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Krankentagegeldversicherung – Prognose der Berufsunfähigkeit

Ein Pilot, der aufgrund einer Flugphobie arbeitsunfähig wurde, gewinnt einen Rechtsstreit gegen seine Krankentagegeldversicherung und erhält 47.800 Euro. Das Gericht entschied, dass die Flugangst eine anerkannte Krankheit darstellt und der Bezug von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung den Anspruch auf Krankentagegeld nicht ausschließt. Das Urteil stärkt die Rechte von Arbeitnehmern mit psychischen Erkrankungen und unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation ärztlicher Atteste.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Streitpunkt im Fall: Zahlung von Krankentagegeld an einen Piloten wegen Arbeitsunfähigkeit.
  • Zentrale Frage: Ob die ärztlich festgestellte Fluguntauglichkeit des Piloten als Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen gilt.
  • Herausforderung: Abgrenzung zwischen vorübergehender Fluguntauglichkeit und dauerhafter Berufsunfähigkeit.
  • Gerichtliche Entscheidung: Das Gericht entschied zugunsten des Piloten und verurteilte die Versicherung zur Zahlung von Krankentagegeld.
  • Entscheidungsgründe: Das Gericht stellte fest, dass die vorübergehende Fluguntauglichkeit des Piloten aufgrund ärztlicher Bescheinigung als Arbeitsunfähigkeit zu werten ist, solange er keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht.
  • Auswirkungen: Versicherungen müssen bei der Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit von Piloten auch ärztlich festgestellte Fluguntauglichkeit berücksichtigen, sofern keine andere Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
  • Versicherungsbedingungen entscheidend: Die Auslegung der Versicherungsbedingungen spielt eine wichtige Rolle bei der Bestimmung, ob eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt und ob Krankentagegeld zu zahlen ist.
  • Bedeutung der ärztlichen Prognose: Die ärztliche Einschätzung zur Dauer der Fluguntauglichkeit ist entscheidend für die Frage, ob eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit oder eine dauerhafte Berufsunfähigkeit vorliegt.
  • Konsequenzen für Versicherungsnehmer: Arbeitnehmer, insbesondere Piloten, sollten sich über die genauen Bedingungen ihrer Krankentagegeldversicherung informieren und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen.
  • Beweislastverteilung: Im Streitfall muss der Versicherungsnehmer nachweisen, dass eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, während der Versicherer nachweisen muss, dass eine Berufsunfähigkeit eingetreten ist.

Krankentagegeld: Wie Versicherer die Dauer der Arbeitsunfähigkeit prognostizieren müssen

Die Krankentagegeldversicherung ist eine wichtige Absicherung für Arbeitnehmer, die im Krankheitsfall ihr Einkommen sichern möchten. Im Fokus steht dabei die Frage, wie lange der Versicherte voraussichtlich arbeitsunfähig sein wird und somit Anspruch auf Krankentagegeld hat. Diese Frage nach der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist entscheidend für die Höhe des ausgezahlten Krankentagegeldes. Hierbei spielt die Prognose des Versicherers eine zentrale Rolle.

Der Versicherer muss die Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten durch ärztliche Unterlagen und Berichte belegen lassen. Die Prognose der Arbeitsunfähigkeit kann jedoch komplex sein, da sie sich auf die individuelle Situation des Versicherten, die Art und Schwere der Krankheit sowie den Verlauf der Behandlung beziehen muss. Nicht zuletzt spielt auch die Wahrscheinlichkeit einer bleibenden Arbeitsunfähigkeit eine Rolle. Es gibt viele Fallstricke und juristische Feinheiten, die bei dieser Prognose zu beachten sind. Hierbei kommt es vor allem auf die Auslegung der jeweiligen Versicherungsbedingungen und die Beweislastverteilung im Streitfall an.

Im Folgenden möchten wir Ihnen einen aktuellen Fall vorstellen, der für viele Versicherungsnehmer von Relevanz ist. In diesem Fall ging es um…

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Der Fall vor Gericht


Pilot erstreitet Krankentagegeld wegen Flugangst

Das Landgericht Wiesbaden hat einem Piloten in einem Rechtsstreit mit seiner privaten Krankentagegeldversicherung Recht gegeben. Der Kläger erhält für den Zeitraum vom 22.06.2017 bis 15.02.2018 rückwirkend Krankentagegeld in Höhe von insgesamt 47.800 Euro.

Ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit wegen Flugphobie

Kernpunkt des Rechtsstreits war die Frage, ob der Pilot im genannten Zeitraum tatsächlich arbeitsunfähig war und sich einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung unterzog. Nach Überzeugung des Gerichts war beides der Fall. Ein psychiatrisches Gutachten bestätigte, dass bei dem Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit eine spezifische Phobie (Flugphobie) vorlag. Der Pilot sei deswegen arbeitsunfähig gewesen und konnte seine berufliche Tätigkeit in keiner Weise ausüben.

Das Gericht stützte sich dabei auch auf die Aussage eines sachverständigen Zeugen, der für die Begutachtung der Flugtauglichkeit von Piloten zuständig ist. Dieser erläuterte anschaulich die Vorgehensweise bei der Überprüfung der Flugtauglichkeit. Demnach war der Kläger sogar noch bis Oktober 2019 nur bedingt flugtauglich und die Fortführung der Psychotherapie bis zur Aufhebung der Auflagen durch das Luftfahrtbundesamt medizinisch notwendig.

Versicherer muss trotz Bezug anderer Leistungen zahlen

Die beklagte Versicherung hatte argumentiert, der Pilot sei bereits seit Januar 2017 berufsunfähig gewesen und habe Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung bezogen. Daher bestehe kein Anspruch mehr auf Krankentagegeld.

Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Der Bezug von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung schließe den Anspruch auf Krankentagegeld nicht automatisch aus. Entscheidend sei vielmehr, ob nach den konkreten Versicherungsbedingungen tatsächlich Berufsunfähigkeit vorlag. Dies konnte die Versicherung nach Ansicht des Gerichts nicht nachweisen.

Bedeutung für Arbeitnehmer mit Krankentagegeldversicherung

Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen, die an den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit bei psychischen Erkrankungen gestellt werden. Für Versicherte ist es wichtig, ärztliche Atteste und Behandlungsnachweise sorgfältig zu dokumentieren. Gleichzeitig zeigt der Fall, dass der parallele Bezug von Leistungen aus verschiedenen Versicherungen möglich sein kann. Bei Streitigkeiten mit der Versicherung kann sich eine gerichtliche Klärung für Betroffene lohnen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stärkt die Rechte von Versicherten mit psychischen Erkrankungen im Bereich der Krankentagegeldversicherung. Es verdeutlicht, dass eine Flugphobie bei Piloten als Grund für Arbeitsunfähigkeit anerkannt werden kann und der Bezug von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht automatisch den Anspruch auf Krankentagegeld ausschließt. Für Versicherte unterstreicht dies die Bedeutung sorgfältiger medizinischer Dokumentation und zeigt, dass sich eine gerichtliche Klärung bei Streitigkeiten lohnen kann.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Arbeitnehmern mit Krankentagegeldversicherung, insbesondere bei psychischen Erkrankungen wie Flugangst. Es zeigt, dass auch längere Arbeitsunfähigkeitszeiten anerkannt werden können, wenn eine medizinisch notwendige Behandlung erfolgt. Für Sie als Versicherten bedeutet dies, dass Sie im Krankheitsfall sorgfältig alle ärztlichen Atteste und Behandlungsnachweise dokumentieren sollten. Auch wenn Sie bereits Leistungen aus anderen Versicherungen beziehen, kann ein Anspruch auf Krankentagegeld bestehen. Bei Streitigkeiten mit der Versicherung lohnt es sich, Ihre Rechte notfalls gerichtlich durchzusetzen. Beachten Sie, dass die Prognose zur Arbeitsfähigkeit komplex sein kann und nicht allein von behördlichen Entscheidungen abhängt.


FAQ – Häufige Fragen

Sie sind krank und müssen zu Hause bleiben? Was passiert mit Ihrem Einkommen? Viele Menschen denken, dass die gesetzliche Krankenversicherung eine ausreichende Absicherung bietet. Doch das stimmt nicht immer. Eine Krankentagegeldversicherung kann Ihnen finanzielle Sicherheit in Krankheitsphasen geben und so viele Sorgen nehmen. In diesen FAQ finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Thema.


Welche Rolle spielt die ärztliche Beurteilung bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Krankentagegeldversicherung?

Die ärztliche Beurteilung spielt eine zentrale Rolle bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Krankentagegeldversicherung. Sie bildet die maßgebliche Grundlage für die Entscheidung des Versicherers über die Leistungsgewährung. Ärzte müssen bei ihrer Einschätzung verschiedene Aspekte berücksichtigen und eine fundierte Prognose über den Krankheitsverlauf abgeben.

Bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit orientieren sich Ärzte an den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Diese definieren Arbeitsunfähigkeit als Zustand, in dem ein Versicherter aufgrund von Krankheit seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Die ärztliche Einschätzung muss sich dabei stets auf die konkrete berufliche Tätigkeit des Versicherten beziehen.

Für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit führen Ärzte eine gründliche Untersuchung durch. Sie erheben den aktuellen Gesundheitszustand, analysieren vorliegende Befunde und berücksichtigen die spezifischen Anforderungen des Arbeitsplatzes. Dabei müssen sie auch beurteilen, ob der Patient seine Tätigkeit teilweise ausüben könnte oder ob eine vollständige Arbeitsunfähigkeit vorliegt.

Ein wesentlicher Aspekt der ärztlichen Beurteilung ist die Prognose über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Diese Einschätzung ist für den Versicherer von großer Bedeutung, da sie Aufschluss über den zu erwartenden Leistungszeitraum gibt. Ärzte müssen hierbei den wahrscheinlichen Heilungsverlauf einschätzen und mögliche Komplikationen berücksichtigen.

Die ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit muss bestimmte formale Kriterien erfüllen. Sie muss den Beginn der Arbeitsunfähigkeit, die voraussichtliche Dauer und die Diagnose enthalten. Zudem ist es wichtig, dass die Bescheinigung zeitnah ausgestellt wird. Eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist nur in Ausnahmefällen und für einen begrenzten Zeitraum zulässig.

Im Kontext der Krankentagegeldversicherung kommt der ärztlichen Beurteilung eine besondere Bedeutung zu. Anders als bei der gesetzlichen Krankenversicherung orientiert sich die Arbeitsunfähigkeit hier oft an strengeren Kriterien. Versicherer können zusätzliche Nachweise oder Gutachten anfordern, um die Arbeitsunfähigkeit zu verifizieren. In solchen Fällen kann die Einschätzung des behandelnden Arztes durch weitere medizinische Expertisen ergänzt werden.

Die Prognose des Arztes über den weiteren Krankheitsverlauf ist für den Versicherer ein wichtiger Indikator. Sie gibt Aufschluss darüber, ob mit einer baldigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist oder ob längerfristige Einschränkungen zu erwarten sind. Diese Information ist entscheidend für die Planung des Leistungsumfangs und die Einleitung möglicher Rehabilitationsmaßnahmen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die ärztliche Beurteilung nicht allein ausschlaggebend für die Leistungsentscheidung des Versicherers ist. Sie bildet zwar die Grundlage, doch der Versicherer prüft die Angaben und kann bei Zweifeln weitere Untersuchungen veranlassen. In strittigen Fällen kann es zu Diskrepanzen zwischen der ärztlichen Einschätzung und der Entscheidung des Versicherers kommen.

Die Qualität und Nachvollziehbarkeit der ärztlichen Beurteilung ist von großer Bedeutung. Ärzte müssen ihre Einschätzung sorgfältig dokumentieren und begründen. Dies ist besonders wichtig, wenn es zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Versicherten und Versicherern kommt. Gerichte legen in solchen Fällen großen Wert auf eine fundierte und schlüssige ärztliche Beurteilung.

Im Verlauf einer längeren Arbeitsunfähigkeit sind regelmäßige ärztliche Nachuntersuchungen erforderlich. Diese dienen dazu, den Heilungsverlauf zu überwachen und die Prognose gegebenenfalls anzupassen. Ärzte müssen dabei auch beurteilen, ob Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess sinnvoll und möglich sind.

Die ärztliche Beurteilung muss stets objektiv und unabhängig erfolgen. Ärzte dürfen sich nicht von Wünschen oder Erwartungen des Patienten beeinflussen lassen. Gleichzeitig müssen sie aber auch die individuellen Umstände des Patienten berücksichtigen und eine ganzheitliche Betrachtung vornehmen.

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Unter welchen Voraussetzungen kann ein Anspruch auf Krankentagegeld trotz des Bezugs von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung bestehen?

Der Anspruch auf Krankentagegeld bei gleichzeitigem Bezug von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist grundsätzlich ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die Krankentagegeldversicherung, die in der Regel vorsehen, dass der Versicherungsschutz mit Eintritt der Berufsunfähigkeit endet.

Dennoch können in bestimmten Fällen Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen:

Zeitlich begrenzter Parallelbezug: Einige Krankentagegeldversicherer gewähren eine Übergangszeit, in der beide Leistungen parallel bezogen werden können. Diese Kulanzregelung kann beispielsweise für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten gelten. Der genaue Zeitraum variiert je nach Versicherungsgesellschaft und Vertragsbedingungen.

Teilweise Berufsunfähigkeit: Bei einer nur teilweisen Berufsunfähigkeit kann unter Umständen weiterhin ein Anspruch auf Krankentagegeld bestehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die versicherte Person trotz der teilweisen Berufsunfähigkeit noch einer Erwerbstätigkeit nachgeht und für diese arbeitsunfähig wird.

Unterschiedliche Definitionen: Die Definitionen von Berufsunfähigkeit können in der Krankentagegeld- und der Berufsunfähigkeitsversicherung voneinander abweichen. Erfüllt der Versicherte nur die Kriterien einer der beiden Versicherungen, kann möglicherweise ein Anspruch auf die jeweils andere Leistung fortbestehen.

Rückwirkende Anerkennung: Bei einer rückwirkenden Anerkennung der Berufsunfähigkeit durch den Berufsunfähigkeitsversicherer kann es zu Überschneidungen kommen. In solchen Fällen ist eine genaue zeitliche Abgrenzung erforderlich, um festzustellen, ab wann der Anspruch auf Krankentagegeld tatsächlich entfallen ist.

Spezielle Tarifbedingungen: Einige Versicherungsgesellschaften bieten spezielle Tarifbedingungen an, die einen parallelen Bezug von Krankentagegeld und Berufsunfähigkeitsleistungen für einen bestimmten Zeitraum explizit erlauben. Diese Sonderregelungen müssen im Einzelfall geprüft werden.

Anwartschaftsversicherung: Besteht eine Anwartschaftsversicherung für das Krankentagegeld, kann der Versicherungsschutz bei vorübergehender Berufsunfähigkeit aufrechterhalten werden. Dies ermöglicht eine spätere Reaktivierung des Krankentagegeldes ohne erneute Gesundheitsprüfung, wenn die Berufsunfähigkeit endet.

Es ist wichtig zu beachten, dass die genauen Voraussetzungen für einen möglichen parallelen Bezug von den individuellen Vertragsbedingungen abhängen. Die Versicherungsnehmer sind verpflichtet, den Eintritt der Berufsunfähigkeit unverzüglich dem Krankentagegeldversicherer zu melden. Eine Verletzung dieser Anzeigepflicht kann zu Rückforderungsansprüchen des Versicherers führen.

Die rechtliche Beurteilung solcher Fälle erfordert oft eine genaue Prüfung der konkreten Umstände. Dabei spielen Faktoren wie der genaue Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit, die Art und der Umfang der Berufsunfähigkeit sowie die spezifischen Vertragsklauseln eine entscheidende Rolle.

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Welche Beweismöglichkeiten haben Versicherte, um ihre Arbeitsunfähigkeit gegenüber der Krankentagegeldversicherung nachzuweisen?

Bei der Krankentagegeldversicherung tragen die Versicherten die Beweislast für ihre Arbeitsunfähigkeit. Dies erfordert in der Regel mehr als nur die Vorlage einer einfachen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Ärztliche Atteste sind zwar ein wichtiger Ausgangspunkt, reichen aber allein meist nicht aus. Sie sollten möglichst detailliert die Diagnose, Symptome und deren Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit beschreiben. Je ausführlicher und spezifischer das Attest auf die konkreten beruflichen Anforderungen eingeht, desto höher ist sein Beweiswert.

Krankenhausberichte und Entlassungsbriefe können ebenfalls wertvolle Nachweise darstellen. Sie enthalten oft umfangreiche medizinische Informationen und Einschätzungen zur Arbeitsfähigkeit. Besonders aussagekräftig sind dabei Berichte von Fachärzten oder spezialisierten Kliniken.

In komplexeren Fällen oder bei längerer Arbeitsunfähigkeit kann ein unabhängiges medizinisches Gutachten erforderlich sein. Dieses sollte von einem Facharzt des entsprechenden Fachgebiets erstellt werden und eine gründliche Untersuchung sowie eine detaillierte Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in Bezug auf die spezifische berufliche Tätigkeit beinhalten.

Versicherte sollten auch eigene Aufzeichnungen über den Krankheitsverlauf und die Auswirkungen auf ihre Arbeitsfähigkeit führen. Diese können als ergänzende Beweise dienen und die medizinischen Unterlagen unterstützen.

Bei Selbstständigen ist es besonders wichtig, die vollständige Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Hier können zusätzlich Belege über die Einstellung oder erhebliche Reduzierung der Geschäftstätigkeit hilfreich sein, wie etwa Mitteilungen an Kunden oder vorübergehende Geschäftsschließungen.

In Streitfällen kann es sinnvoll sein, mehrere unabhängige ärztliche Meinungen einzuholen. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit des Nachweises und kann eventuelle Zweifel der Versicherung ausräumen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Anforderungen an den Nachweis mit zunehmender Dauer der Arbeitsunfähigkeit steigen können. Versicherungen prüfen bei längeren Leistungszeiträumen oft genauer und können zusätzliche Nachweise oder Untersuchungen verlangen.

Versicherte sollten alle relevanten medizinischen Unterlagen sorgfältig aufbewahren und der Versicherung zeitnah und vollständig zur Verfügung stellen. Eine lückenlose Dokumentation stärkt die Beweisposition erheblich.

Bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit wird nicht nur der medizinische Zustand, sondern auch das konkrete Berufsbild berücksichtigt. Daher ist es ratsam, eine genaue Beschreibung der beruflichen Tätigkeit und der damit verbundenen Anforderungen bereitzustellen. Dies hilft den begutachtenden Ärzten, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit präziser einzuschätzen.

In Fällen, wo die Arbeitsunfähigkeit nicht eindeutig ist oder von der Versicherung angezweifelt wird, kann ein medizinisches Sachverständigengutachten angeordnet werden. Hierbei ist es wichtig, dass der Gutachter über umfassende Kenntnisse sowohl der medizinischen Aspekte als auch der beruflichen Anforderungen verfügt.

Versicherte sollten sich bewusst sein, dass auch ihr Verhalten während der Arbeitsunfähigkeit relevant sein kann. Aktivitäten, die im Widerspruch zur behaupteten Arbeitsunfähigkeit stehen, können den Anspruch gefährden. Es ist daher ratsam, sich strikt an ärztliche Anweisungen zu halten und Tätigkeiten zu vermeiden, die den Eindruck erwecken könnten, man sei arbeitsfähig.

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Welche Auswirkungen kann eine psychische Erkrankung wie eine Angststörung auf den Anspruch auf Krankentagegeld haben?

Psychische Erkrankungen wie Angststörungen können erhebliche Auswirkungen auf den Anspruch auf Krankentagegeld haben. Grundsätzlich besteht bei einer ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung ein Anspruch auf Krankentagegeld, sofern eine entsprechende Versicherung abgeschlossen wurde. Allerdings gibt es einige Besonderheiten zu beachten.

Bei psychischen Erkrankungen wie Angststörungen ist die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit oft komplexer als bei körperlichen Leiden. Die Symptome sind häufig weniger offensichtlich und können in ihrer Intensität schwanken. Dies kann dazu führen, dass Krankenversicherungen die Arbeitsunfähigkeit kritischer hinterfragen oder häufiger überprüfen lassen.

Ein wichtiger Aspekt ist die Prognose der Erkrankung. Krankentagegeldversicherungen zahlen in der Regel nur bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit. Bei länger andauernden psychischen Erkrankungen besteht das Risiko, dass der Versicherer eine dauerhafte Berufsunfähigkeit annimmt und die Leistungen einstellt. Dies kann insbesondere bei chronischen Verläufen von Angststörungen problematisch sein.

Versicherte sollten sich bewusst sein, dass Krankenversicherungen bei längeren Bezugszeiträumen oft eigene ärztliche Gutachten in Auftrag geben. Diese sogenannten Vertrauensärzte können zu anderen Einschätzungen kommen als die behandelnden Ärzte. Es ist daher ratsam, die eigene Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit sorgfältig zu dokumentieren und regelmäßig ärztlich bestätigen zu lassen.

Ein besonderer Fall liegt vor, wenn die psychische Erkrankung durch Faktoren am Arbeitsplatz, wie etwa Mobbing, verursacht oder verschlimmert wurde. In solchen Situationen kann der Anspruch auf Krankentagegeld durchaus bestehen, auch wenn die Arbeitsunfähigkeit indirekt durch äußere Umstände bedingt ist. Dies wurde in der Rechtsprechung bestätigt.

Die Dauer des Krankengeldanspruchs kann bei psychischen Erkrankungen ebenfalls eine Herausforderung darstellen. Während die gesetzliche Krankenversicherung Krankengeld für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Erkrankung zahlt, können die Regelungen bei privaten Krankentagegeldversicherungen variieren. Es ist wichtig, die individuellen Vertragsbedingungen genau zu prüfen.

Bei der Beantragung und dem Bezug von Krankentagegeld aufgrund einer psychischen Erkrankung ist eine offene Kommunikation mit der Versicherung empfehlenswert. Gleichzeitig sollten Versicherte ihre Rechte kennen und wahren. Übermäßige oder belastende Nachfragen seitens der Versicherung müssen nicht akzeptiert werden. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, auf schriftliche Kommunikation zu bestehen.

Für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit bei psychischen Erkrankungen sind detaillierte ärztliche Atteste besonders wichtig. Diese sollten nicht nur die Diagnose, sondern auch die konkreten Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit beschreiben. Fachärztliche Gutachten können die Position des Versicherten zusätzlich stärken.

Es ist zu beachten, dass der Übergang vom Krankentagegeld zur Arbeitslosigkeit oder zu anderen Sozialleistungen bei psychischen Erkrankungen besonders herausfordernd sein kann. Die Anforderung, sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, kann mit dem aktuellen Gesundheitszustand kollidieren. Hier ist eine sorgfältige Planung und gegebenenfalls rechtliche Unterstützung wichtig.

Abschließend lässt sich sagen, dass psychische Erkrankungen wie Angststörungen durchaus einen berechtigten Anspruch auf Krankentagegeld begründen können. Die Besonderheiten dieser Erkrankungen erfordern jedoch oft eine intensivere Auseinandersetzung mit den Versicherungsbedingungen und eine sorgfältige Dokumentation des Krankheitsverlaufs. Eine gute Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten und ein bewusster Umgang mit den Anforderungen der Versicherung sind entscheidend für die erfolgreiche Geltendmachung des Anspruchs.

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Wie wird die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei einer Krankentagegeldversicherung festgelegt und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?

Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei einer Krankentagegeldversicherung wird durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren bestimmt. Primär basiert die Festlegung auf der ärztlichen Einschätzung des behandelnden Mediziners. Dieser beurteilt den Gesundheitszustand des Patienten und stellt eine Prognose über den voraussichtlichen Heilungsverlauf.

Die Art und Schwere der Erkrankung spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Bei akuten Erkrankungen wie einer Grippe lässt sich die Dauer der Arbeitsunfähigkeit meist relativ genau vorhersagen. Chronische oder psychische Erkrankungen erschweren hingegen oft eine präzise zeitliche Einschätzung. In solchen Fällen erfolgt die Krankschreibung häufig zunächst für einen kürzeren Zeitraum mit anschließender Neubewertung.

Der individuelle Heilungsverlauf beeinflusst maßgeblich die tatsächliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Treten unerwartete Komplikationen auf, kann sich die ursprünglich prognostizierte Zeitspanne verlängern. Umgekehrt kann eine schnellere Genesung zu einer vorzeitigen Beendigung der Arbeitsunfähigkeit führen.

Die Versicherungsgesellschaft verlässt sich bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit nicht ausschließlich auf die Einschätzung des behandelnden Arztes. In vielen Fällen fordert der Versicherer zusätzliche Gutachten durch eigene Vertrauensärzte an. Diese überprüfen die Diagnose und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Bei Diskrepanzen zwischen den ärztlichen Einschätzungen kann es zu Konflikten kommen, die mitunter rechtliche Schritte nach sich ziehen.

Die berufliche Tätigkeit des Versicherten spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Arbeitsunfähigkeitsdauer. Körperlich anspruchsvolle Berufe erfordern oft längere Genesungszeiten als Bürotätigkeiten. Die Versicherung berücksichtigt daher stets die spezifischen Anforderungen des ausgeübten Berufs.

Versicherte haben durchaus Möglichkeiten, die Dauer ihrer Arbeitsunfähigkeit zu beeinflussen. Eine aktive Mitwirkung am Genesungsprozess durch die Befolgung ärztlicher Anweisungen, die Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen oder die Inanspruchnahme von Heilbehandlungen kann die Arbeitsunfähigkeit verkürzen. Allerdings besteht auch eine vertragliche Pflicht zur Schadenminderung. Versicherte müssen alles ihnen Zumutbare unternehmen, um ihre Arbeitsfähigkeit wiederzuerlangen.

Die Prognose über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit unterliegt einer kontinuierlichen Überprüfung. Bei längerfristigen Erkrankungen fordern Versicherungen in regelmäßigen Abständen aktualisierte ärztliche Bescheinigungen an. Diese dienen der Neubewertung des Gesundheitszustands und der Anpassung der Leistungsdauer.

Ein besonders heikler Aspekt ist der Übergang von vorübergehender Arbeitsunfähigkeit zur dauerhaften Berufsunfähigkeit. Versicherungen prüfen bei lang andauernden Erkrankungen kritisch, ob noch eine realistische Aussicht auf Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit besteht. Zeichnet sich eine dauerhafte Berufsunfähigkeit ab, kann dies zur Einstellung der Krankentagegeldleistungen führen.

Die Festlegung der Arbeitsunfähigkeitsdauer erfordert somit eine sorgfältige Abwägung medizinischer, beruflicher und versicherungsrechtlicher Aspekte. Sie ist kein starrer Prozess, sondern unterliegt einer dynamischen Entwicklung, die von allen Beteiligten – Ärzten, Versicherten und Versicherungsgesellschaften – eine enge Zusammenarbeit und regelmäßige Neubewertung verlangt.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Es tut mir leid, aber ich kann auf die von dir angegebene(n) Website(s) nicht zugreifen. Die häufigsten Gründe dafür, dass mir Inhalte nicht zur Verfügung stehen, sind Paywalls, Anmeldeanforderungen oder vertrauliche Informationen. Es gibt aber auch andere Gründe dafür, warum ich nicht auf eine Website zugreifen kann.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 Abs. 2 und 3 AVB/KT 2009 (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung): Diese Paragraphen definieren den Versicherungsfall und die Arbeitsunfähigkeit im Kontext der Krankentagegeldversicherung. Im vorliegenden Fall war entscheidend, ob die Fluguntauglichkeit des Piloten als Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen zu werten ist und ob er Anspruch auf Krankentagegeld hat.
  • § 15 Abs. 1 b) AVB/KT 2009: Dieser Paragraph regelt das Ende des Versicherungsverhältnisses bei Eintritt der Berufsunfähigkeit. Im konkreten Fall war zu klären, ob die Fluguntauglichkeit des Piloten bereits eine Berufsunfähigkeit darstellte, die zum Wegfall des Krankentagegeldanspruchs führen würde.
  • § 11 AVB/KT 2009: Dieser Paragraph behandelt die Anzeigepflicht bei Wegfall der Versicherungsfähigkeit oder Eintritt der Berufsunfähigkeit. Im vorliegenden Fall war relevant, ob der Kläger seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist und ob die Beklagte berechtigt war, Leistungen zurückzufordern.
  • Vertragliche Vereinbarung (Schreiben vom 15.05.2006): In diesem Schreiben bestätigte die Versicherung, dass eine vorübergehende Fluguntauglichkeit, sofern ärztlich festgestellt, mit Arbeitsunfähigkeit gleichgesetzt wird, solange der Versicherte keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht. Diese Vereinbarung war entscheidend für die Beurteilung des Anspruchs des Klägers auf Krankentagegeld während seiner Fluguntauglichkeit.
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 30.06.2010, Az: IV ZR 163/09): Die Entscheidung des BGH zur medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung war relevant, um zu beurteilen, ob die vom Kläger in Anspruch genommene Psychotherapie als medizinisch notwendig anzusehen war und somit den Anspruch auf Krankentagegeld begründen konnte.

Das vorliegende Urteil

LG Wiesbaden – Az.: 8 O 258/17 – Urteil vom 27.10.2021


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 47.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.600,00 € seit dem 19.07.2017 sowie aus weiteren 23.800,00 € seit dem 05.01.2018 sowie aus weiteren 18.400,00 € seit dem 13.06.2018 zu bezahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Krankentagegeld. Die Beklagte begehrt im Rahmen der Widerklage die Rückzahlung geleisteten Krankentagegeldes.

Der Kläger arbeitet als Pilot.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht unter der Versicherungsschein-Nr. … ein Versicherungsvertragsverhältnis, welches unter anderem eine private Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif TA06 beinhaltet (Anlage K 1). Der Tagessatz der Krankentagegeldversicherung wurde mit 200,00 € vereinbart. In den Vertrag wurden die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (AVB/KT 2009) (Teil I Musterbedingungen 2009 und Teil II Tarifbedingungen 2009 (AVB) einbezogen (Anlage K 2).

§ 1 Abs. 2 der AVB/KT 2009 lautet wie folgt:

„Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. […]“.

In § 1 Abs. 3 der AVB/KT 2009 heißt es:

„Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht.“

In § 11 der AVB/KT 2009 heißt es:

„Der Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit oder der Eintritt der Berufsunfähigkeit (vergleiche § 15 Abs. 1 Buchstabe b) einer versicherten Person ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Erlangt der Versicherer von dem Eintritt dieses Ereignisses erst später Kenntnis, so sind beide Teile verpflichtet, die für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangenen Leistungen einander zurückzugewähren.“

In § 15 Abs. 1 b) der AVB/KT 2009 wurde Folgendes geregelt:

„Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Person mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit.“

Mit Schreiben vom 15.05.2006 (Anlage K 5) bestätigte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfrage, dass die vorübergehende Fluguntauglichkeit, sofern sie ärztlich festgestellt wurde, mit Arbeitsunfähigkeit gleichgesetzt werde, sofern der Kläger während der vorübergehenden Fluguntauglichkeit keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgehe.

Mit seiner Erstmeldung über Arbeitsunfähigkeit vom 18.08.2016 machte der Kläger bei der Beklagten Krankentagegeld-Leistungen für seine Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer bei der … zunächst wegen Rückenschmerzen geltend (Anlage BLD 1, Bl. 39 ff.). In der Folgezeit reichte der Kläger weitere Meldungen über seine Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten ein, in denen psychische Beschwerden angegeben worden sind (Anlage BLD 3, Bl. 43 ff.). Der Medizinische Dienst M. der D. L. AG bescheinigte dem Kläger eine ab dem 26.08.2016 bestehende Flugdienstuntauglichkeit (Anlage BLD 4, Bl. 45 ff.).

Die Beklagte erbrachte an den Kläger in der Zeit vom 19.06.2016 bis zum 21.06.2017 Krankentagegeld.

Mit seiner Folgemeldung über Arbeitsunfähigkeit vom 27.03.2017 informierte der Kläger die Beklagte darüber, dass er seit Januar 2017 Leistungen aus einer Fluguntauglichkeitsversicherung beziehe (Anlage BLD 5, Bl. 49 f.). Außerdem bezog der Kläger Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Bl. 140).

Die Beklagte veranlasste eine Prüfung der Leistungsvoraussetzungen und holte Auskünfte von … (Leitung medizinischer Dienst … AG) vom 25.04.2017 (Anlage BLD 7, Bl. 58 f.) und einen Behandlungsbericht der Psychotherapeutin … vom 28.04.2017 (Anlage BLD 8) ein. … teilte der Beklagten mit, dass ein Überprüfungsverfahren zur Fliegertauglichkeit eingeleitet worden sei, weil sich die Symptome bei dem Kläger gebessert hätten. Sie wies darauf hin, dass die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als Pilot ein Überprüfungsverfahren der Fliegertauglichkeit durch das Luftfahrtbundesamt voraussetze, welches eingeleitet worden sei. Aktuell liege keine Berufsunfähigkeit vor. Die … bestätigte ebenfalls, dass die Prognose für den Kläger nach dem aktuellen Behandlungsstand als günstig einzuschätzen sei. Die Wiedererteilung der Flugtauglichkeit werde aus therapeutischer Sicht empfohlen und eine diesbezügliche Tauglichkeitsprüfung durch das Luftfahrtbundesamt sei angestoßen worden. Bis zum Entscheid des Luftfahrtbundesamtes bestehe formalrechtlich Fluguntauglichkeit.

Mit Schreiben vom 19.07.2017 teilte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf die zwischenzeitlich erfolgte Überprüfung des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen für den Bezug von Krankentagegeld mit, dass seit dem 25.04.2017 kein Anspruch auf Krankentagegeld mehr bestehe, weil aus medizinischer Sicht keine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit mehr vorliege (Anlage K 6). Sie forderte den Kläger zur Rückzahlung von Krankentagegeld in Höhe von 11.600,00 € für die Zeit vom 25.04.2017 bis 21.06.2017 auf.

Der Kläger legte als Anlagenkonvolut K 21 (Bl. 99 ff.) weitere Untersuchungsergebnisse des Medizinischen Dienstes zur Flugdiensttauglichkeit vor.

Am 15.02.2018 entschied das Luftfahrtbundesamt, dass der Kläger als flugmedizinisch tauglich Klasse 1 mit Einschränkungen zu beurteilen ist. Der Bescheid enthielt unter anderem die Auflage, dass sich der Kläger weiterhin einer Psychotherapie unterziehen muss (Anlage K 17).

Der Kläger schilderte im Schriftsatz vom 22.02.2018 seine berufliche Tätigkeit als Flugzeugführer (vgl. Seite 3 ff. des Schriftsatzes vom 22.02.2018, Bl. 73 ff.). Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen hinsichtlich sämtlicher Einzelheiten mit Nichtwissen (Seite 8 des Schriftsatzes vom 20.04.2018 (Bl. 123).

Der Kläger behauptet, dass er aus medizinischer Sicht wegen seiner Angststörung bis zum 15.02.2018 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen sei. Er habe sich bis zum 15.02.2018 (und darüber hinaus) in psychotherapeutischer Behandlung befunden. Der Kläger legt in diesem Zusammenhang ein Schreiben von … vom 21.02.2018 vor (Anlage K 20).

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Beklagte für den Zeitraum vom 22.06.2017 bis 15.02.2018 und zwar für 239 Tage zur Zahlung eines Krankentagegeldes in Höhe von jeweils 200,00 €, d.h. insgesamt 47.800,00 € verpflichtet sei.

Außerdem behauptet er, dass die Leistungen aus der Flugausfallversicherung, die seit Januar 2017 Leistungen erbringt, den zuvor erzielten Verdienst nicht erreichen.

Mit Schriftsatz vom 09.02.2018 erhob die Beklagte eine Widerklage (Bl. 23 ff.). Mit Schriftsatz vom 20.04.2018 erweiterte der Kläger die Klage (vgl. Bl. 95 ff.). Mit Schriftsatz vom 30.07.2018 erweiterte die Beklagte die Widerklage (Bl. 159 ff.).

Der Kläger beantragt zuletzt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 47.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.600,00 € seit dem 19.07.2017 sowie aus weiteren 23.800,00 € seit Rechtshängigkeit sowie aus weiteren 18.400,00 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt im Wege der Widerklage, den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 16.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2017 für einen Betrag in Höhe von 11.600,00 € zu zahlen sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für den weiteren Betrag in Höhe von 4.800,00 €.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass der Kläger seit dem 25.04.2017 nicht mehr arbeitsunfähig gewesen sei und verlangt deshalb die Rückzahlung des in der Zeit vom 25.04.2017 bis zum 21.06.2017 gezahlten Krankentagegeldes in Höhe von 11.600,00 €.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Erbringung von Krankentagegeld nicht vorliegen, wenn der einzige Grund für die Hinderung des Klägers an der Berufsausübung als Pilot in der ausstehenden Entscheidung des Luftfahrtbundesamtes über die Flugtauglichkeit liege. Insoweit bezieht sich die Beklagte auf die Folgemeldungen über die Arbeitsunfähigkeit vom 12.07.2017, 31.07.2017, 28.08.2017 und 12.09.2017, in denen keine Heilbehandlung mehr angegeben wurde, insbesondere auch keine Psychotherapie, sondern ein Hinweis auf die Überprüfung der Flugtauglichkeit beim Luftfahrtbundesamt erfolgte.

Das Schreiben der Beklagten aus dem Jahr 2006 sei so zu verstehen, dass zwar bei Fluguntauglichkeit Arbeitsunfähigkeit bestehe, dass dies aber dennoch ärztlich festgestellt werden müsse. Dieses Schreiben stelle lediglich eine Auskunft dar und habe keine Änderung der Vertragsbedingungen bezweckt.

Die Beklagte behauptet, dass der Kläger seit Januar 2017 berufsunfähig im Sinne von § 15 Abs. 1 b) AVB sei. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Kläger zur Rückzahlung des zu Unrecht vereinnahmten Krankentagegeldes seit dem 01.04.2017 in Höhe von 4.800,00 € verpflichtet sei. Die Fluguntauglichkeitsversicherung sei als Berufsunfähigkeitsversicherung einzuordnen. Die Beklagte geht davon aus, dass die Bezüge des Klägers in ihrer Gesamtheit sein aus der beruflichen Tätigkeit herrührendes Nettoeinkommen übersteigen. Die Beklagte weist auf § 15 Abs. 1 b) AVB hin, wonach der parallele Bezug von Krankentagegeldleistungen und Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung vertraglich ausgeschlossen sei.

Auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 09.08.2018 wurde Beweis erhoben durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens (Bl. 168 ff.). Es wird auf das Gutachten des … vom 01.08.2019 Bezug genommen (Bl. 227 ff.). Das Gericht hat auf der Grundlage des Beschlusses vom 13.02.2020 Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen … (Bl. 303 f.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19.08.2020 Bezug genommen (Bl. 359 ff.). Auf der Grundlage des Beschlusses vom 19.08.2020 wurde weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen … (Bl. 363 f.), Insoweit wird auf die ergänzende psychiatrische Stellungnahme des Sachverständigen … vom 25.07.2021 Bezug genommen (Bl. 402 ff.).

Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Widerklage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen versicherungsvertraglichen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Krankentagegeldes für den Zeitraum vom 22.06.2017 bis 15.02.2018 in Höhe von 200,00 € pro Tag, d.h. insgesamt 47.800,00 € gemäß § 1 Abs. 2, 3 der AVB/KT 2009 in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag.

Voraussetzung für die Zahlung von Krankengeld ist gemäß § 1 Abs. 2, 3 der AVB/KT 2009 das Vorliegen eines Versicherungsfalls, d.h. eine medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung. Er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 der AVB liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Es steht fest, dass der Kläger in dem Zeitraum vom 25.04.2017 bis 15.02.2018 seinen Beruf als Pilot nicht ausgeübt hat und auch keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Die Arbeitsunfähigkeit wurde ärztlich festgestellt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger im Zeitraum vom 25.04.2017 bis 15.02.2018 arbeitsunfähig war und sich einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung unterzogen hat.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht auf die Auffassung des Versicherungsnehmers und auch nicht allein auf die des behandelnden Arztes an, sondern dass es nach objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, diese als notwendig anzusehen (BGH, Urteil vom 30.06.2010, Az: IV ZR 163/09, NJW 2010, 3657 Rn. 24 f.).

Der Sachverständige … stellte in seinem Gutachten vom 01.08.2019 fest, dass bei dem Kläger aus Sicht des psychiatrischen Fachgebietes mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine spezifische Phobie (Flugphobie) (ICD10:F40.2) vorlag. Der Sachverständige stützte diese Diagnose auf die aktuellen Untersuchungsergebnisse, die anamnestischen Erhebungen und die Auswertung vorliegender Fremdbefunde und die sonstigen Akteninhalte. Der Kläger sei mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zeit vom 22.06.2017 bis 15.02.2018 wegen einer Angststörung (Flugphobie) arbeitsunfähig gewesen und konnte seine berufliche Tätigkeit in keiner Weise ausüben. Der Sachverständige führte weiter aus, dass eindeutig festgestellt werden könne, dass sich der Kläger einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung unterzogen hat. Die ambulante Verhaltenstherapie, der sich der Kläger unterzogen hat, sei bei der Flugphobie die Therapiemethode der ersten Wahl. Dies entspreche wissenschaftlich fundierten Behandlungsleitlinien für Angststörungen.

Der Sachverständige wies in seinem Gutachten vom 01.08.2019 hinsichtlich der forensisch-psychiatrischen Beurteilung darauf hin, dass die Befunddokumentationen über die Zeiträume, auf die sich die Beweisfragen beziehen, sehr wenig detailliert sei. Die Befunddokumentation beschränke sich auf die fremdbefundlichen Mitteilungen der psychologischen Psychotherapeutin … Die Stellungnahme von Dr. S. enthalte Bewertungen, jedoch keine Befundmitteilungen. Die in den Akten befindlichen Fragebögen seien kaum aussagefähig.

Diese Feststellungen des Sachverständigen … gaben Anlass, den Kläger zur Vorlage weiterer Unterlagen aufzufordern (siehe Beschluss vom 08.11.2019, Bl. 279). Der Kläger legte daraufhin als Anlage K 24 eine Übersicht mit den Einzelbehandlungen bei … im Rahmen einer Verhaltenstherapie und eine Stellungnahme vor … vom 26.11.2019 (Anlage K 25) vor. Außerdem überreichte der Kläger einen Bericht von … vom 20.03.2017, in welchem sie die Wiedererteilung der Flugtauglichkeit empfahl und den Bericht von … vom 20.04.2017, in welchem er sich dem Urteil der Psychotherapeutin anschloss und dem Luftfahrtbundesamt ebenfalls die Wiedererteilung der Flugtauglichkeit unter der Auflage der erfolgreichen Weiterführung des A.-Programms bis zum 30.06.2018 empfahl. Außerdem wurde der Bericht von … vom 20.07.2017 vorgelegt, in welchem dieser ausführte, dass er den Kläger am 18.04.2017 erneut untersucht habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Kriterien der Flugtauglichkeit wieder erfüllt seien. In einer Stellungnahme vom 08.12.2017 führte … aus, dass ein Wiederauftreten der Flugangst nicht ausgeschlossen werden könne und dass es notwendig sei im Sinne einer Rückfallprophylaxe den Piloten nach Wiederaufnahme der Flugtauglichkeit psychotherapeutisch zu begleiten.

Auf Antrag des Klägers wurde nach der Einholung des Gutachtens von … der sachverständige Zeuge … vernommen. Der Zeuge bekundete im Rahmen seiner Zeugenvernehmung am 19.08.2020 (Bl. 353 ff.), dass er den Kläger nicht behandelt, sondern begutachtet habe. Er erläuterte, dass er vor etwa 30 Jahren für die Fluggesellschaften und das Luftfahrtbundesamt ein psychologisches Programm entwickelt habe. Er begutachte die Piloten und übe eine Art Fachaufsicht aus. Er unterbreite Vorschläge bezüglich ambulanter oder stationärer Behandlungen. Er erstelle Zwischenberichte und werde über die Behandlungsfortschritte informiert und kenne sämtliche Behandlungsunterlagen der zu behandelnden Piloten. Der Zeuge teilte mit, dass er den Kläger in einem ersten Gespräch am 02.08.2016 kennengelernt habe. Der Kläger habe unter Flugangst gelitten. Dies sei eine psychische Erkrankung. Diese Erkrankung sei durch schwere Unwetter verursacht worden und habe jahrelang bestanden. Es sei notwendig gewesen, eine Verhaltenstherapie durchzuführen. Der Zeuge … erklärte weiter, dass er ein Programm für den Kläger ausgesucht habe und dass seit dem 30.06.2016 eine ambulante Behandlung erfolgt sei. Zeitgleich habe der Zeuge dem Luftfahrtbundesamt die Fluguntauglichkeit gemeldet. Im März 2017 habe er – nach Ablauf einer üblichen Zeitspanne – dem Luftfahrtbundesamt mitgeteilt, dass eine vorläufige Tauglichkeit bestehe. Juristisch betrachtet sei dies eine Tauglichkeit unter Auflagen. Die Auflage habe in der Fortführung der ambulanten Psychotherapie bestanden. Es seien sodann zwei verschiedene Prozesse bei der Erkrankung eines Piloten zu unterscheiden. Einmal gebe es die rechtliche Komponente beim Luftfahrtbundesamt und außerdem müsse geprüft werden, ob der Kläger wieder bedingt tauglich ist. Dies könne im Rahmen der Therapie nicht abschließend überprüft werden, sondern nur im Flugbetrieb. Man könne nicht abschätzen, ob der Kläger ohne Probleme Flüge durchführen kann. Ohne Erleben eines Fluges im realen Leben könne nicht beurteilt werden, ob der Kläger wieder in der Lage ist, Flugzeuge zu führen. Die Therapie werde dann fortgeführt und es werde abgewartet, ob der Kläger erfolgreich mehrere Gewitter absolvieren kann. Gewitter könne man allerdings nicht bestellen. Bedingt durch den G.-Absturz im Jahr 2015 sei es zu einer Veränderung der Zuständigkeiten gekommen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Fliegerarzt für die Prüfung der Flugtauglichkeit zuständig gewesen. Danach sei das Luftfahrtbundesamt zuständig geworden. Das Luftfahrtbundesamt sei zu Beginn wegen einer Vielzahl von Fällen stark überlastet gewesen und deshalb habe die Feststellung der Flugtauglichkeit des Klägers nahezu ein Jahr gedauert. Inzwischen dauere dieses Verfahren in der Regel nur noch zwei Wochen. Der Kläger sei in der Zeit jedoch weiterbehandelt worden, aber ohne die Übung im Cockpit. Nachdem der Kläger die bedingte Flugtauglichkeit wiedererlangt hatte, sei noch einige Zeit das Auftreten von Gewittern abgewartet worden. Später seien dann die Auflagen aufgehoben worden und die Behandlung sei damit beendet gewesen. Der Sachverständige … erklärte, dass er dem Luftfahrtbundesamt am 18.10.2019 die Aufhebung der Auflagen empfohlen habe. Er sei als Fachaufsicht dafür zuständig, diese Empfehlung abzugeben. Die juristische Entscheidung treffe jedoch das Luftfahrtbundesamt, welches an seine Empfehlung nicht gebunden sei. Auf die Frage, wie lange eine medizinisch notwendige Heilbehandlung bei dem Kläger erforderlich war, erläuterte der sachverständige Zeuge zunächst, dass die Anforderungen an Piloten hinsichtlich ihres Gesundheitszustands strenger seien als an andere Personen, die nicht fliegen. Wenn eine andere Person wieder als gesund eingestuft und in das Arbeitsleben entlassen wird, könne man schauen, ob der Versuch scheitert und ggf. die Therapie fortsetzen. Bei Piloten bestehe ein anderes Risiko, weil kein Passagier eine Panikattacke des Piloten im Flugzeug erleben wolle. Deshalb müsse strenger geprüft werden. Es werde aber nur so lange behandelt, wie der Pilot Symptome zeige. Ein Pilot sei so lange noch nicht gesund, wie er nur als bedingt flugtauglich eingestuft wird. Theoretisch könne der Pilot bereits wieder gesund sein. Dies könne aber nicht überprüft werden, weil eine Überprüfung erst möglich sei, wenn der Pilot wieder im Cockpit sitzt. Dies setze voraus, dass er erst einmal für bedingt flugtauglich erklärt wird. Auf die Berichte des Zeugen über den Gesundheitszustand des Klägers angesprochen, betonte der Zeuge … ass er die Empfehlung, den Kläger für flugtauglich zu erklären, nur unter Auflagen ausgesprochen habe. Erst später habe er die Aufhebung der Auflagen empfohlen. Der Zeuge … bekundete im weiteren Verlauf der Zeugenvernehmung, dass der Kläger auch zu dem Zeitpunkt, als das Luftfahrtbundesamt im Februar 2018 festgestellt hat, dass der Kläger wieder flugtauglich ist, noch nicht gesund war, weil ihn das Luftfahrtbundesamt nur für bedingt flugtauglich erklärt habe. Dies beruhe darauf, dass dem Kläger die Auflage einer Weiterführung der Psychotherapie gemacht worden ist. Der Kläger sei bis Oktober 2019 behandelt worden. Es sei immer so, dass bei einer bedingten Flugtauglichkeit die Psychotherapie fortgeführt wird. Im Oktober 2019 habe der Zeuge das Schreiben der behandelnden Therapeutin erhalten, in welchem die Symptomfreiheit des Klägers bestätigt worden ist. Deshalb habe er dem Luftfahrtbundesamt im Oktober 2019 die Aufhebung der Auflagen empfohlen.

Der Sachverständige … wertete in seinem Ergänzungsgutachten vom 25.07.2021 die weiteren Unterlagen und die Aussage des Zeugen, … aus und sah keinen Anlass, von seinen Ausführungen im Hauptgutachten vom 01.08.2019 abzuweichen. Er blieb dabei, dass für den Zeitraum vom 22.06.2017 bis 15.02.2018 eine nur wenig detaillierte Befunddokumentation vorliege.

Das Gericht stützt seine Überzeugung sowohl auf die Gutachten des Sachverständigen … als auch auf die überzeugende, aufschlussreiche Aussage des sachverständigen Zeugen … Der Sachverständige … erklärte in seinem Ergänzungsgutachten zwar erneut, dass die Befunddokumentation wenig detailliert sei. Eine Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme, insbesondere der Aussage des sachverständigen Zeuge … bestätigt jedoch eindeutig, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Krankentagegeld gemäß § 1 Abs. 2, 3 der AVB/KT 2009 in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag im Zeitraum vom 22.06.2017 bis 15.02.2018 vorlagen. Der Kläger war arbeitsunfähig und unterzog sich einer ambulanten Verhaltenstherapie und somit einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung. Der Sachverständige … bestätigte, dass die Verhaltenstherapie die Behandlungsmethode erster Wahl bei einer Angsterkrankung war. Der Kläger litt im gesamten Zeitraum unter einer Flugphobie. Der Sachverständige … der beruflich für die Begutachtung der Flugtauglichkeit von Piloten im Rahmen einer Fachaufsicht zuständig ist, erklärte anschaulich und überzeugend die Vorgehensweise bei der Überprüfung der Flugtauglichkeit von Piloten. In diesem Zusammenhang ist für die vorliegende Beweisfrage von entscheidender Bedeutung, dass der Kläger sogar noch bis Oktober 2019 nur bedingt flugtauglich war und die Fortführung der Psychotherapie bis zur Aufhebung der Auflagen durch das Luftfahrtbundesamt medizinisch notwendig war. Sowohl der Sachverständige … als auch der sachverständige Zeuge … bestätigten, dass sich der Kläger bis zum 15.02.2018 einer Psychotherapie unterzogen hat.

Auf der Grundlage der Aussage des Zeugen …, an deren Glaubhaftigkeit keinerlei Zweifel bestehen, steht fest, dass die fehlende Feststellung der Flugtauglichkeit des Klägers nicht allein darauf beruhte, dass das Prüfungsverfahren beim Luftfahrtbundesamt einige Monate in Anspruch nahm.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die Widerklage war abzuweisen.

Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von 16.400,00 € gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Verbindung mit §§ 11, 15 Abs. 1 b) der AVB/KT 2009.

Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Kläger seit dem 01.01.2017 berufsunfähig war.

Gemäß § 11 der AVB/KT 2009 ist der Kläger bei Eintritt der Berufsunfähigkeit (§ 15 Abs. 1 b) verpflichtet, die für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Gemäß § 15 Abs. 1 b) der AVB/KT 2009 endet das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffenen versicherten Person mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist.

Der Kläger hat zwar im Schriftsatz vom 15.06.2018 unstreitig gestellt, dass er Leistungen aus einer Fluguntauglichkeitsversicherung und einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bezogen hat. Der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente bedeutet, dass nach den Versicherungsbedingungen der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Berufsunfähigkeit vorlag. Allerdings müssen die Voraussetzungen in der Zusatzversicherung nicht deckungsgleich sein mit den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 b AVB/KT, so dass nicht allein durch den Bezug der Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung die Leistungspflicht der Beklagten entfallen ist. Entsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 30.06.2010 (Az.: IV ZR 163/09, NJW 2010, 3657, Rn. 15) klargestellt, dass der Bezug von Renten wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit den Anspruch auf Krankentagegeld nicht in jedem Fall ausschließe, sondern nur wenn er als Beendigungsgrund in den Bedingungen der Krankentagegeldversicherung ausdrücklich vorgesehen ist.

In § 15 Abs. 1 b) AVB/KT ist jedoch nicht geregelt, dass allein der Bezug von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung den Anspruch auf Krankentagegeld entfallen lässt. Die Regelung in den Versicherungsbedingungen knüpft an den Eintritt von Berufsunfähigkeit an.

Nach Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 30.06.2010, Az.: IV ZR 163/09, NJW 2010, 3657) geht es bei der Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Versicherungsbedingung um einen Zustand (Erwerbsunfähigkeit), dessen Fortbestand aus sachkundiger Sicht für nicht absehbare Zeit prognostiziert wird, der jedoch typischerweise nicht auch als endgültig oder unveränderlich beurteilt werden kann. Ein bestimmter Zeitraum, für den die Prognose zu stellen ist, im Sinne einer festen zeitlichen Grenze für die Beurteilung einer Erwerbsunfähigkeit „auf nicht absehbare Zeit“ lässt sich dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Versicherungsbedingungen nicht entnehmen und ist der Prognose nicht zu Grunde zu legen. Die Prognose ist rückschauend für den Zeitpunkt zu stellen, für den der Versicherer das Ende seiner Leistungspflicht behauptet. Der weitere Krankheitsverlauf, wie er sich für die Zeit nach dem behaupteten Ende der Leistungspflicht des Versicherers ergibt, kann grundsätzlich keine Berücksichtigung finden, da es dem Wesen einer – rückschauend auf ihre Richtigkeit überprüften – Prognoseentscheidung widerspräche, die Entwicklung nach dem entscheidenden Stichtag und damit einen späteren Erkenntnisstand in die Bewertung einzubeziehen. Der weitere Krankheitsverlauf kann deshalb auch nicht als Indiz für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der zum maßgeblichen Zeitpunkt gestellten Prognose herangezogen werden (vgl. BGH a.a.O.). Der Sachverständige … führte in seinem Gutachten vom 01.08.2019 aus, dass er nicht feststellen könne, dass der Kläger seit dem 01.01.2017 berufsunfähig war, d.h. nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf als Pilot auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist.

Die Beklagte hat auch nicht bewiesen, dass der Kläger seit dem 25.04.2017 wieder arbeitsfähig war.

Der Sachverständige … erklärte in seinem Gutachten vom 01.08.2019, dass er nicht feststellen könne, dass der Kläger seit dem 25.04.2017 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Im Gegenteil hat der Sachverständige in seinem Gutachten festgestellt, dass der Kläger bis zum 15.02.2018 arbeitsunfähig war.

Weil die Widerklage in der Hauptsache keinen Erfolg hat, hat die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung von Zinsen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.


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