Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Selbstständiges Beweisverfahren: Schlüssel zur Durchsetzung von Unfallansprüchen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Kosten entstehen bei einem medizinischen Gutachten und wer trägt diese?
- Wie läuft eine gutachterliche Untersuchung nach einem Verkehrsunfall ab?
- Wie werden verschiedene Verletzungsfolgen im Gutachten bewertet?
- Welche Bedeutung haben Vorerkrankungen für das Gutachten?
- Welche Rechte und Pflichten habe ich während der Begutachtung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Augsburg
- Datum: 18.07.2016
- Aktenzeichen: 101 OH 4441/15
- Verfahrensart: Verfahren zur Einholung eines Sachverständigengutachtens
- Rechtsbereiche: Unfallversicherung, Invaliditätsbewertung
Beteiligte Parteien:
- Antragstellerin: Die Person, die die Einholung des Sachverständigengutachtens beantragt hat, um körperliche Beeinträchtigungen infolge eines Unfalls feststellen zu lassen. Ihre wesentlichen Argumente betreffen die Anerkennung der Invalidität und die Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung verschiedener Körperteile.
- Antragsgegnerpartei (Versicherung): Die Partei, die im Kontext der Unfallversicherung über die Gliedertaxe verfügt und deren Einordnung der Funktionsbeeinträchtigungen in Frage gestellt wird.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Antragstellerin verlangt die Erstellung eines Gutachtens zur Einschätzung der Invalidität, die durch einen Unfall am 22.03.2013 verursacht wurde. Dabei sollen diverse körperliche und neurologische Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer Dauer und Schwere begutachtet werden, sowohl im Rahmen der Gliedertaxe der Versicherung als auch darüber hinaus.
- Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Frage, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Beeinträchtigungen auf den Unfall zurückzuführen sind und wie sie nach der Gliedertaxe zu bewerten sind. Ebenfalls ist zu klären, ob Vorschäden bestehen und welche Auswirkungen der Unfall hierauf hatte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Es wurde beschlossen, ein schriftliches Sachverständigengutachten zu den von der Antragstellerin vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen einzuholen.
- Begründung: Die Einholung des Gutachtens ist notwendig, um die Behauptungen der Antragstellerin zu prüfen und die tatsächlichen Beeinträchtigungen objektiv zu bewerten. Die Fragen betreffen sowohl die auf den Unfall zurückzuführenden Leiden als auch bestehende Vorschäden.
- Folgen: Die Antragstellerin muss einen Kostenvorschuss von 3.000 Euro bis zum 15.08.2016 leisten, um die Aktenversendung an den Sachverständigen zu ermöglichen. Das Gutachten soll klären, in welchem Umfang die Beeinträchtigungen vorliegen und ob der Unfall die Auslöser dieser sind. Eine Nachforderung weiterer Vorschüsse bleibt vorbehalten.
Selbstständiges Beweisverfahren: Schlüssel zur Durchsetzung von Unfallansprüchen
Das selbstständige Beweisverfahren ist ein wichtiges Instrument im deutschen Rechtssystem, das Geschädigten dabei hilft, ihre Ansprüche im Falle eines Unfalls durchzusetzen. Insbesondere bei Streitigkeiten mit Versicherungsgesellschaften, etwa im Zusammenhang mit Unfallversicherungen, kann eine gründliche Beweisführung entscheidend sein. Hierbei spielen die Schadensdokumentation, die Unfallmeldung und die Gutachtenerstellung eine zentrale Rolle, um den Leistungsanspruch zu untermauern und eventuell auch Schmerzensgeld zu beantragen.
Das Gericht hat die Aufgabe, die Unfallursache und die daraus resultierenden Ansprüche sorgfältig zu prüfen. Oftmals benötigen Geschädigte rechtlichen Beistand, um ihre Rechte effektiv durchzusetzen, sei es durch Beweissicherung oder bei einem Klageverfahren. Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der aufzeigt, wie das selbstständige Beweisverfahren in der Praxis funktioniert und welche wichtigen Aspekte dabei zu beachten sind.
Der Fall vor Gericht
Gericht ordnet unfallmedizinisches Gutachten nach schwerem Verkehrsunfall an
Das Landgericht Augsburg hat die Erstellung eines umfassenden medizinischen Gutachtens im Fall einer Unfallgeschädigten angeordnet, die seit einem Verkehrsunfall am 22. März 2013 unter erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet. Das Gericht beauftragte einen Münchner Sachverständigen mit der detaillierten Untersuchung der geltend gemachten Beschwerden.
Vielfältige Beschwerden nach Unfall erfordern gründliche Begutachtung
Die betroffene Person klagt über ein breites Spektrum an Beschwerden, die einer genauen medizinischen Einordnung bedürfen. Zu den gemeldeten Symptomen gehören Schmerzen und neurologische Beeinträchtigungen im linken Arm bis zur Schulter sowie in beiden Händen. Auch die Wirbelsäule, insbesondere im Hals- und Brustbereich, ist betroffen. Hinzu kommen Kopf- und Kieferschmerzen, eine diagnostizierte Radikulopathie C6 und C7 links sowie eine Cervico-Brachialgie und Cervico-Cephalgie. Die Patientin berichtet zudem von Taubheitsgefühlen in verschiedenen Körperregionen, Konzentrationsproblemen, Gesichtsfeldeinschränkungen sowie emotionalen Störungen und Schlafproblemen.
Gutachter prüft Dauerhaftigkeit und Invaliditätsgrad
Der beauftragte Sachverständige soll klären, ob diese gesundheitlichen Einschränkungen auf nicht absehbare Zeit oder voraussichtlich länger als drei Jahre seit dem Unfall bestehen werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der Bewertung nach der Gliedertaxe der Versicherung. Dabei muss der Gutachter für jedes betroffene Körperteil oder Sinnesorgan den prozentualen Grad der Funktionsbeeinträchtigung ermitteln. Auch Körperfunktionen, die nicht in der Gliedertaxe aufgeführt sind, müssen hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die normale körperliche und geistige Gesamtleistungsfähigkeit beurteilt werden.
Prüfung möglicher Vorschäden maßgeblich für Beurteilung
Der Sachverständige muss zudem untersuchen, ob bereits vor dem Unfall Vorschäden an den betroffenen Körperteilen oder Sinnesorganen bestanden. Falls solche vorlagen, gilt es zu ermitteln, ob der Unfall diese verschlimmerte oder erst auslöste. Besondere Aufmerksamkeit wird der Frage gewidmet, ob eine erhöhte Krankheitsempfänglichkeit innerhalb der medizinischen Norm vorliegt oder ob es sich um altersbedingte Abnutzungserscheinungen handelt, die nicht über die typische Degeneration hinausgehen.
Kostenfrage und Verfahrensablauf
Das Gericht hat für die Erstellung des Gutachtens einen Kostenvorschuss von 3.000 Euro festgesetzt, der von der Antragstellerin bis zum 15. August 2016 zu hinterlegen ist. Erst nach Eingang dieser Summe werden die Akten an den Sachverständigen übermittelt. Das Gericht behält sich ausdrücklich vor, weitere Vorschüsse anzufordern. Der beauftragte Gutachter wurde angewiesen, die beteiligten Parteien rechtzeitig über anstehende Untersuchungstermine zu informieren.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht stärkt die Position von Unfallgeschädigten bei der Durchsetzung ihrer Invaliditätsansprüche, indem es eine umfassende medizinische Begutachtung aller behaupteten Gesundheitsschäden anordnet. Die Entscheidung zeigt, dass auch komplexe Beschwerdebilder mit vielfältigen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen einer sorgfältigen gutachterlichen Prüfung unterzogen werden müssen. Besonders wichtig ist die Berücksichtigung der Dauerhaftigkeit der Schäden sowie möglicher Vorerkrankungen bei der Bemessung der Invalidität.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie nach einem Unfall unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, haben Sie das Recht auf eine gründliche Untersuchung aller Ihrer Beschwerden durch einen medizinischen Gutachter – auch wenn diese vielfältig sind und verschiedene Körperregionen betreffen. Sie müssen allerdings mit der Vorfinanzierung des Gutachtens in Höhe von mindestens 3.000 Euro rechnen. Der Gutachter wird nicht nur Ihre aktuellen Beschwerden untersuchen, sondern auch prüfen, wie lange diese voraussichtlich andauern werden und ob eventuell vorhandene Vorerkrankungen eine Rolle spielen. Das Ergebnis des Gutachtens ist entscheidend für die Höhe Ihrer Invaliditätsleistungen.
Benötigen Sie Hilfe?
Bei komplexen Unfallfolgen mit verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist eine professionelle rechtliche Begleitung oft entscheidend für die erfolgreiche Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Unsere erfahrenen Anwälte kennen die aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung und unterstützen Sie bei der umfassenden Begutachtung Ihrer Unfallfolgen. In einem persönlichen Gespräch analysieren wir Ihre individuelle Situation und zeigen Ihnen Ihre rechtlichen Möglichkeiten auf. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Kosten entstehen bei einem medizinischen Gutachten und wer trägt diese?
Die Kostenübernahme für medizinische Gutachten richtet sich nach dem Auftraggeber und dem Zweck der Begutachtung. Bei der gesetzlichen Unfallversicherung werden die Kosten vollständig durch die Versicherungsträger übernommen, da diese durch Arbeitgeberbeiträge finanziert werden.
Kostenübernahme durch Versicherungen und öffentliche Träger
Bei Unfällen und Versicherungsansprüchen übernimmt in der Regel die Versicherungsgesellschaft die Gutachterkosten sowie entstehende Nebenkosten wie Verdienstausfall für den Besuch beim Gutachter. Die gesetzliche Rentenversicherung oder Krankenkassen tragen die Kosten für Gutachten, wenn diese zur Klärung von Leistungsansprüchen benötigt werden.
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
Die Gutachten der Gutachterkommissionen bei den Ärztekammern sind für Patienten kostenlos. Diese Option steht zur Verfügung, wenn der zu untersuchende Behandlungsfehler nicht länger als 5 Jahre (in Hessen 3 Jahre) zurückliegt.
Private Kostentragung
Wenn Sie ein Gutachten für private Zwecke benötigen, müssen Sie die Kosten in der Regel selbst tragen. Die Honorare für Gutachten wurden zum 1. Januar 2022 um 15 bis 20 Prozent erhöht. Als Orientierung dienen folgende Preise:
- Einfache Gutachten: 140,00 €
- Mittlere Gutachten: 330,00 €
- Umfangreiche Gutachten: 840,00 €
Unterstützungsmöglichkeiten
Bei begrenzten finanziellen Möglichkeiten können Sie sich an Ihre Krankenkasse wenden. Diese kann ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beantragen oder die Kosten für ein Privatgutachten ganz oder teilweise übernehmen.
Wie läuft eine gutachterliche Untersuchung nach einem Verkehrsunfall ab?
Die gutachterliche Untersuchung nach einem Verkehrsunfall beginnt mit der Besichtigung des beschädigten Fahrzeugs durch einen unabhängigen Sachverständigen. Der Gutachter kommt dabei zum vereinbarten Termin vor Ort und führt eine gründliche Untersuchung durch.
Dokumentation und Bestandsaufnahme
Der Sachverständige erstellt zunächst eine umfassende Dokumentation des Fahrzeugzustands. Dazu gehören detaillierte Fotos und eine präzise Auflistung aller unfallbedingten Schäden. Zusätzlich werden wichtige Fahrzeugdaten wie Baujahr, Laufleistung und Ausstattung erfasst.
Schadensanalyse und Bewertung
Im nächsten Schritt erfolgt die technische Analyse der Unfallschäden. Der Gutachter untersucht dabei:
- Die detaillierte Auflistung aller unfallbedingten Schäden
- Die notwendigen Reparaturmaßnahmen
- Eventuell vorhandene Vorschäden am Fahrzeug
- Die voraussichtliche Reparaturdauer
Erstellung des Gutachtens
Nach der Untersuchung berechnet der Sachverständige die Schadenshöhe und erstellt einen schriftlichen Bericht. Dieser enthält:
- Die Gesamthöhe der Unfallschäden
- Den möglichen Reparaturweg und dessen Kosten
- Den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs
- Eine eventuelle unfallbedingte Wertminderung
- Die Feststellung eines möglichen Totalschadens
Die Begutachtung erfolgt in der Regel innerhalb von ein bis zwei Werktagen nach der Beauftragung. Der Gutachter arbeitet dabei neutral und unabhängig von der Versicherung, um eine objektive Bewertung sicherzustellen.
Wie werden verschiedene Verletzungsfolgen im Gutachten bewertet?
Die Bewertung von Verletzungsfolgen erfolgt primär anhand der Gliedertaxe, die als einheitliche Grundlage für die Beurteilung der dauernden Beeinträchtigung dient. Diese ordnet verschiedenen Körperteilen und Sinnesorganen feste Prozentsätze zu, die den Grad der Invalidität bestimmen.
Bewertung körperlicher Schäden
Bei körperlichen Verletzungen wird zunächst geprüft, ob ein vollständiger Verlust oder eine völlige Funktionsunfähigkeit vorliegt. Ist nur eine teilweise Funktionseinschränkung gegeben, wird der entsprechende Anteil des in der Gliedertaxe festgelegten Prozentsatzes berechnet. Ein ärztlicher Gutachter ermittelt dabei den genauen Grad der Funktionsbeeinträchtigung.
Mehrfache Verletzungen
Sind mehrere Körperteile durch einen Unfall betroffen, werden die einzelnen Invaliditätsgrade addiert. Der Gesamtinvaliditätsgrad kann dabei maximal 100 Prozent erreichen. Die Bewertung erfolgt dabei unabhängig vom Beruf, Alter oder der ausgeübten Tätigkeit.
Psychische Folgen
Bei psychischen Beeinträchtigungen ist die Bewertung komplexer. Psychische Störungen werden nur dann berücksichtigt, wenn sie eine eindeutige organische Ursache haben. Rein psychogene Reaktionen sind gemäß Ziffer 5.2.6 AUB normalerweise vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Eine Ausnahme bilden psychische Dauerschäden, die nachweislich durch die körperliche Beeinträchtigung verursacht wurden.
Dauerhaftigkeit der Schäden
Die Bewertung setzt voraus, dass die Beeinträchtigungen einen dauerhaften Charakter haben. Nach den AUB bedeutet dies, dass die Schädigung voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und keine Aussicht auf Besserung besteht. Temporäre Einschränkungen, auch wenn sie mehrere Monate andauern, führen nicht zu einer Invaliditätsleistung.
Welche Bedeutung haben Vorerkrankungen für das Gutachten?
Vorerkrankungen spielen eine zentrale Rolle bei der gutachterlichen Bewertung von Unfallfolgen. Bei der Begutachtung muss zwischen einer Schadensanlage (klinisch stumme Krankheitsdisposition) und einer Vorerkrankung (bereits symptomatische Erkrankung) unterschieden werden.
Bewertung von Vorschäden
Ein dem Alter entsprechender Verschleiß gilt nicht als regelwidriger Körperzustand und darf nicht zu Leistungskürzungen führen. Maßgebend ist der altersbedingte Normalzustand als Ausgangspunkt der Bewertung. Vorschädigungen, die zu keiner Beeinträchtigung geführt haben oder keiner ärztlichen Behandlung bedurften, sind nicht anzurechnen.
Mitwirkungsanteil und Kausalität
Für die Anerkennung eines Unfallschadens genügt es, wenn das Unfallereignis an der eingetretenen Funktionsbeeinträchtigung mitgewirkt hat. Der Mitwirkungsanteil einer Vorerkrankung muss mindestens 25% betragen, damit eine Minderung der Versicherungsleistung erfolgt.
Beweisanforderungen
Der Nachweis von Vorschäden unterliegt strengen Anforderungen. Für alle rechtlich relevanten Tatsachen ist ein Vollbeweis erforderlich, der eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erfordert. Bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen Unfall und Gesundheitsschaden genügt hingegen die hinreichende Wahrscheinlichkeit.
Für die gutachterliche Praxis bedeutet dies: Der Sachverständige muss klar zwischen altersbedingten Normalbefunden und krankhaften Vorschäden differenzieren. Die Beurteilung muss nachvollziehbar dokumentieren, ob und in welchem Ausmaß Vorerkrankungen die Unfallfolgen beeinflusst haben.
Welche Rechte und Pflichten habe ich während der Begutachtung?
Als Unfallgeschädigter haben Sie während der Begutachtung sowohl wichtige Rechte als auch bestimmte Pflichten. Sie müssen bei der Sachverhaltsermittlung mitwirken und alle relevanten Tatsachen angeben, die für die Leistungsbeurteilung erheblich sind.
Ihre Mitwirkungspflichten
Bei der Begutachtung sind Sie verpflichtet, persönlich zu erscheinen und sich ärztlichen sowie psychologischen Untersuchungen zu unterziehen. Wenn Sie diesen Pflichten nicht nachkommen, können Leistungen ganz oder teilweise versagt werden. Allerdings muss die Versicherung Sie vorher schriftlich auf diese Folgen hinweisen und eine Frist zur Nachholung der Mitwirkung setzen.
Ihre Rechte während der Begutachtung
Sie haben das Recht, die Mitwirkung zu verweigern, wenn Ihr persönlicher Bereich oder Ihre körperliche Unversehrtheit unzumutbar beeinträchtigt würden. Zudem steht Ihnen das Recht zu, einen eigenen unabhängigen Sachverständigen zur Beweissicherung und Feststellung der Schäden hinzuzuziehen – auch wenn die Versicherung bereits einen Gutachter beauftragt hat.
Einsichtsrecht in Gutachten
Sie haben grundsätzlich einen Anspruch darauf, Einsicht in die von der Versicherung eingeholten Gutachten zu nehmen. Die Versicherung muss Ihnen diese Einsicht gewähren, wenn sie darauf schwerwiegende Entscheidungen zu Ihren Lasten stützt. Dieses Recht umfasst nicht nur die Einsichtnahme, sondern auch die Möglichkeit, eine Kopie des Gutachtens zu erhalten.
Bedeutung der Beweissicherung
Die vollständige Beweissicherung bezüglich des Schadenumfangs ist von großer Bedeutung. Als Geschädigter dürfen Sie sich auf die Feststellungen des Gutachters verlassen. Sie sind nicht verpflichtet, über die Einholung des Sachverständigengutachtens hinaus noch eigene Marktforschung zu betreiben oder dem Versicherer vor weiteren Schritten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Selbstständiges Beweisverfahren
Ein spezielles gerichtliches Verfahren, das es ermöglicht, wichtige Beweise zu sichern, bevor ein eigentlicher Prozess beginnt. Es wird häufig bei Unfällen oder Baustreitigkeiten genutzt, um Sachverständigengutachten einzuholen. Geregelt in §§ 485-494a ZPO. Besonders wichtig ist dies, wenn sich Beweise mit der Zeit verschlechtern könnten oder Fakten später schwerer feststellbar wären. Beispiel: Nach einem Unfall kann zeitnah der Gesundheitszustand dokumentiert werden, bevor sich dieser verändert.
Gliedertaxe
Eine standardisierte Bewertungstabelle in Unfallversicherungen, die festlegt, welche prozentuale Invalidität beim Verlust oder der Funktionseinschränkung bestimmter Körperteile oder Sinnesorgane anzusetzen ist. Sie ist Bestandteil der Versicherungsbedingungen und dient als Berechnungsgrundlage für Versicherungsleistungen. Beispiel: Der vollständige Verlust des Zeigefingers entspricht meist 10% Invalidität, der Verlust einer Hand 55%.
Radikulopathie
Eine neurologische Erkrankung, bei der Nervenwurzeln im Bereich der Wirbelsäule geschädigt oder gereizt sind. Die Bezeichnungen C6/C7 beziehen sich auf die betroffenen Halswirbelkörper. Geregelt in den medizinischen Klassifikationssystemen ICD-10 (M54.1). Typische Symptome sind Schmerzen, Taubheitsgefühle und Bewegungseinschränkungen im Versorgungsgebiet des betroffenen Nervs.
Cervico-Brachialgie
Eine Schmerzerkrankung, die von der Halswirbelsäule ausgeht und in Arm und Schulter ausstrahlt. Medizinisch definiert als Schmerzsyndrom nach ICD-10 (M53.1). Die Beschwerden können durch Verletzungen, Verschleiß oder Nervenreizungen entstehen. Beispiel: Nach einem Auffahrunfall können Verletzungen der Halswirbelsäule zu ausstrahlenden Armschmerzen führen.
Vorschaden
Bereits vor einem Unfall oder Schadensereignis bestehende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen, die Einfluss auf die Bewertung der unfallbedingten Schäden haben. Relevant für die Bemessung von Versicherungsleistungen nach § 287 ZPO. Beispiel: Eine vorbestehende Arthrose kann die Bewertung von unfallbedingten Gelenkschäden beeinflussen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 11 SGB VII (Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung): Dieses Gesetz regelt die Grundlagen der gesetzlichen Unfallversicherung, einschließlich der Ansprüche auf Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Für den vorliegenden Fall ist es relevant, da die Antragstellerin aufgrund eines Unfalls gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten hat, die sie möglicherweise als unfallbedingt anerkennen lassen kann, um Entschädigungsansprüche geltend zu machen.
- § 843 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch – Schadensersatzansprüche): Nach diesem Paragraphen hat der Geschädigte Anspruch auf Schadenersatz für die ihm durch den Unfall entstandenen Schäden. Im Kontext des Falls ist dieser Paragraph entscheidend, da die Antragstellerin eine Invalidität infolge des Unfalls beweisen muss, um Schadensersatzansprüche erfolgreich durchzusetzen.
- § 2 Abs. 1 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen): Dieses Gesetz sieht die Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen vor und regelt die Ansprüche auf Leistungen zur Rehabilitation. Die Diagnose der Invalidität und der Beeinträchtigungen ist wichtig, um geeignete Rehabilitations- und Integrationsmaßnahmen für die Antragstellerin zu bestimmen.
- Gliedertaxe (Rechtsgrundlage der Unfallversicherung): Die Gliedertaxe dient als Grundlage zur Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung von Körperteilen und Sinnesorganen im Kontext der Unfallversicherung. Die Antragstellerin muss in ihrem Fall den Grad der Invalidität anhand dieser Taxe nachweisen, um Anspruch auf finanzielle Entschädigung zu erlangen.
- § 256 ZPO (Zivilprozessordnung – Gutachten im Zivilprozess): Dieser Paragraph regelt die Bestellung von Sachverständigen zur Klärung von bestimmten Fragen im Zivilprozess. Im vorliegenden Fall ist die Einholung eines Gutachtens über die Invalidität und gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragstellerin entscheidend, um die vorgebrachten Ansprüche gerichtlich zu untermauern.
Das vorliegende Urteil
Landgericht Augsburg – Az.: 101 OH 4441/15 – Beschluss vom 18. Juli 2016
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