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Restschuldversicherung – Klausel über schwere Krankheit – Herzinfarkt

Herzinfarkt kein Grund zur Leistungsverweigerung? Nicht, wenn es nach dem Bundesgerichtshof geht. Ein Mann erleidet einen Herzinfarkt und die Versicherung verweigert die Zahlung – doch ist das rechtens? Ein wegweisendes Urteil zeigt, wie wichtig das Kleingedruckte im Versicherungsvertrag ist.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Restschuldversicherung sollte im Falle einer schweren Erkrankung die ausstehenden Kreditraten übernehmen.
  • Der Kläger erlitt einen Herzinfarkt und beantragte daraufhin Leistungen aus der Restschuldversicherung.
  • Die Versicherung lehnte die Zahlung ab, da ein Herzinfarkt laut Vertragsdefinition keine schwere Krankheit darstelle.
  • Der Bundesgerichtshof wies die Klage des Kreditnehmers gegen die Versicherungsgesellschaft ab.
  • Für die rechtliche Beurteilung ist die vertragliche Definition der versicherten Krankheiten entscheidend.
  • Das Urteil verdeutlicht die Wichtigkeit des Kleingedruckten in Versicherungsverträgen.
  • Verbraucher sollten die genauen Leistungsvoraussetzungen und Definitionen in Versicherungsverträgen sorgfältig prüfen.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen für viele Versicherte mit ähnlichen Vertragsklauseln.
  • Eine präzise Vertragsauslegung ist bei Streitigkeiten über Versicherungsleistungen maßgeblich.
  • Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer genauen Prüfung von Versicherungsbedingungen vor Vertragsabschluss.

Herzinfarkt und Restschuldversicherung: Wichtige rechtliche Aspekte im Fokus

Die Restschuldversicherung ist ein wichtiges Instrument, das Kreditnehmern Schutz bietet, falls sie ihre Zahlungen aufgrund unvorhergesehener Ereignisse, wie etwa schwerer Krankheiten, nicht mehr leisten können. Eine solche Versicherung übernimmt in der Regel die ausstehenden Raten, wenn der Versicherte aufgrund bestimmter Krankheitsereignisse, wie einem Herzinfarkt, dauerhaft erwerbsunfähig wird. Allerdings können die Vertragsbedingungen variieren, und es ist entscheidend, die genauen Klauseln zu verstehen, um im Ernstfall abgesichert zu sein.

Ein besonders kritischer Aspekt sind die Definitionen von „schwerer Krankheit“ und die Auslöser für den Versicherungsschutz. Ob ein Herzinfarkt als derartige Krankheit anerkannt wird, hängt oft von spezifischen Klauseln im Versicherungsvertrag ab. Diese Bedingungen sind nicht immer klar und können für Verbraucher verwirrend sein, was im Worst-Case-Szenario zu finanziellen Schwierigkeiten führen kann.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der sich mit den rechtlichen Aspekten dieser Versicherung und der Interpretation von Klauseln im Kontext eines Herzinfarkts auseinandersetzt.

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Der Fall vor Gericht


Restschuldversicherung verweigert Leistung nach Herzinfarkt

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem wegweisenden Urteil die Klage eines Bankkunden gegen eine Versicherungsgesellschaft abgewiesen. Der Fall drehte sich um die Frage, ob ein Herzinfarkt als schwere Krankheit im Sinne einer Restschuldversicherung zu werten ist. Der Kläger, ein 62-jähriger Mann aus Nordrhein-Westfalen, hatte bei seiner Bank einen Kredit aufgenommen und dazu eine Restschuldversicherung abgeschlossen. Diese sollte im Falle einer schweren Erkrankung die noch ausstehenden Kreditraten übernehmen.

Versicherungsfall und Ablehnung der Leistung

Nachdem der Kläger einen Herzinfarkt erlitten hatte, wandte er sich an die Versicherung mit der Bitte um Übernahme der Restschuld. Zu seiner Überraschung lehnte die Versicherung die Leistung ab. Sie argumentierte, dass ein Herzinfarkt nicht unter die im Versicherungsvertrag aufgelisteten schweren Krankheiten falle. Der Vertrag definierte als versicherte Ereignisse explizit Krebs, Schlaganfall, Multiple Sklerose und schwere Verbrennungen. Ein Herzinfarkt war in dieser Liste nicht aufgeführt.

Der Weg durch die Instanzen

Der enttäuschte Bankkunde entschied sich, rechtliche Schritte einzuleiten. Er klagte zunächst vor dem zuständigen Landgericht, dann vor dem Oberlandesgericht. Beide Instanzen wiesen seine Klage ab. Schließlich landete der Fall vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Der Kläger argumentierte, dass ein Herzinfarkt aufgrund seiner Schwere und potenziell lebensbedrohlichen Natur ebenfalls als schwere Krankheit im Sinne der Versicherung zu betrachten sei.

BGH bestätigt Vorinstanzen

Der BGH folgte in seinem Urteil (Az. IV ZR 128/22) der Argumentation der Vorinstanzen und der Versicherungsgesellschaft. Die Richter betonten, dass die im Vertrag enthaltene Liste der versicherten Krankheiten als abschließend zu betrachten sei. Sie stellten klar, dass es sich bei der Aufzählung nicht um beispielhafte Nennungen handle, sondern um eine eindeutige und erschöpfende Definition des Versicherungsschutzes.

Bedeutung der Vertragsauslegung

In der Urteilsbegründung hob der BGH die Wichtigkeit einer klaren Vertragsauslegung hervor. Die Richter erklärten, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer bei sorgfältigem Lesen des Vertrags erkennen könne, welche Krankheiten abgedeckt seien und welche nicht. Der Wortlaut des Vertrages sei eindeutig und lasse keinen Raum für Interpretation oder Erweiterung. Das Gericht betonte, dass es nicht Aufgabe der Rechtsprechung sei, den Versicherungsschutz über den vereinbarten Umfang hinaus auszudehnen.

Auswirkungen für den Kläger und andere Versicherte

Für den Kläger bedeutet das Urteil, dass er weiterhin für die Rückzahlung seines Kredits verantwortlich bleibt, trotz der gesundheitlichen und möglicherweise finanziellen Belastung durch den Herzinfarkt. Die Versicherung muss keine Leistungen erbringen. Das BGH-Urteil hat zudem Signalwirkung für ähnlich gelagerte Fälle. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Verbraucher, Versicherungsverträge genau zu prüfen und sich über den genauen Umfang des Versicherungsschutzes im Klaren zu sein. Insbesondere bei Restschuldversicherungen, die oft in Verbindung mit Krediten abgeschlossen werden, ist es wichtig, die versicherten Risiken im Detail zu verstehen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das BGH-Urteil unterstreicht die zentrale Bedeutung des Vertragswortlauts bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen. Eine abschließende Liste versicherter Krankheiten ist bindend und kann nicht durch Interpretation erweitert werden, auch wenn andere schwere Erkrankungen vorliegen. Für Verbraucher ergibt sich daraus die zwingende Notwendigkeit, Versicherungsverträge vor Abschluss genauestens zu prüfen und den Umfang des Versicherungsschutzes klar zu verstehen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Restschuldversicherung abgeschlossen haben, sollten Sie den Vertrag umgehend prüfen. Achten Sie besonders darauf, welche Krankheiten explizit als versicherte Ereignisse aufgeführt sind. Ist ein Herzinfarkt nicht genannt, greift Ihr Versicherungsschutz in diesem Fall nicht – selbst wenn Sie ihn als schwere Krankheit empfinden. Um finanziell abgesichert zu sein, müssen Sie eventuell zusätzliche Versicherungen in Betracht ziehen oder mit Ihrem Anbieter über eine Erweiterung des Versicherungsumfangs verhandeln. Lassen Sie sich im Zweifel von einem unabhängigen Experten beraten, um Versicherungslücken zu vermeiden und im Ernstfall nicht mit der Kredittilgung allein dazustehen.


FAQ – Häufige Fragen

In unserer FAQ-Rubrik finden Sie informative Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Thema Restschuldversicherung und die Auswirkungen eines Herzinfarkts auf Ihre finanziellen Verpflichtungen. Wir möchten Ihnen helfen, die wichtigsten Aspekte zu verstehen und informierte Entscheidungen zu treffen, um Ihre Sicherheit in schwierigen Lebenslagen zu gewährleisten.


Welche Leistungen umfasst eine typische Restschuldversicherung bei Krankheit?

Eine typische Restschuldversicherung bietet bei Krankheit in der Regel eine zeitlich begrenzte Übernahme der monatlichen Kreditraten. Diese Leistung tritt ein, wenn der Versicherte aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig wird und dadurch seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.

Die Versicherung übernimmt üblicherweise die Kreditraten für einen festgelegten Zeitraum, meist zwischen 12 und 24 Monaten. Dabei ist zu beachten, dass oft eine Karenzzeit von 30 bis 90 Tagen gilt, in der noch keine Leistungen erbracht werden. Diese Wartezeit dient dazu, kurzfristige Erkrankungen auszuschließen und die Versicherungskosten zu begrenzen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jede Krankheit automatisch zu einer Leistung der Restschuldversicherung führt. Viele Versicherungen definieren den Begriff der Krankheit sehr eng und beschränken ihre Leistungen auf bestimmte schwere Erkrankungen. Dabei können durchaus auch ernsthafte Gesundheitsprobleme wie ein Herzinfarkt von der Definition einer „schweren Krankheit“ ausgeschlossen sein. Dies kann für Versicherte überraschend und problematisch sein, da sie möglicherweise mit einem umfassenderen Schutz rechnen.

Die genauen Leistungen und Bedingungen variieren je nach Versicherungsanbieter und Vertrag. Einige Versicherungen decken nur Arbeitsunfähigkeit ab, die durch Unfälle oder bestimmte schwere Erkrankungen verursacht wurde. Andere bieten einen breiteren Schutz, der auch weniger schwerwiegende Erkrankungen einschließt, solange diese zu einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit führen.

Vorerkrankungen sind in der Regel von der Leistung ausgeschlossen. Das bedeutet, dass Krankheiten, die bereits vor Abschluss der Versicherung bestanden, nicht abgedeckt sind. Auch psychische Erkrankungen werden von vielen Versicherungen nicht oder nur eingeschränkt berücksichtigt.

Es ist ratsam, die Versicherungsbedingungen genau zu prüfen, um zu verstehen, welche Krankheiten tatsächlich abgedeckt sind und welche Nachweise für die Inanspruchnahme der Leistungen erbracht werden müssen. Üblicherweise verlangen Versicherer ärztliche Atteste und regelmäßige Nachweise über die andauernde Arbeitsunfähigkeit.

Verbraucher sollten sich bewusst sein, dass eine Restschuldversicherung keine umfassende Absicherung gegen alle gesundheitlichen Risiken bietet. Sie dient in erster Linie dazu, in bestimmten Fällen von Arbeitsunfähigkeit die Kreditrückzahlung für einen begrenzten Zeitraum sicherzustellen. Für einen umfassenderen Schutz bei Krankheit können ergänzende Versicherungen wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine private Krankentagegeldversicherung sinnvoll sein.

Abschließend ist zu betonen, dass die genaue Ausgestaltung der Leistungen bei Krankheit von Versicherung zu Versicherung variieren kann. Es ist daher unerlässlich, vor Abschluss einer Restschuldversicherung die konkreten Bedingungen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls kritisch zu hinterfragen, ob der gebotene Schutz den individuellen Bedürfnissen entspricht.

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Wie definieren Versicherungen üblicherweise eine „schwere Krankheit“ in ihren Vertragsbedingungen?

Versicherungen definieren eine „schwere Krankheit“ in ihren Vertragsbedingungen anhand spezifischer medizinischer Kriterien und einer festgelegten Liste von Erkrankungen. Die Definition kann zwischen verschiedenen Versicherungsanbietern variieren, folgt aber oft einem ähnlichen Muster.

Üblicherweise umfasst die Definition lebensbedrohliche oder stark einschränkende Erkrankungen. Dazu zählen häufig Krebs in fortgeschrittenem Stadium, Schlaganfall mit bleibenden Schäden, Herzinfarkt mit anhaltender Funktionseinschränkung, Multiple Sklerose, Nierenversagen mit Dialysepflicht und Organtransplantationen.

Die Versicherungen legen in ihren Bedingungen präzise medizinische Kriterien fest, die erfüllt sein müssen, damit eine Erkrankung als „schwer“ gilt. Bei Krebs kann dies bedeuten, dass der Tumor eine bestimmte Größe überschreiten oder Metastasen gebildet haben muss. Ein Herzinfarkt muss möglicherweise zu einer dauerhaften Einschränkung der Herzfunktion führen, um als schwere Krankheit anerkannt zu werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jede ernsthafte Erkrankung automatisch als „schwere Krankheit“ im Sinne der Versicherungsbedingungen gilt. Ein Beispiel dafür findet sich im Kontext der Restschuldversicherung, wo ein Herzinfarkt unter Umständen nicht als schwere Krankheit eingestuft wird. Dies verdeutlicht, wie entscheidend die genaue Definition in den Vertragsbedingungen ist.

Viele Versicherungen verwenden eine abschließende Liste von Krankheiten, die als „schwer“ gelten. Diese Liste kann je nach Versicherungsanbieter und Vertragsart unterschiedlich ausfallen. Einige Versicherungen bieten umfangreichere Listen mit mehr als 50 Krankheiten, während andere sich auf eine kleinere Auswahl beschränken.

Neben der Art der Erkrankung spielt auch der Schweregrad eine wichtige Rolle. Viele Versicherungen definieren Schwellenwerte für die Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder die Lebenserwartung. Eine Erkrankung gilt oft nur dann als schwer, wenn sie zu einer erheblichen und dauerhaften Einschränkung der Lebensqualität oder einer signifikanten Verkürzung der Lebenserwartung führt.

Die genaue Auslegung der Definition kann im Einzelfall komplex sein. Es empfiehlt sich, besonders auf Ausschlüsse und Wartezeiten zu achten, die in den Bedingungen festgelegt sein können.

Die Definition einer schweren Krankheit kann auch zeitliche Aspekte beinhalten. Manche Versicherungen setzen voraus, dass bestimmte Symptome oder Einschränkungen über einen definierten Zeitraum andauern müssen, bevor eine Erkrankung als schwer eingestuft wird.

Es ist zu beachten, dass sich die Definitionen mit dem medizinischen Fortschritt weiterentwickeln können. Neuere Versicherungspolicen berücksichtigen möglicherweise moderne Behandlungsmethoden und passen ihre Kriterien entsprechend an.

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Welche Rechte haben Versicherte, wenn ihre Krankheit nicht als „schwer“ anerkannt wird?

Versicherte haben verschiedene Möglichkeiten, wenn ihre Krankheit von der Versicherung nicht als „schwer“ anerkannt wird. Zunächst sollten sie das Gespräch mit der Versicherung suchen und um eine detaillierte Begründung der Entscheidung bitten. Dabei ist es wichtig, alle relevanten medizinischen Unterlagen vorzulegen, die den Schweregrad der Erkrankung belegen können.

Führt dies nicht zum gewünschten Ergebnis, können Versicherte ein unabhängiges medizinisches Gutachten einholen. Dieses kann helfen, den Schweregrad der Erkrankung objektiv zu bewerten und gegenüber der Versicherung zu argumentieren. Die Kosten für ein solches Gutachten müssen Versicherte in der Regel zunächst selbst tragen.

Ein wichtiger Ansprechpartner in solchen Streitfällen ist der Versicherungsombudsmann. Diese neutrale Schlichtungsstelle kann kostenlos eingeschaltet werden und vermittelt zwischen Versicherten und Versicherungsunternehmen. Der Ombudsmann prüft die Entscheidung der Versicherung auf ihre Rechtmäßigkeit und kann einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten.

Versicherte haben auch das Recht, Widerspruch gegen die Entscheidung der Versicherung einzulegen. Dabei sollten sie die Frist beachten, die in der Regel in der Ablehnung genannt wird. Ein Widerspruch sollte schriftlich erfolgen und alle Argumente sowie Beweise für den Schweregrad der Erkrankung enthalten.

Bleibt der Widerspruch erfolglos, können Versicherte den Rechtsweg beschreiten und Klage vor dem zuständigen Gericht einreichen. Hierbei ist es ratsam, sich von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten und vertreten zu lassen. Die Erfolgsaussichten und Kosten sollten vorher sorgfältig abgewogen werden.

Verbraucherschutzorganisationen können ebenfalls wertvolle Unterstützung bieten. Sie verfügen oft über Erfahrung mit ähnlichen Fällen und können Versicherte beraten oder bei der Kommunikation mit der Versicherung unterstützen.

Im Kontext der Restschuldversicherung, bei der ein Herzinfarkt möglicherweise nicht als schwere Krankheit anerkannt wird, ist es besonders wichtig, die genauen Vertragsbedingungen zu prüfen. Oft definieren Versicherungen in ihren Bedingungen genau, was als schwere Krankheit gilt. Versicherte sollten argumentieren, warum ihr spezifischer Fall die Kriterien erfüllt oder warum die Definition im Vertrag möglicherweise zu eng gefasst ist.

Versicherte sollten bedenken, dass die Anerkennung einer Krankheit als „schwer“ oft von medizinischen Kriterien abhängt, die im Versicherungsvertrag festgelegt sind. Es ist daher wichtig, diese Kriterien genau zu verstehen und gegebenenfalls mit medizinischer Unterstützung zu argumentieren, warum der eigene Fall diese Kriterien erfüllt.

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Welche Alternativen zur Restschuldversicherung gibt es für den Krankheitsfall?

Für den Krankheitsfall existieren mehrere Alternativen zur Restschuldversicherung, die oft besseren Schutz zu günstigeren Konditionen bieten. Eine wichtige Option ist die Risikolebensversicherung mit fallender Versicherungssumme. Diese Versicherung zahlt im Todesfall eine Summe aus, die sich im Laufe der Zeit entsprechend der sinkenden Kreditschuld verringert. Sie ist in der Regel deutlich günstiger als eine Restschuldversicherung und bietet flexibleren Schutz, da sie unabhängig vom Kreditvertrag abgeschlossen wird.

Eine weitere Alternative stellt die Berufsunfähigkeitsversicherung dar. Sie sichert das Einkommen ab, falls man aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht mehr arbeiten kann. Im Gegensatz zur Restschuldversicherung, die oft nur begrenzte Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit bietet, zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung eine monatliche Rente. Diese kann zur Deckung der Kreditraten sowie anderer Lebenshaltungskosten verwendet werden.

Für spezifische schwere Erkrankungen kommt eine Dread-Disease-Versicherung in Betracht. Sie zahlt eine Einmalsumme bei Diagnose bestimmter schwerer Krankheiten wie Krebs, Schlaganfall oder Multiple Sklerose. Diese Versicherung kann besonders relevant sein, wenn man bedenkt, dass bei manchen Restschuldversicherungen beispielsweise ein Herzinfarkt nicht als schwere Krankheit eingestuft wird. Die Dread-Disease-Versicherung bietet hier oft umfassenderen Schutz.

Eine weitere Möglichkeit ist die private Krankentagegeldversicherung. Sie zahlt ab einem bestimmten Tag der Arbeitsunfähigkeit ein tägliches Krankengeld, das zur Deckung laufender Kosten einschließlich Kreditraten genutzt werden kann. Im Vergleich zur Restschuldversicherung bietet sie den Vorteil, dass die Leistung nicht an einen spezifischen Kredit gebunden ist.

Auch staatliche Unterstützungsmöglichkeiten sollten in Betracht gezogen werden. Bei längerer Krankheit greift zunächst die gesetzliche Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, gefolgt vom Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung. Bei dauerhafter Erwerbsminderung kann eine Erwerbsminderungsrente beantragt werden. Diese Leistungen sind zwar oft niedriger als das reguläre Einkommen, können aber eine wichtige finanzielle Stütze sein.

Eine weitere Option ist die private Vorsorge durch den Aufbau von Rücklagen. Ein Notgroschen in Höhe mehrerer Monatsgehälter kann kurzfristige Einkommensausfälle abfedern und die Zahlung von Kreditraten sicherstellen. Diese Methode erfordert zwar Disziplin und Zeit zum Ansparen, bietet aber maximale Flexibilität und ist kostengünstiger als Versicherungslösungen.

Im Vergleich zur Restschuldversicherung bieten diese Alternativen oft einen umfassenderen Schutz zu günstigeren Konditionen. Sie sind nicht an einen spezifischen Kredit gebunden und können flexibler an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Zudem haben sie in der Regel weniger Ausschlussklauseln und Wartezeiten. Es ist ratsam, vor dem Abschluss eines Kredits die verschiedenen Optionen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls unabhängige Beratung in Anspruch zu nehmen, um die beste Absicherung für die persönliche Situation zu finden.

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Wie können Verbraucher vor Abschluss einer Restschuldversicherung deren Leistungsumfang prüfen?

Verbraucher sollten vor Abschluss einer Restschuldversicherung unbedingt deren genauen Leistungsumfang sorgfältig prüfen. Dies ist wichtig, da Restschuldversicherungen oft teuer sind und häufig weniger Schutz bieten als erwartet. Um den Leistungsumfang zu prüfen, müssen Verbraucher die Versicherungsbedingungen und das Produktinformationsblatt gründlich lesen. Diese Dokumente enthalten alle relevanten Informationen zu Leistungen und Ausschlüssen.

Besonders wichtig ist es, auf die abgedeckten Risiken zu achten. Typischerweise decken Restschuldversicherungen Todesfälle ab, manchmal auch Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit. Die genauen Bedingungen, unter denen die Versicherung leistet, sollten genau geprüft werden. Beispielsweise gibt es oft Wartezeiten oder Karenzzeiten, bevor Leistungen erbracht werden.

Verbraucher sollten auch die Ausschlussklauseln genau studieren. Diese legen fest, in welchen Fällen die Versicherung nicht zahlt. Häufig sind bestimmte Vorerkrankungen oder selbst verschuldete Arbeitslosigkeit von der Leistung ausgeschlossen. Es ist ratsam, diese Klauseln kritisch zu hinterfragen und zu überlegen, ob sie die eigene Situation angemessen berücksichtigen.

Die Höhe und Dauer der Leistungen sind ebenfalls wichtige Aspekte. Manche Versicherungen zahlen nur für einen begrenzten Zeitraum oder decken nur einen Teil der Kreditrate ab. Verbraucher sollten prüfen, ob dies im Ernstfall ausreichend wäre, um finanzielle Engpässe zu überbrücken.

Es ist empfehlenswert, verschiedene Angebote zu vergleichen. Die Leistungen und Kosten von Restschuldversicherungen können stark variieren. Ein Vergleich hilft, ein Gefühl dafür zu bekommen, was marktüblich ist und ob das angebotene Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen erscheint.

Verbraucher sollten sich nicht scheuen, Fragen zu stellen. Wenn etwas in den Unterlagen unklar ist, ist es ratsam, beim Versicherungsanbieter oder der Bank nachzufragen. Diese sind verpflichtet, alle Fragen zum Versicherungsschutz zu beantworten.

Es ist auch wichtig zu prüfen, ob bereits bestehende Versicherungen ähnliche Risiken abdecken. Beispielsweise könnte eine Risikolebensversicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung bereits ausreichenden Schutz bieten. In diesem Fall wäre eine zusätzliche Restschuldversicherung möglicherweise überflüssig.

Verbraucher sollten sich bewusst sein, dass eine Restschuldversicherung freiwillig ist. Banken dürfen den Abschluss eines Kredits nicht vom gleichzeitigen Abschluss einer Restschuldversicherung abhängig machen. Es besteht immer die Möglichkeit, den Kredit ohne zusätzliche Versicherung abzuschließen.

Was bedeutet das für Sie? Nehmen Sie sich die Zeit, alle Unterlagen gründlich zu prüfen. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht vollständig verstanden haben. Eine gut informierte Entscheidung kann Ihnen später viel Ärger und Kosten ersparen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Restschuldversicherung: Eine Versicherung, die bei Kreditaufnahme abgeschlossen wird und die ausstehenden Kreditraten übernimmt, falls der Versicherte durch bestimmte Ereignisse (z.B. Tod, Arbeitsunfähigkeit oder schwere Krankheit) nicht mehr zahlen kann. Sie dient dem Schutz des Kreditnehmers und der Bank. Im vorliegenden Fall war strittig, ob ein Herzinfarkt als versichertes Ereignis gilt. Die genaue Definition der versicherten Ereignisse im Vertrag ist entscheidend für den Leistungsanspruch und kann von Versicherung zu Versicherung variieren.
  • Vertragsauslegung: Die Methode, mit der der Inhalt und die Bedeutung eines Vertrags ermittelt werden. Dabei wird nicht nur der Wortlaut betrachtet, sondern auch der Zweck des Vertrags und der mutmaßliche Wille der Vertragsparteien. Im BGH-Urteil spielte die Vertragsauslegung eine zentrale Rolle: Das Gericht legte den Vertrag so aus, dass nur die explizit genannten Krankheiten versichert waren. Diese strenge Auslegung kann für Verbraucher nachteilig sein, unterstreicht aber die Wichtigkeit, Verträge vor Abschluss genau zu prüfen.
  • Abschließende Liste: Eine vollständige Aufzählung, die keine weiteren Ergänzungen zulässt. Im Versicherungsvertrag war die Liste der versicherten Krankheiten als abschließend formuliert. Dies bedeutet, dass nur die explizit genannten Krankheiten vom Versicherungsschutz erfasst sind. Selbst wenn andere Krankheiten ähnlich schwer sind, fallen sie nicht unter den Schutz. Diese Vertragsgestaltung gibt der Versicherung Rechtssicherheit, kann aber für Versicherte nachteilig sein, wenn nicht alle relevanten Risiken bedacht wurden.
  • Durchschnittlicher Versicherungsnehmer: Ein vom BGH entwickeltes Konzept, das als Maßstab für die Verständlichkeit von Versicherungsbedingungen dient. Es beschreibt einen aufmerksamen, verständigen Versicherungsnehmer, der die Vertragsbedingungen sorgfältig liest, aber kein Experte ist. Im Urteil argumentierte der BGH, dass ein solcher Versicherungsnehmer erkennen könne, welche Krankheiten versichert sind. Dieses Konzept ist wichtig für die Auslegung von Versicherungsverträgen und bestimmt, welches Verständnis vom Vertragsinhalt erwartet werden kann.
  • Signalwirkung eines Urteils: Die richtungsweisende Bedeutung einer Gerichtsentscheidung für ähnliche Fälle in der Zukunft. Obwohl in Deutschland kein striktes Präzedenzrecht gilt, orientieren sich Gerichte und Rechtsanwender an Entscheidungen höherer Instanzen. Das BGH-Urteil zur Restschuldversicherung hat Signalwirkung für die Auslegung ähnlicher Vertragsklauseln. Es zeigt, dass Gerichte Versicherungsverträge eng am Wortlaut auslegen und keine Erweiterung des Versicherungsschutzes vornehmen, selbst wenn dies für den Versicherten nachteilig ist.
  • Versichertes Ereignis: Ein im Versicherungsvertrag definierter Umstand, bei dessen Eintritt die Versicherung zur Leistung verpflichtet ist. In Restschuldversicherungen können dies Tod, Arbeitsunfähigkeit oder bestimmte Krankheiten sein. Die genaue Definition der versicherten Ereignisse ist entscheidend für den Versicherungsschutz. Im BGH-Fall war der Herzinfarkt nicht als versichertes Ereignis definiert, weshalb kein Leistungsanspruch bestand. Für Versicherungsnehmer ist es wichtig, die versicherten Ereignisse genau zu prüfen, um Deckungslücken zu vermeiden.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 305c BGB (Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen): Dieser Paragraph regelt, wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), wie sie in Versicherungsverträgen üblich sind, wirksam in einen Vertrag einbezogen werden können. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Klauseln zur Definition der schweren Krankheiten ordnungsgemäß in den Vertrag aufgenommen wurden und für den Versicherungsnehmer transparent waren.
  • § 133 BGB (Auslegung von Willenserklärungen): Dieser Paragraph legt fest, dass bei der Auslegung von Willenserklärungen, wie einem Versicherungsvertrag, der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen ist und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist. Im konkreten Fall geht es darum, ob der Wille der Parteien bei Vertragsschluss war, dass ein Herzinfarkt unter den Versicherungsschutz fällt, auch wenn er nicht explizit genannt wurde.
  • § 157 BGB (Vertragsauslegung nach Treu und Glauben): Dieser Paragraph verlangt, dass Verträge nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen sind. Im vorliegenden Fall könnte dies bedeuten, dass geprüft wird, ob es branchenüblich ist, einen Herzinfarkt als schwere Krankheit im Rahmen einer Restschuldversicherung anzusehen.
  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Dieses Gesetz regelt das gesamte Versicherungsrecht in Deutschland. Es enthält Bestimmungen zur Auslegung von Versicherungsbedingungen, zur Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers und zu den Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalls. Im vorliegenden Fall ist das VVG relevant für die allgemeine Beurteilung der Rechte und Pflichten der Parteien.
  • § 307 BGB (Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen): Dieser Paragraph erlaubt die Inhaltskontrolle von AGB, um unangemessene Benachteiligungen des Versicherungsnehmers zu verhindern. Im vorliegenden Fall könnte geprüft werden, ob die Klausel zur Definition der schweren Krankheiten den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt, indem sie einen Herzinfarkt nicht einschließt.

Das vorliegende Urteil

OLG Nürnberg – Az.: 8 U 643/24 – Beschluss vom 15.07.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 06.03.2024, Az. 8 O 6422/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche aus zwei Restschuldversicherungen, die die Klägerin bei der Beklagten unterhält.

Die Klägerin nahm im Zuge ihrer gewerblichen Tätigkeit als Betreiberin einer Gaststätte im November 2019 und Mai 2020 zwei Darlehen über insgesamt 91.000,00 € bei der Sparkasse N. auf (Anlagen K 1 und K 4). Hinsichtlich beider Darlehen schloss die Klägerin mit Anträgen vom 03.09.2019 und 23.03.2020 jeweils eine Restschuldversicherung bei der Beklagten ab (Anlagen K 2 und K 5). Beiden Verträgen liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Restschuldversicherung „Gewerbekreditschutz“ (im Folgenden: AVB-RSV; Anlage K 3) zugrunde. Diese Versicherungen gewähren Schutz gegen die Risiken Tod, bestimmte schwere Krankheiten und Arbeitsunfähigkeit (§ 1 AVB-RSV). Die AVB-RSV enthalten darüber hinaus u.a. folgende Klauseln (Hervorhebungen im Original):

§ 6 Wann liegt eine schwere Krankheit im Sinne dieser Bedingungen vor?

Eine schwere Krankheit liegt vor, wenn bei einer Gefahrperson während der Dauer Ihrer Versicherung zum ersten Mal eine der folgenden Krankheiten von einem Arzt diagnostiziert wurde:

– Herzinfarkt,

– Schlaganfall,

– Krebs (unabhängig davon, weiches Organ von Krebs befallen ist),

– Blindheit oder

– Taubheit.

Wir leisten nicht, wenn die schwere Krankheit bei der jeweiligen Gefahrperson bereits einmal vor Beginn der Versicherung diagnostiziert; wurde. Sie haben unter folgender Voraussetzung jedoch einen Anspruch auf Leistung: Die jeweilige Gefahrperson erkrankt nach dem Beginn der Versicherung zum ersten Mal an einer anderen als der zuvor diagnostizierten schweren Krankheit.

§ 7 Was ist eine schwere Krankheit im Sinne dieser Bedingungen?

Schwere Krankheiten sind folgende Erkrankungen:

1. Herzinfarkt: Versichert ist ein Herzinfarkt als das erste akute Auftreten eines Herzinfarktes. Das bedeutet, ein Teil des Herzmuskels stirbt durch unzureichende Blutzufuhr zum Herzmuskel (Myokard) ab. Nicht versichert sind: Stumme Infarkte (Mikroinfarkte) sowie Angina Pectoris.

[…]

Nachdem die Klägerin ihr Gewerbe zum 01.02.2021 abgemeldet hatte (Anlage B 9) und die Kredite nicht mehr tilgte, erklärte die Sparkasse N. am 04.03.2021 die Kündigung beider Darlehensverträge (Anlage K 9). Der insgesamt noch offene Darlehensbetrag beläuft sich auf 83.285,14 €.

Die Klägerin behauptet, sie habe im Dezember 2020 einen Herzinfarkt erlitten. Die Erkrankung sei ihr bei Abschluss der Versicherungsverträge nicht bekannt gewesen. Vielmehr sei die Diagnose erstmals im Februar 2021 im Anschluss an den Herzinfarkt gestellt worden (Anlagen K 6 und K 22). Die Klägerin sei seit diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig.

In erster Instanz hat die Klägerin zuletzt die Zahlung von 54.923,43 € sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.438,67 € verlangt. Sie forderte außerdem die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet sei.

Das Landgericht hat dieser Klage nach Beweisaufnahmen überwiegend stattgegeben. Es hat die Beklagte zur Zahlung von 50.836,27 € sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.293,24 € verurteilt. Das Landgericht hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass bei der Klägerin das versicherte Risiko einer schweren Krankheit in Form eines Herzinfarktes eingetreten sei. Die Diagnose sei erstmals am 10.02.2021 in der Praxis Dr. S. gestellt worden. Daher greife keiner der vereinbarten Ausschlusstatbestände ein. Im Übrigen sei die entsprechende Klausel unwirksam.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Die Klägerin nimmt ihr Teil-Unterliegen hin.

II.

Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht einen dem Grunde nach bestehenden Anspruch der Klägerin aus § 2 Nr. 4 AVB-RSV bejaht und der Klage in dem tenorierten Umfang stattgegeben. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.

1.

Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass in beiden Verträgen ein Versicherungsfall eingetreten ist. Dieser ist bedingungsgemäß dadurch gekennzeichnet, dass bei der versicherten Person während der Dauer der Versicherung zum ersten Mal eine schwere Krankheit von einem Arzt festgestellt wird (§ 2 Nr. 4 AVB-RSV). Als eine schwere Krankheit diesem Sinne gilt die ärztliche Diagnose von Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Blindheit oder Taubheit (§ 6 Satz 1 AVB-RSV). Hier hat die Klägerin nach Abschluss der Verträge erstmals einen Herzinfarkt (§ 7 Nr. 1 AVB- RSV) erlitten.

a)

Nach allgemeinen Grundsätzen oblag der Klägerin als Versicherungsnehmerin der Nachweis des Eintritts eines derartigen Versicherungsfalls. Diesen Beweis hat die Vorinstanz fehlerfrei für geführt angesehen (LGU 5-7).

aa)

Die Berufungsinstanz stellt einerseits keine vollständige zweite Tatsacheninstanz dar. Daher ist die Beweiswürdigung des Erstgerichts im Rahmen der §§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Wesentlichen darauf zu untersuchen, ob erhebliches Parteivorbringen übergangen worden ist, notwendige Beweise nicht erhoben worden sind, die Beweislast oder das Beweismaß verkannt worden sind oder im Rahmen der Würdigung gegen Denk- oder Naturgesetze verstoßen worden ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21.06.2016 – VI ZR 403/14, NJW-RR 2017, 219 Rn. 10 m.w.N.; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 21. Aufl., § 529 Rn. 5).

Andererseits dient auch die Berufungsinstanz der Gewinnung einer fehlerfreien und überzeugenden und damit richtigen Entscheidung des Einzelfalls. Daher hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Überzeugungsbildung nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 04.09.2019 – VII ZR 69/17, NJW-RR 2019, 1343 Rn. 11 m.w.N.).

Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vom erstinstanzlichen Gericht aufgrund erhobener Beweise getroffenen Feststellungen sind allerdings nur begründet, wenn aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass eine (ergänzende oder wiederholte) Beweisaufnahme in zweiter Instanz zu abweichenden Feststellungen führen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21.03.2018 – VII ZR 170/17, NJW-RR 2018, 651 Rn. 15 m.w.N.). Lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit begründen eine solche Wahrscheinlichkeit nicht.

Um im Rahmen der Berufungsbegründung Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts darzulegen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), genügt es regelmäßig nicht, der plausiblen Auffassung eines Sachverständigen lediglich die abweichende Meinung des Berufungsführers entgegenzuhalten (vgl. OLG Dresden, BeckRS 2020, 28356 Rn. 15.).

Solange die Beweiswürdigung innerhalb der zuvor genannten Grenzen sachlich überzeugt, wird die Berufung keinen Erfolg haben (vgl. OLG Koblenz, BeckRS 2018, 28845 Rn. 9; Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, 3. Aufl., Rn. 857). Dies ist hier der Fall.

b)

aa)

Auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 27.07.2023 hat die Sachverständige Dr. H., Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie, Transplantationsmedizin, Diabetologie und Notfallmedizin am … W., unter dem 19.10.2023 ein schriftliches Gutachten erstattet. An der Fachkunde und forensischen Erfahrung der Sachverständigen zu zweifeln, besteht für den Senat kein Anlass. Die Sachverständige hat alle ihr vorliegenden Behandlungsunterlagen und Befunde ausgewertet.

Am 02.02.2021 habe sich die Klägerin zur Behandlung in der kardiologischen Praxis Dr. S. befunden. Ein Belastungs-EKG sei wegen starker Atemnot der Klägerin abgebrochen worden. Es seien ST-Streckensenkungen in den Ableitungen V3 bis V6 aufgetreten. In der Echokardiografie seien dazu Wandbewegungsstörungen mit einer lateralen Hypokinesie als Zeichen einer Minderperfusion des Herzmuskels festgestellt worden. In derselben Praxis sei am 10.02.2021 eine Herzkatheteruntersuchung bei der Klägerin durchgeführt worden. Dabei sei eine koronare 1-Gefäßerkrankung diagnostiziert worden. Es habe sich ein vollständiger Verschluss der linken Koronararterie gezeigt. Koronarangiografisch sei eine zweitgradige Ischämie beschrieben worden.

Sodann hat die Sachverständige Dr. H. den (unzweifelhaft versicherten) Myokardinfarkt und den (nicht versicherten) Mikroinfarkt voneinander abgegrenzt. Maßgeblich sei die Ausdehnung der Schädigung im Herzmuskel. Ein transmuraler Myokardinfarkt sei ein schwerwiegendes Ischämieereignis, bei dem das gesamte Herzgewebe von der innersten bis zur äußersten Schicht des Herzmuskels betroffen sei. Fachlich spreche man von einem ST-Hebungsinfarkt (STEMI), der in der Regel eine sofortige Behandlung des Patienten erfordere, um das betroffene Gewebe zu retten. Klassische klinische Symptome seien plötzlich einsetzende, schwerste thorakale Schmerzen mit Atemnot, Kaltschweißigkeit und Todesangst.

Bei der Klägerin sei erstmals am 10.02.2021 eine koronare 1-Gefäßerkrankung diagnostiziert worden. Dabei handelte es sich um das Vorhandensein arteriosklerotisch veränderter Arterien an einem der drei Herzkranzgefäße. Die zunehmende Verengung bzw. der Verschluss bildeten häufig einen schleichenden Prozess durch bekannte Risikofaktoren, welche oft noch lange durch z.B. das Ausbilden von Kollateralgefäßen kompensiert werden könnten. Erst im Falle eines schlagartigen Verschlusses, bspw. durch Lösen einer arteriosklerotischen Plaque entstehe daraus ein Myokardinfarkt. Die koronare 1-Gefäßerkrankung könne sowohl symptomatisch als auch asymptomatisch verlaufen. Typische Symptome seien Atemnot oder Brustschmerzen bei Belastung (Angina pectoris), die durch die mangelnde Sauerstoffversorgung des Herzmuskels hervorgerufen würden. Im Falle der Kombination dieser Beschwerden mit einem nachgewiesenen Schaden am Herzmuskel spreche man von einem Myokardinfarkt. Bei der Klägerin liege mangels Bestimmung der Herzenzyme keine klare Diagnose eines solchen Myokardinfarkts mit oder ohne ST-Streckenveränderungen vor.

Mikroinfarkte seien subtiler und könnten oft unbemerkt bleiben, so die Sachverständige Dr. H. Erst wenn sie sich häuften und das Herzmuskelgewebe schädigten, könne es im Laufe der Zeit zu einer Beeinträchtigung der Herzfunktion führen. Das Vorhandensein solcher Mikroinfarkte zeige sich klinisch in Form von wiederkehrenden Angina-pectoris-Beschwerden bei Belastung oder könne vollkommen ohne Symptome ablaufen. Die dokumentierte Anamnese der Klägerin ergebe keine Hinweise auf eine wiederkehrende Symptomatik oder eine zunehmende Belastungsdyspnoe. „Stumme Infarkte“ seien nicht Anlass für die Diagnostik und Erhebung des entsprechenden Befundes bei der Klägerin gewesen.

Bei der Agina pectoris sind nach den Ausführungen der Sachverständigen zwei Haupttypen zu unterscheiden. Dabei handelte es sich hinsichtlich der klinischen und prognostischen Relevanz um zwei völlig unterschiedliche Krankheitsentitäten. Die stabile Angina pectoris trete typischerweise auf, wenn das Herz aufgrund von körperlicher Anstrengung oder emotionalem Stress mehr Sauerstoff benötige, aber die verengten Koronararterien nicht genug Blut liefern könnten. Die Schmerzen seien in der Regel vorhersehbar und treten bei körperlicher Anstrengung oder emotionalem Stress auf. Sie würden zumeist nach Ruhe oder der Einnahme von Nitroglyzerin wieder verschwinden. Die bevorzugte Behandlung bestehe aus Medikamenten, Änderungen des Lebensstils und elektiv aus Eingriffen (z.B. Angioplastie oder Bypass-Operation).

Die instabile Angina pectoris sei hingegen ein dringender Zustand und könne ein Vorläufer eines Herzinfarkts sein. Sie trete auf, wenn sich Plaque in einer Koronararterie löse oder rupturiere, was zu einem partiellen oder kompletten Verschluss des Gefäßes führe. Die Schmerzen seien unvorhersehbar und würden häufig in Ruhe auftreten; sie könnten intensiver sein und länger anhalten als bei stabiler Angina pectoris. Es handele sich hierbei um einen medizinischen Notfall, der umgehendes Handeln erfordere. Die Behandlung umfasse in der Regel Medikamente zur Blutverdünnung und zur Schmerzlinderung sowie zeitnahe Eingriffe wie Angioplastie oder eine Bypass-Operation.

Schließlich hat die Sachverständige Dr. H. ausgeführt, dass der in den Versicherungsbedingungen verwendete Begriff „Herzinfarkt“ in der leitlinienbasierten Medizin nicht bekannt sei, sondern als akutes Koronarsyndrom (ACS) bezeichnet werde. Ein solches könne nach den medizinischen Leitlinien für die Diagnose und Behandlung akuter Koronarsyndrome in drei Hauptkategorien eingeteilt werden: den ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI), den Nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkt (NSTEMI) und die instabile Angina pectoris.

Alle drei ischämischen kardialen Ereignisse seien potenziell lebensbedrohliche und dringlich zu behandelnde Erscheinungsformen derselben Erkrankung, welche unter Laien häufig als „Herzinfarkt“ bezeichnet werde. Die Klägerin habe am 02.02.2021 zweifelsfrei ein akutes Koronarsyndrom erlitten. Der Untersucher Dr. S. habe eindeutig EKG-Veränderungen beschrieben, nämlich relevante ST-Streckensenkungen in den Brustwandableitungen V3 bis V6. Dazu beschreibe der Kardiologe eine in Ruhe leicht reduzierte Pumpleistung von 50 %, Hypokinesie, also Wandbewegungsstörungen lateral und nebenbefundlich geringe Herzklappenschlussdefekte. Zudem seien die Beschwerden erstmals dokumentiert und akut unter Belastung aufgetreten. Jedes Erstauftreten von typischen Angina-pectoris-Symptomen definiere per se eine instabile Angina pectoris und somit ein akutes Koronarsyndrom.

Den in den Versicherungsbedingungen genannten Begriff „Angina pectoris“ würde die Sachverständige Dr. H. im Kontext mit stummen Infarkten als stabile Angina pectoris, d.h. als wiederkehrende Brustschmerzen bei Belastung verstehen. Derartiges liege hier nicht vor.

bb)

Die Parteien haben in erster Instanz zu diesem Gutachten Stellung genommen. Konkrete Einwendungen oder Ergänzungsfragen wurden nicht formuliert.

cc)

Nach eigener Würdigung der erhobenen Beweise gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass bei der Klägerin erstmals am 10.02.2021 eine Krankheit ärztlich festgestellt worden ist, die fachmedizinisch als akutes Koronarsyndrom in Form einer instabile Angina pectoris bezeichnet und umgangssprachlich als „Herzinfarkt“ verstanden wird. Die Diagnose einer koronaren Herzerkrankung steht im Einklang mit dem als Anlage K 7 vorgelegten Attest und der als Anlage K 23 vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die umgangssprachliche Bezeichnung der bei der Klägerin festgestellten koronaren 1-Gefäßerkrankung als „Herzinfarkt“ wird durch das Schreiben des behandelnden Kardiologen Dr. S. bestätigt (Anlage K 22).

Zweifelsfrei steht ferner fest, dass es sich nicht um einen in § 7 Nr. 1 AVB-RSV als „Stumme Infarkte“ bezeichneten Mikroinfarkt gehandelt hat. Derartiges ist nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. H. ebenso wenig dokumentiert wie eine auf das Vorhandensein von Mikroinfarkten hindeutende stabile Angina pectoris.

c)

Soweit in § 7 Nr. 1 AVB-RSV beschrieben wird, dass ein Herzinfarkt bedeute, dass ein Teil des Herzmuskels durch unzureichende Blutzufuhr zum Herzmuskel (Myokard) abstirbt, steht dies einem eingetretenem Versicherungsfall nicht entgegen. Diese Klausel ist mehrdeutig. Sie ist im vertraglichen Regelungsgefüge nicht klar und nicht eindeutig (§ 305c Abs. 2 BGB). Die Unklarheitenregel ist grundsätzlich auch auf Klauseln anwendbar, die als Leistungsbeschreibungen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB entzogen sind (vgl. Langheid/Rixecker, VVG, 7. Aufl., § 1 Rn. 60). Unklar gemäß § 305c Abs. 2 BGB sind Klauseln, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2017 – IV ZR 161/16, VersR 2017, 1012 Rn. 12 m.w.N.). Eine solche Mehrdeutigkeit, die nicht beseitigt werden kann, weist § 7 Nr. 1 AVB-RSV nach der gebotenen Auslegung auf.

aa)

Bei der genannten Klausel handelt es sich unzweifelhaft um Allgemeine Versicherungsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1 Satz 1 VVG.

Nach dem in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommenden Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Der Verwender muss bei der Abfassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.2011 − III ZR 157/10, NJW-RR 2011, 1618 Rn. 27 m.w.N.). Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird. Wird der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt, so muss dem Versicherungsnehmer oder Versicherten deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel noch besteht (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2014 – IV ZR 289/13, NJW-RR 2015, 801 Rn. 23 m.w.N.).

Anderseits ist dem Versicherungsnehmer durchaus eine gewisse Auslegungsarbeit zuzumuten. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, ob die Versicherungsbedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2017 – IV ZR 302/16, NJW 2017, 3711 Rn. 15 m.w.N.). Denn es bedarf grundsätzlich keines solchen Grades an Konkretisierung, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 31.03.2021 – IV ZR 221/19, NJW 2021, 2193 Rn. 26).

bb)

Die im Zusammenhang mit den Ratenkreditverträgen abgeschlossenen Restschuldversicherungen sollen die Zahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers absichern. Es handelt sich der Sache nach um Risikolebensversicherungen mit eingeschlossener Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung und Versicherung gegen bestimmte schwere Erkrankungen („dread-disease“).

Ein durchschnittlicher verständiger Versicherungsnehmer muss und wird damit rechnen, dass der Versicherer den Versicherungsschutz im Interesse der Vorhersehbarkeit und zur Kalkulation seines Risikos auf im Vertrag ausdrücklich genannte Fälle beschränkt und den Versicherungsschutz danach konkret definiert. In diesem Zusammenhang wird der Versicherungsnehmer auch erkennen, dass ihm die Restschuldversicherung Schutz gegen bestimmte im versicherten Zeitraum neu und plötzlich auftretende ernstliche Erkrankungen bietet, die typischerweise mit einem Verlust oder der Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einhergehen und daher die Rückführung des Darlehens gefährden.

In § 7 AVB-RSV werden die fünf versicherten schweren Erkrankungen – entsprechend der abschließenden Aufzählung in § 6 Satz 1 AVB-RSV – nochmals aufgeführt, zum Teil näher beschrieben und zu nicht versicherten Krankheitsbildern abgegrenzt. Danach wird zwar deutlich, dass sog. Mikroinfarkte keinen Versicherungsschutz genießen. Es ergibt sich aber nicht hinreichend klar, dass es nicht entscheidend auf die umgangssprachliche Bezeichnung der ärztlichen Diagnose als „Herzinfarkt“ ankommen soll, sondern dass – nach dem engen Verständnis der Beklagten – letztlich nur ein Myokardinfarkt unter die Klausel fallen soll, während andere als „Herzinfarkt“ umschriebene akute Koronarsyndrome unberücksichtigt bleiben.

Im Rahmen der Definition der anderen schweren Erkrankungen in § 7 AVB-RSV Nrn. 2 bis 5 wird durch den Gebrauch des Wortes „muss“ (etwa: „Der Hirninfarkt muss Folge einer Gehirnblutung, Thrombose oder Embolie sein.“) oder der Wörter „liegt vor, wenn“ (etwa „Blindheit liegt vor, wenn eine Gefahrperson das gesamte Sehvermögen beider Augen verliert.“) jeweils unmissverständlich erläutert, dass es sich um zwingend notwendige medizinische Voraussetzungen der versicherten Erkrankungen handelt. Demgegenüber heißt es in § 7 Nr. 1 AVB-RSV im Anschluss an das erforderliche Auftreten eines akuten Herzinfarktes:

„Das bedeutet, ein Teil des Herzmuskels stirbt durch unzureichende Blutzufuhr zum Herzmuskel (Myokard) ab.“

Durch die Wortwahl „Das bedeutet, …“ bleibt offen und wird für einen verständigen Versicherungsnehmer nicht hinreichend klar, ob es sich um eine rein deskriptive Beschreibung dessen handelt, was – aus der Sicht der Verwenderin – einen Herzinfarkt kennzeichnet oder ob der nachfolgende Satzteil eine zwingende normative Voraussetzung der Erkrankung definiert. Beide Auslegungsergebnisse sind möglich, ohne dass eine von beiden den klaren Vorzug verdient. Den Umständen nach war hier eine verständliche Formulierung geboten und die Beklagte hätte dies durch eine ihr ohne weiteres zumutbare Klarstellung in den Versicherungsbedingungen erreichen können. Der Versicherungsnehmer kann nämlich nach dem Wortlaut der Klauseln in §§ 6 Satz 1, 7 Nr. 1 AVB-RSV den nicht fernliegenden Eindruck gewinnen, als komme es allein und entscheidend darauf an, dass die behandelnden Ärzte konkret die Diagnose „Herzinfarkt“ gestellt haben und damit von einer potenziell lebensbedrohlichen und dringlich zu behandelnden Herzerkrankung ausgegangen sind. Denn all diese Fälle eines Herzinfarkts verbindet der Versicherungsnehmer bei vertragszweckorientiertem Verständnis mit einer „schweren Krankheit“. Er wird darin durch einen Blick auf § 13 Nr. 1 AVB-RSV bestärkt. Nach der dortigen Regelung setzt der Risikoschutz in bestimmten Fällen erst 24 Monate nach der Unterzeichnung des Antrags ein. Als eine der „folgenden Erkrankungen“ sind dort „Koronare Herzerkrankungen“ aufgeführt. Dies setzt denknotwendig voraus, dass für Koronare Herzerkrankungen (ohne weitere medizinische Einschränkung) grundsätzlich Versicherungsschutz besteht – daher auch die einleitenden Worte „Für Versicherungsfälle …“ – und dass dieser lediglich zeitlichen Beschränkungen unterliegt. In dieser Auslegung behält die Klausel in § 7 Nr. 1 AVB-RSV ohne Zweifel ihren Sinn, zumal – wie auch die Sachverständige Dr. H. beschrieben hat – jede Form des „Herzinfarktes“ mit einer dauerhaften Beeinträchtigung der Herzfunktion verbunden ist und sowohl die Lebenserwartung als auch die Lebensqualität massiv beeinträchtigt. Ebenso sinnvoll erscheint die Beschränkung auf eine Erkrankung, die fachmedizinisch als Myokardinfarkt zu bewerten ist.

Diese verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der Beklagten als Verwenderin, d.h. die der Versicherungsnehmerin günstigere Auslegung ist maßgebend.

e)

Nach dem Wortlaut des § 7 Nr. 1 AVB-RSV ist eine Angina pectoris ebenfalls nicht als „Herzinfarkt“ versichert. Eine Unterscheidung nach den – fachmedizinisch streng zu trennenden – Hauptformen der Angina pectoris enthält die Klausel nicht. Ihre Auslegung ergibt jedoch, dass der Leistungsausschluss nur für die sog. stabile Angina pectoris gilt und im Streitfall daher nicht eingreift (LGU 7/8).

Dies folgt zum einen aus dem Sinn und Zweck der Regelung sowie aus der Zusammenschau mit den ebenfalls vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen „stummen Infarkten“. Bei einer stabilen Angina pectoris handelt es sich um vorhersehbar auftretende Beschwerden, die zumeist nach Ruhe oder der Einnahme von Nitroglyzerin wieder verschwinden und denen mit einer Änderung des Lebensstils begegnet werden kann. Dieses Beschwerdebild wird ein verständiger Versicherungsnehmer von vornherein nicht als eine seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gefährdende „schwere Erkrankung“ auffassen. Wiederkehrende Beschwerden bei Belastung und weniger bedrohliche Symptome hat die stabile Angina pectoris mit dem Mikroinfarkt gemeinsam. Beide Erscheinungsformen treten – so die Sachverständige – häufig gemeinsam auf. Demgegenüber handelt es sich bei der sog. instabilen Angina pectoris um einen anfallartigen dringenden medizinischen Notfall und um eine Erscheinungsform des akuten Koronarsyndroms, welches umgangssprachlich als „Herzinfarkt“ bezeichnet wird. Ohne nähere Klarstellung muss ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nicht damit rechnen, dass in diesem Fall einer schweren Erkrankung kein Versicherungsschutz besteht.

2.

Die Berechnung der zu zahlenden Versicherungsleistung (LGU 10) greift die Berufung nicht an und etwaige Fehler sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Gleiches gilt für die zuerkannten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (LGU 10/11).

III.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Senat, die Berufung zurückzunehmen. Hierdurch würden sich die Gerichtskosten von 4,0 auf 2,0 Gebühren reduzieren (Nr. 1222 KV GKG).

 


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