit der WEG oder der Hausverwaltung, etwaige Ansprüche gegenüber der Versicherung durchzusetzen. Die Versagung der Prozessführungsbefugnis einzelner Eigentümer stellt kein treuwidriges Verhalten der Versicherung dar, da diese ein berechtigtes Interesse hat, Streitigkeiten nur mit dem Versicherungsnehmer auszutragen.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Wohngebäudeversicherung wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Wer ist bei einer Wohngebäudeversicherung für fremde Rechnung klagebefugt?
- Welche Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer, wenn die Hausverwaltung oder WEG Versicherungsansprüche nicht geltend macht?
- Unter welchen Voraussetzungen liegt eine Versicherung für fremde Rechnung vor?
- Welche Pflichten haben Hausverwaltung und WEG gegenüber den Wohnungseigentümern bei der Schadensregulierung?
Wer ist bei einer Wohngebäudeversicherung für fremde Rechnung klagebefugt?
Bei einer Wohngebäudeversicherung für fremde Rechnung ist grundsätzlich der Versicherungsnehmer (meist die Hausverwaltung) klagebefugt. Die versicherten Wohnungseigentümer selbst sind es in der Regel nicht. Dieser Grundsatz ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen und den gesetzlichen Regelungen zur Versicherung für fremde Rechnung.
Die Rechtslage lässt sich wie folgt erläutern: Der Versicherungsnehmer schließt den Vertrag im eigenen Namen für das Interesse der Wohnungseigentümer als Versicherte ab. Gemäß § 44 Abs. 1 VVG stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag grundsätzlich dem Versicherten zu. Die Versicherungsbedingungen können jedoch abweichend regeln, dass nur der Versicherungsnehmer zur Geltendmachung des Versicherungsanspruchs berechtigt ist. Diese Einschränkung der Klagebefugnis ist zulässig und wird in der Praxis häufig vorgenommen.
Für die Wohnungseigentümer hat dies zur Folge, dass sie selbst keine Ansprüche gegen die Versicherung durchsetzen können. Sie müssen stattdessen die Hausverwaltung als Versicherungsnehmerin auffordern, ihre Ansprüche geltend zu machen. Verweigert die Hausverwaltung dies, können die Wohnungseigentümer eventuell Schadensersatzansprüche gegen sie oder die Wohnungseigentümergemeinschaft haben. Eine direkte Klage der Wohnungseigentümer gegen die Versicherung ist hingegen mangels Klagebefugnis unzulässig.
Diese Rechtslage dient dem Interesse der Versicherung an einer klaren Zuordnung der Anspruchsberechtigung. Sie stellt jedoch für die Wohnungseigentümer eine problematische Situation dar, wenn ihre Interessen nicht ausreichend vertreten werden. Insgesamt zeigt sich, dass die Klagebefugnis bei Wohngebäudeversicherungen für fremde Rechnung sorgfältig zu prüfen ist. Die Wohnungseigentümer sind auf eine korrekte Interessenvertretung durch die Hausverwaltung angewiesen.
Welche Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer, wenn die Hausverwaltung oder WEG Versicherungsansprüche nicht geltend macht?
Wohnungseigentümer haben mehrere Möglichkeiten, wenn die Hausverwaltung oder Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) Versicherungsansprüche nicht geltend macht. Zunächst sollten sie die Hausverwaltung bzw. WEG schriftlich auffordern, die Ansprüche durchzusetzen. Bleibt dies erfolglos, können Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen selbst klagen.
Einzelklagen sind möglich, wenn der Eigentümer einen konkreten Schaden erlitten hat. Beispielsweise kann ein Eigentümer Schadenersatzansprüche gegen die Hausverwaltung oder WEG geltend machen, wenn diese Versicherungsansprüche nicht rechtzeitig angemeldet haben und der Versicherungsschutz dadurch weggefallen ist. Hier muss der Eigentümer jedoch den entstandenen Schaden konkret darlegen und beweisen.
Für Ansprüche aus der Gebäudeversicherung haben Eigentümer keine unmittelbare Klagebefugnis. Die Versicherungsansprüche stehen der WEG als Ganzes zu. Einzelne Eigentümer können hier nur eine Klage der WEG gegen den Versicherer erzwingen. Dazu müssen sie zunächst in einer Eigentümerversammlung die Geltendmachung der Ansprüche beantragen. Wird der Antrag abgelehnt, können sie anschließend eine Beschlussersetzungsklage erheben. Das Gericht kann dann den abgelehnten Beschluss ersetzen und die WEG zur Durchsetzung der Versicherungsansprüche verpflichten.
Eine weitere Option ist die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Hausverwaltung oder WEG-Organe. Wenn diese ihre Pflichten verletzen und dadurch Versicherungsansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht werden, können die Eigentümer Ersatz des daraus entstehenden Schadens verlangen. Hierzu müssen die schädigenden Pflichtverletzungen und der konkrete Schaden jedoch im Einzelfall nachgewiesen werden.
Zusammengefasst haben Wohnungseigentümer also durchaus Möglichkeiten, auf die Durchsetzung von Versicherungsansprüchen hinzuwirken oder Schäden geltend zu machen. Je nach Situation sind Einzelklagen, Beschlussersetzungsklagen oder Schadensersatzansprüche denkbar. Eine frühzeitige Geltendmachung der Ansprüche durch die Eigentümer selbst ist jedoch oft der einfachste Weg.
Unter welchen Voraussetzungen liegt eine Versicherung für fremde Rechnung vor?
Eine Versicherung für fremde Rechnung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag nicht für sich selbst, sondern für einen Dritten abschließt. Dieser Dritte ist dann die versicherte Person. Entscheidend ist, dass der Versicherungsnehmer die Prämien zahlt, aber nicht selbst der Begünstigte der Versicherungsleistungen ist.
Typische Beispiele sind:
- Ein Arbeitgeber, der für seine Mitarbeiter eine Gruppenunfallversicherung abschließt.
- Ein Leasinggeber, der für die von ihm geleasten Fahrzeuge eine Kaskoversicherung abschließt.
- Ein Wohnungseigentümer, der für das gemeinschaftliche Wohneigentum eine Gebäudeversicherung abschließt.
Im Gegensatz dazu liegt eine Versicherung auf eigene Rechnung vor, wenn der Versicherungsnehmer die versicherte Person ist und selbst Anspruch auf die Versicherungsleistungen hat.
Für die Klagebefugnis ist der Unterschied von großer Bedeutung: Bei einer Versicherung für fremde Rechnung hat nur die versicherte Person, nicht der Versicherungsnehmer, die Befugnis, Leistungen aus dem Vertrag einzuklagen. Daher können einzelne Wohnungseigentümer aus einer Gebäudeversicherung, die der Verwalter für das gemeinschaftliche Eigentum abgeschlossen hat, keine Ansprüche geltend machen. Die Aktivlegitimation liegt ausschließlich bei der Eigentümergemeinschaft.
Welche Pflichten haben Hausverwaltung und WEG gegenüber den Wohnungseigentümern bei der Schadensregulierung?
Die Hausverwaltung und die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) haben bei der Schadensregulierung folgende Pflichten gegenüber den Wohnungseigentümern:
Die Hausverwaltung ist verpflichtet, Schäden am Gemeinschaftseigentum unverzüglich der Gebäudeversicherung zu melden und die Abwicklung der Schadensregulierung zu managen. Sie muss die Eigentümer über den Schadensfall und den Verlauf der Regulierung informieren. Bei Schäden am Sondereigentum hat die Verwaltung die Aufgabe, den Eigentümer bei der Geltendmachung seines Entschädigungsanspruchs gegenüber der Versicherung zu unterstützen. Dazu gehört es, Notmaßnahmen zu ergreifen, die Schadensanzeige zu erstatten und den Eigentümer bei der Regulierung zu beraten. Die Verwaltung muss den baulichen Zustand regelmäßig prüfen und die Eigentümer über Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf informieren. Verletzt sie diese Pflichten schuldhaft, kann sie gegenüber Eigentümern schadensersatzpflichtig werden.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist als Versicherungsnehmerin für die Abwicklung von Versicherungsschäden am Gemeinschaftseigentum zuständig. Sie entscheidet über Umfang und Durchführung der Schadensbeseitigung und muss die dafür erforderlichen Beschlüsse fassen. Die WEG hat die Pflicht, Versicherungsleistungen für Schäden am Sondereigentum an die jeweils betroffenen Eigentümer auszuzahlen. Verweigert die Gemeinschaft eine ordnungsgemäße Instandhaltung, können Eigentümer gerichtlich einen entsprechenden Beschluss erwirken.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 44 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Diese Vorschrift regelt die Prozessführungsbefugnis bei Versicherungen für fremde Rechnung. Im konkreten Fall bedeutet das, dass nur der Versicherungsnehmer (hier die Hausverwaltung) Ansprüche geltend machen darf, nicht aber die Wohnungseigentümer.
- Teil I. B § 12 VGB 2008: Dieser Abschnitt der Versicherungsbedingungen bestätigt, dass bei einer Versicherung für fremde Rechnung nur der Versicherungsnehmer zur Geltendmachung von Ansprüchen berechtigt ist. Das beeinflusst den Fall direkt, da die Kläger als Wohnungseigentümer nicht prozessführungsbefugt sind.
- § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Treu und Glauben. Die Beklagte beruft sich darauf, dass es ihr nicht verwehrt sei, die fehlende Klagebefugnis der Kläger zu rügen. Das Gericht bestätigt, dass dies nicht treuwidrig ist, da die Versicherung berechtigte Interessen verfolgt.
- § 215 VVG analog: Bestimmt die örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach dem Streitwert. Im vorliegenden Fall bestätigt es die Zuständigkeit des Landgerichts Ingolstadt.
- § 91 Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt die Kostenentscheidung im Zivilprozess. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits, da ihre Klage abgewiesen wurde.
- § 709 ZPO: Bestimmt die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils gegen Sicherheitsleistung. Hier ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen eine Sicherheitsleistung von 110% des zu vollstreckenden Betrages.
- Prozessführungsbefugnis: Zentraler Begriff im Prozessrecht, der die Berechtigung zur Führung eines Prozesses bestimmt. Im konkreten Fall fehlt den Klägern diese Befugnis, da sie nicht Versicherungsnehmer sind.
- Versicherung für fremde Rechnung: Ein Versicherungsvertrag, bei dem der Versicherungsnehmer (hier die Hausverwaltung) nicht identisch mit dem Versicherten (Wohnungseigentümer) ist. Dies erklärt, warum nur der Versicherungsnehmer Ansprüche geltend machen kann.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Ingolstadt
LG Ingolstadt – Az.: 21 O 3045/21 Ver – Urteil vom 14.02.2023
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 18.793,82 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger machen gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einer Gebäudeversicherung geltend. Es geht um eine Wohnung im Erdgeschoss links im Anwesen … einem Mehrfamilienhaus mit insgesamt 36 Wohnungen. Für dieses Gebäude besteht eine Wohngebäudeversicherung, die unter anderem das Risiko austretenden Leitungswassers abdeckt. Die Versicherungsnummer bei der Beklagten lautet ….
Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein, Anlage K1, Bezug genommen.
Im Jahre 2018 kam es in der über der hier streitgegenständlichen Wohnung liegenden Wohnung zu einem Austritt von Leitungswasser, durch das Wasser wurde auch die hier streitgegenständliche Wohnung in Mitleidenschaft gezogen und es entstanden Schäden.
Auf der 1. Seite des Versicherungsscheins heißt es unter dem Wort Versicherungsschein:
„Wohngebäudeversicherung VGB 2008 Hausverwalter optimal“. Als Versicherungsnehmer ist ausgewiesen: … für WEG ….
Seinerzeit war die Hausverwaltung … der Verwalter für das streitgegenständliche Anwesen.
In der Folge änderte die Hausverwaltung … ihre Firma und firmierte schließlich unter
….
Zum 01.04.2022 wurde eine neue Hausverwaltung bestimmt. Hausverwalter für die WEG ist nunmehr:
…
Die Kläger tragen vor, sie seien Sondereigentümer der streitgegenständlichen Wohnung.
Die Kläger tragen weiter vor, für die Beseitigung der durch austretendes Leitungswasser verursachten Schäden seien 18.793,82 € aufzuwenden.
Die Kläger meinen, sie seien trotz der Regelung des § 44 VVG berechtigt, ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten selbst geltend zu machen, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht bereit gewesen sei, die Ansprüche für die Kläger gegenüber der Beklagten geltend zu machen oder die Kläger ermächtigt haben, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Auch die Hausverwaltung sei in dieser Richtung nicht tätig geworden.
Bereits mit der Klage haben die Kläger der Wohnungseigentümergemeinschaft …, vertreten durch die Hausverwaltung und der damaligen Hausverwaltung … den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beizutreten.
Mit Schriftsatz vom 25.01.2022 haben die Streitverkündeten den Beitritt erklärt, allerdings nicht auf Seiten der Kläger, sondern auf Seiten der Beklagten.
Die Kläger beantragen:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte aufgrund des mit der Wohnungseigentümergemeinschaft …, bestehenden Gebäudeversicherungsvertrages, verpflichtet ist, den Klägern die zur Beseitigung des an der Wohnung der Kläger im Gebäude … im Erdgeschoss hinten links entstandenen Schadens infolge im Jahr 2018 ausgetretenen Leitungswassers aus der darüberliegenden Wohnung erforderlichen Kosten zu erstatten, sobald die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt sind.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Die Streithelfer beantragen ebenfalls Klageabweisung und Auferlegung der Kosten auf die Kläger.
Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Kläger Sondereigentümer in der WEG sind und dass die geltend gemachten Kosten den kausal auf den Versicherungsfall zurückgehenden objektiv erforderlichen Wiederherstellungskosten entsprechen.
Die Beklagte ist der Meinung, die Kläger seien gar nicht klagebefugt, die Klage demnach unzulässig. Nicht die WEG, sondern die Hausverwaltung sei Versicherungsnehmerin.
Es sei eine Versicherung für fremde Rechnung abgeschlossen worden.
Gemäß Teil I. B § 12 Nummer 1 Satz 2 VGB 2008 stehe die Ausübung der Rechte aus diesem Vertrag nur dem Versicherungsnehmer und nicht nach dem Versicherten zu. Der fehlenden Prozessführungsbefugnis könnte auch nicht durch eine etwaige Bevollmächtigung abgeholfen werden.
Der Beklagten sei es auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die fehlende Klagebefugnis zu berufen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2023 verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Das Landgericht Ingolstadt ist zur Entscheidung aufgrund des Streitwerts sachlich und nach § 215 VVG analog örtlich zuständig.
2. Die Klage ist aber gleichwohl unzulässig.
Die Kläger sind nicht prozessführungsbefugt.
Prozessführungsbefugt wäre alleine die Hausverwaltung. Nur die Hausverwaltung ist Versicherungsnehmerin. Auch die WEG wäre mangels Versicherungsnehmereigenschaft nicht prozessführungsbefugt.
Ausweislich des eindeutigen Wortlauts im Versicherungsschein ist Versicherungsnehmer des streitgegenständlichen Vertrages alleine die Hausverwaltung.
Dies wird auch erkennbar an der Bezeichnung der Versicherung im Versicherungsschein. Dort heißt es: „Wohngebäudeversicherung VGB 2008 Hausverwalter optimal“.
Bei der Bezeichnung des Versicherungsnehmers auf der 1. Seite des Versicherungsscheins findet sich im Übrigen der Zusatz: „für WEG …“. Nach Teil B, § 12 Abs. 1 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen ist im Fall der Versicherung für fremde Rechnung alleine der Versicherungsnehmer zur Geltendmachung von Ansprüchen berechtigt. Der Versicherte ist auch dann nicht prozessführungsbefugt, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Wenn also schon die WEG als Versicherte nicht prozessführungsbefugt, gilt dies erst recht für die Kläger als Teil der WEG.
Es ist auch nicht treuwidrig von der Beklagten, sich gegenüber den Klägern hierauf zu berufen.
Das Gericht verkennt nicht, dass für die Kläger eine problematische Situation eintritt, wenn weder die WEG noch die zuständige Hausverwaltung geneigt ist, Ansprüche der Kläger gegenüber der Versicherung durchzusetzen und die Kläger dies selbst aufgrund der fehlenden Prozessführungsbefugnis aber nicht können.
Den Klägern bleibt aber wohl die Möglichkeit offen, entweder von der Hausverwaltung oder von der WEG zu verlangen, dass ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung durchgesetzt werden. Gegebenenfalls haben die Kläger unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen die WEG oder die Hausverwaltung. Ob solche Ansprüche tatsächlich bestehen, ist hier nicht streitgegenständlich.
Rechtsmissbräuchliches oder treuwidriges Verhalten der Versicherung könnte nur angenommen werden, wenn das Verhalten der Versicherung nicht von einem beachtlichen, im Zweckbereich der Vertragsklausel liegenden Interesse gedeckt wäre.
Vorliegend stellt Teil I. B § 12 Nr. 1 VGB 2008 eine zulässige teilweise Abbedingung der Vorschrift des § 44 Abs. 2 VVG dar. Dass diese Abbedingung grundsätzlich zulässig ist, wird auch von den Klägern nicht bezweifelt.
Es besteht ein erkennbares und nachvollziehbares Interesse der Versicherung daran, nur mit dem Versicherungsnehmer und nicht mit sonstigen Personen verhandeln zu müssen. Die Anwendung von § 242 BGB begegnet vorliegend schon deswegen Bedenken, weil die Kläger ja genau genommen gar nicht Vertragspartner der Beklagten sind.
Weiter ist zu sehen, dass die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft erfahrungsgemäß ja durch Veräußerung des Sondereigentums wechseln können und die Versicherung jedes Mal überprüfen müsste, ob eine Person, die mit Ansprüchen an die Versicherung herantritt, tatsächlich Sondereigentümer im Rahmen der WEG ist oder nicht.
Es besteht also ein anerkennenswertes Interesse der Versicherung daran, es im Streitfall nur mit dem Versicherungsnehmer und nicht parallel mit mehreren Beteiligten zu tun zu haben. Dies wird insbesondere an einem Fall wie dem vorliegenden deutlich, wodurch einen Wasserschaden ja ohne weiteres mehrere Wohnungen und damit mehrere Sondereigentümer betroffen sein können.
Die Klage ist daher mangels Prozessführungsbefugnis der Kläger bereits unzulässig.
Die Kläger haben zwar durch Vorlage eines entsprechenden Grundbuchauszugs (Anlage K 11) ihr Sondereigentum nachgewiesen. Dies kann aber letztlich dahinstehen, wie bereits ausgeführt.
Es kann weiter dahinstehen, ob bereits der gestellte Feststellungsantrag unzulässig ist, am Ergebnis der Unzulässigkeit der Klage ändert dies nichts. Die Klage wäre auch dann unzulässig, wenn die Kläger einen bezifferten Zahlungsantrag gestellt hätten oder stellen würden.
Auch auf die Höhe einer möglichen Entschädigung kommt es hier nicht an.
Die Klage war demgemäß abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91,100 Abs. 1 und 101 Abs. 1 ZPO.
Die Kläger haften gemäß § 100 Abs. 1 ZPO nach Kopfteilen, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Tenor bedarf. Die Haftung nach § 100 Abs. 1 ZPO tritt kraft Gesetzes ein. Die Kläger haften ausdrücklich nicht als Gesamtschuldner, vgl. MüKo ZPO/Schulz ZPO, § 100 Rn. 6 und 7.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.