Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Kfz-Kaskoversicherung: Gericht urteilt zu Obliegenheitsverletzungen und Leistungsfreiheit
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Kaskoversicherungsleistung nach vermeintlichem Teilediebstahl
- Zweifel am Diebstahl und Obliegenheitsverletzung
- Gerichtliche Untersuchung und widersprüchliche Aussagen
- Urteil: Kein Anspruch auf Versicherungsleistung
- Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung
- Wirksamkeit der Versicherungsbedingungen
- Keine Revision zugelassen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was sind Obliegenheiten in der Kaskoversicherung und warum sind sie wichtig?
- Wie kann man sich als Versicherungsnehmer bei einem Schadensfall korrekt verhalten?
- Welche Konsequenzen kann eine Obliegenheitsverletzung für den Versicherungsschutz haben?
- Wie können Versicherungsnehmer die Wirksamkeit von Klauseln in ihren Versicherungsbedingungen überprüfen?
- Was können Versicherungsnehmer tun, wenn die Versicherung die Leistung verweigert?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger verlangt Entschädigung von seiner Kaskoversicherung für den gestohlenen Teil eines Fahrzeugs.
- Das Gericht beurteilt die Umstände des Diebstahls als unklar und wirft Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers auf.
- Die Beklagte erhebt den Einwand, dass der Kläger seine Pflichten aus dem Versicherungsvertrag verletzt hat.
- Es bestehen Diskrepanzen zwischen der Darstellung des Klägers und den Informationen der Beweisaufnahme.
- Der Kläger hatte sich geweigert, Fragen der von der Beklagten beauftragten Person zu beantworten und das Fahrzeug für eine Untersuchung bereit zu stellen.
- Das Gericht erkennt eine mögliche arglistige Täuschung seitens des Klägers an.
- Die Abweisung der Klage erfolgt, da der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist.
- Die Entscheidung des Gerichts ist für Fahrzeugbesitzer relevant, da sie verdeutlicht, wie wichtig die Erfüllung von Obliegenheiten in der Kaskoversicherung ist.
- Schäden durch Obliegenheitsverletzungen können zum Verlust des Versicherungsanspruchs führen.
- Fahrzeugbesitzer sollten sich über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sein, um im Schadensfall ihre Ansprüche optimal abzusichern.
Kfz-Kaskoversicherung: Gericht urteilt zu Obliegenheitsverletzungen und Leistungsfreiheit
Die Kfz-Kaskoversicherung ist ein wichtiger Bestandteil des Versicherungsschutzes für Fahrzeugbesitzer in Deutschland. Während die Haftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben ist, sorgt die Kaskoversicherung dafür, dass auch Schäden am eigenen Fahrzeug abgedeckt sind. Diese Versicherung gliedert sich in zwei Hauptarten: die Teilkaskoversicherung, die Schäden durch Diebstahl, Sturm, Hagel oder Wildunfälle abdeckt, und die Vollkaskoversicherung, die darüber hinaus auch selbstverschuldete Schäden am eigenen Fahrzeug absichert.
Ein zentraler Aspekt bei der Kaskoversicherung sind die Obliegenheiten, die Versicherte beachten müssen. Das sind Pflichten, deren Nichteinhaltung eine Leistungsfreiheit der Versicherung zur Folge haben kann. Diese Obliegenheiten sind dazu da, das Risiko eines Schadens zu minimieren und die Auszahlungsinanspruchnahme zu steuern. Beispielsweise könnte das Nichtmelden eines Unfalls oder die Missachtung von Sicherheitsvorkehrungen als Obliegenheitsverletzung gewertet werden, was im Ernstfall zu erheblichen finanziellen Nachteilen für den Versicherten führen kann.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der sich mit der Thematik der Leistungsfreiheit aufgrund einer Obliegenheitsverletzung beschäftigt und die Rechtslage detailliert analysiert.
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Der Fall vor Gericht
Streit um Kaskoversicherungsleistung nach vermeintlichem Teilediebstahl
Ein Porsche-Besitzer verklagte seine Kaskoversicherung auf Entschädigung für einen angeblichen Teilediebstahl. Der Kläger behauptete, sein Porsche 911 sei am Abend des 27.03.2014 in C3 ohne Räder und Scheinwerfer aufgefunden worden, nachdem er das Fahrzeug zuvor unversehrt abgestellt hatte.
Zweifel am Diebstahl und Obliegenheitsverletzung
Die Versicherung verweigerte die Leistung und äußerte den Verdacht einer Vortäuschung. Zudem berief sie sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung, da der Kläger sich geweigert hatte, Fragen zu beantworten und das Fahrzeug erneut untersuchen zu lassen.
Gerichtliche Untersuchung und widersprüchliche Aussagen
Das Landgericht wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren vor dem OLG Hamm wurden mehrere Zeugen vernommen und ein technisches Gutachten eingeholt. Der Kläger machte in zwei Verhandlungsterminen widersprüchliche Aussagen zur Nachbesichtigung des Fahrzeugs.
Urteil: Kein Anspruch auf Versicherungsleistung
Das OLG Hamm wies die Berufung zurück. Es sah den Diebstahl als nicht bewiesen an. Die zunächst angenommene Redlichkeitsvermutung zugunsten des Klägers wurde durch dessen widersprüchliche Aussagen widerlegt.
Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung
Unabhängig davon sei die Versicherung wegen vorsätzlicher, sogar arglistiger Obliegenheitsverletzung leistungsfrei. Der Kläger habe die vertraglich vereinbarte Pflicht zur Mitwirkung bei der Aufklärung verletzt, indem er eine erneute Untersuchung des Fahrzeugs verweigerte.
Wirksamkeit der Versicherungsbedingungen
Das Gericht hielt die Regelung zur Leistungsfreiheit in den Versicherungsbedingungen für wirksam, auch ohne expliziten Hinweis auf § 28 Abs. 4 VVG. Die Bedingungen seien nicht als Abweichung vom Gesetz zu verstehen und ausreichend transparent.
Keine Revision zugelassen
Eine Revision wurde nicht zugelassen, da die Klage bereits mangels Nachweises des Diebstahls abzuweisen war. Die Rechtsfragen zur Wirksamkeit der Versicherungsbedingungen waren für die Entscheidung nicht erheblich.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Mitwirkungspflichten des Versicherungsnehmers bei der Schadensaufklärung. Die Weigerung, eine erneute Untersuchung des Fahrzeugs zuzulassen, wurde als arglistige Obliegenheitsverletzung gewertet, die zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt. Zudem zeigt der Fall, dass widersprüchliche Aussagen des Versicherungsnehmers die Redlichkeitsvermutung widerlegen und den Anspruch gefährden können. Die Entscheidung stärkt die Position der Versicherer bei der Abwehr möglicherweise vorgetäuschter Schadensfälle.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Fahrzeugbesitzer mit Kaskoversicherung müssen Sie im Schadensfall besonders vorsichtig sein. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung Ihrer Mitwirkungspflichten bei der Schadensaufklärung. Verweigern Sie eine vom Versicherer geforderte Untersuchung Ihres Fahrzeugs, riskieren Sie den vollständigen Verlust Ihres Versicherungsschutzes – selbst wenn der Schaden tatsächlich eingetreten ist. Widersprüchliche Aussagen können zudem Ihre Glaubwürdigkeit untergraben. Um Ihre Ansprüche zu wahren, sollten Sie im Schadensfall transparent und kooperativ mit Ihrem Versicherer zusammenarbeiten, alle angeforderten Informationen bereitstellen und Untersuchungen ermöglichen. Holen Sie im Zweifelsfall rechtlichen Rat ein, bevor Sie eine Mitwirkung verweigern.
FAQ – Häufige Fragen
Sie haben Fragen zu Ihrer Kaskoversicherung und den damit verbundenen Obliegenheiten? Wir haben Antworten! In dieser FAQ-Rubrik finden Sie wichtige Informationen über Ihre Versicherungspolice und Ihre Rechte und Pflichten im Schadensfall.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was sind Obliegenheiten in der Kaskoversicherung und warum sind sie wichtig?
- Wie kann man sich als Versicherungsnehmer bei einem Schadensfall korrekt verhalten?
- Welche Konsequenzen kann eine Obliegenheitsverletzung für den Versicherungsschutz haben?
- Wie können Versicherungsnehmer die Wirksamkeit von Klauseln in ihren Versicherungsbedingungen überprüfen?
- Was können Versicherungsnehmer tun, wenn die Versicherung die Leistung verweigert?
Was sind Obliegenheiten in der Kaskoversicherung und warum sind sie wichtig?
Obliegenheiten in der Kaskoversicherung sind vertraglich festgelegte Verhaltensregeln und Pflichten, die der Versicherungsnehmer zu beachten hat. Diese Verhaltensvorschriften dienen dazu, das versicherte Risiko zu minimieren und den Versicherer vor vermeidbaren Schäden zu schützen. Im Gegensatz zu echten Rechtspflichten können Obliegenheiten nicht eingeklagt werden, ihre Verletzung kann jedoch erhebliche Konsequenzen für den Versicherungsschutz haben.
Zu den typischen Obliegenheiten in der Kaskoversicherung gehören beispielsweise die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Fahrzeugschlüssel, die regelmäßige Wartung des Fahrzeugs oder die unverzügliche Meldung eines Schadensfalls. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, diese Obliegenheiten zu erfüllen, um seinen Anspruch auf Versicherungsleistungen nicht zu gefährden.
Die Wichtigkeit von Obliegenheiten ergibt sich aus ihrer rechtlichen Wirkung: Bei einer Obliegenheitsverletzung kann der Versicherer berechtigt sein, seine Leistung zu kürzen oder sogar vollständig zu verweigern. Das Ausmaß der Leistungskürzung hängt dabei von der Schwere des Verschuldens ab. Bei vorsätzlicher Verletzung einer Obliegenheit kann der Versicherer die Leistung komplett verweigern, während bei grober Fahrlässigkeit eine Kürzung entsprechend der Schwere des Verschuldens erfolgt.
Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die Bedeutung: Lässt ein Versicherungsnehmer seinen Autoschlüssel im Fahrzeug liegen und wird das Auto gestohlen, kann der Versicherer die Leistung möglicherweise verweigern oder kürzen, da eine Obliegenheit zur sorgfältigen Verwahrung der Schlüssel verletzt wurde.
Die gesetzliche Grundlage für Obliegenheiten und ihre Rechtsfolgen findet sich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere in den §§ 28 und 82 VVG. Diese Paragraphen regeln die Rechte des Versicherers bei Obliegenheitsverletzungen vor und nach dem Versicherungsfall.
Für Versicherungsnehmer ist es essenziell, die in ihrem Vertrag festgelegten Obliegenheiten genau zu kennen und zu befolgen. Dies schützt nicht nur vor finanziellen Nachteilen im Schadensfall, sondern trägt auch zur Risikominimierung bei. Versicherer sind verpflichtet, ihre Kunden klar und verständlich über die bestehenden Obliegenheiten zu informieren.
Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren die Anforderungen an Obliegenheiten präzisiert. So müssen diese für den Versicherungsnehmer zumutbar und verhältnismäßig sein. Gerichte prüfen im Streitfall genau, ob eine Obliegenheitsverletzung tatsächlich vorliegt und ob die vom Versicherer gezogenen Konsequenzen angemessen sind.
Obliegenheiten in der Kaskoversicherung dienen somit als wichtiges Instrument zur Risikosteuerung und -verteilung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Sie schaffen einen Anreiz für den Versicherungsnehmer, sorgsam mit dem versicherten Gut umzugehen und im Schadensfall kooperativ zu handeln. Gleichzeitig ermöglichen sie dem Versicherer, das übernommene Risiko zu begrenzen und Versicherungsbetrug vorzubeugen.
Wie kann man sich als Versicherungsnehmer bei einem Schadensfall korrekt verhalten?
Bei einem Schadensfall ist es für Versicherungsnehmer entscheidend, sich korrekt zu verhalten, um ihre Ansprüche zu wahren und mögliche Obliegenheitsverletzungen zu vermeiden. Das richtige Vorgehen umfasst mehrere wichtige Schritte.
Zunächst ist es von höchster Bedeutung, den Schaden unverzüglich der Versicherung zu melden. Dies sollte idealerweise innerhalb weniger Tage nach Schadenseintritt oder Kenntnisnahme erfolgen. Viele Versicherungsverträge enthalten spezifische Fristen für die Schadensmeldung, deren Nichteinhaltung zu Leistungskürzungen oder sogar zur vollständigen Leistungsverweigerung führen kann.
Bei der Schadensmeldung ist es wichtig, alle relevanten Informationen so detailliert und präzise wie möglich anzugeben. Dazu gehören der genaue Zeitpunkt und Ort des Schadensereignisses, eine Beschreibung des Schadenhergangs sowie eine erste Einschätzung der Schadenshöhe. Es empfiehlt sich, Fotos oder Videos vom Schaden anzufertigen, um die Situation zu dokumentieren.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Schadensminderungspflicht. Versicherungsnehmer sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles zu unternehmen, um den Schaden zu begrenzen oder eine Verschlimmerung zu verhindern. Dies könnte beispielsweise bedeuten, bei einem Wasserschaden die Hauptwasserleitung abzustellen oder bei einem Einbruch beschädigte Fenster oder Türen provisorisch zu sichern.
Es ist ratsam, keine voreiligen Schuldeingeständnisse abzugeben, insbesondere bei Haftpflichtschäden. Solche Äußerungen könnten die Position des Versicherers in späteren Verhandlungen oder rechtlichen Auseinandersetzungen schwächen.
Versicherungsnehmer sollten sämtliche schadensbezogene Unterlagen sorgfältig aufbewahren. Dazu zählen Rechnungen für Reparaturen oder Ersatzbeschaffungen, ärztliche Atteste bei Personenschäden sowie jegliche Korrespondenz mit der Versicherung oder anderen beteiligten Parteien.
Es ist wichtig, der Versicherung gegenüber stets wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Falsche oder irreführende Informationen können als Versicherungsbetrug gewertet werden und schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Bei komplexeren Schadensfällen kann es sinnvoll sein, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Viele Versicherungen bieten diesen Service an oder übernehmen die Kosten dafür. Ein unabhängiger Experte kann bei der genauen Schadensermittlung und -bewertung helfen.
Versicherungsnehmer sollten alle Anweisungen und Fragen der Versicherung zeitnah und vollständig beantworten. Eine kooperative Haltung kann den Schadensregulierungsprozess erheblich beschleunigen.
In manchen Fällen, insbesondere bei Verdacht auf eine Straftat wie Einbruch oder Vandalismus, ist es erforderlich, umgehend die Polizei zu informieren und eine Anzeige zu erstatten. Das polizeiliche Protokoll kann für die Schadensregulierung wichtig sein.
Bei größeren Schäden oder Unklarheiten bezüglich der Versicherungsleistungen kann es ratsam sein, sich juristischen Beistand zu suchen. Ein auf Versicherungsrecht spezialisierter Anwalt kann die Interessen des Versicherungsnehmers vertreten und bei Streitigkeiten mit der Versicherung unterstützen.
Durch die Beachtung dieser Verhaltensregeln können Versicherungsnehmer ihre Chancen auf eine reibungslose und faire Schadensregulierung deutlich verbessern.
Welche Konsequenzen kann eine Obliegenheitsverletzung für den Versicherungsschutz haben?
Eine Obliegenheitsverletzung kann erhebliche Auswirkungen auf den Versicherungsschutz haben. Obliegenheiten sind vertraglich festgelegte Verhaltensregeln, die der Versicherungsnehmer zu beachten hat. Bei Verletzung dieser Pflichten drohen dem Versicherten verschiedene Konsequenzen, die von einer teilweisen bis hin zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers reichen können.
Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regelt die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen in den §§ 28 und 37. Grundsätzlich gilt: Je schwerwiegender die Obliegenheitsverletzung, desto gravierender die Konsequenzen für den Versicherungsschutz.
Bei einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung befreit. Das bedeutet, der Versicherte verliert seinen Anspruch auf Versicherungsschutz vollständig. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn ein Versicherter bewusst falsche Angaben zum Schadenshergang macht, um einen nicht versicherten Schaden abzudecken.
Bei grober Fahrlässigkeit kann der Versicherer seine Leistung entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen. Die Kürzung kann bis zu 100% betragen, was faktisch einer vollständigen Leistungsfreiheit gleichkommt. Ein Beispiel für grobe Fahrlässigkeit wäre, wenn ein Hausbesitzer trotz mehrfacher Aufforderung durch den Versicherer es unterlässt, ein schadhaftes Dach zu reparieren, wodurch es zu einem Wasserschaden kommt.
Bei einfacher Fahrlässigkeit bleibt der Versicherungsschutz in der Regel bestehen. Allerdings kann der Versicherer den Vertrag unter Umständen kündigen oder die Prämie erhöhen.
Wichtig ist: Der Versicherer muss beweisen, dass eine Obliegenheitsverletzung vorliegt und dass diese vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wurde. Zudem muss der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss in Textform auf die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung hingewiesen haben.
Eine weitere bedeutende Einschränkung findet sich in § 28 Abs. 3 VVG: Der Versicherer bleibt zur Leistung verpflichtet, soweit die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Dies gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
In der Praxis führt dies dazu, dass Versicherer häufig nur teilweise leistungsfrei werden, da oft kein vollständiger Kausalzusammenhang zwischen der Obliegenheitsverletzung und dem Schaden besteht. Ein Beispiel: Wenn ein Autofahrer alkoholisiert einen Unfall verursacht, aber nachgewiesen werden kann, dass der Unfall auch ohne Alkoholeinfluss passiert wäre, muss die Versicherung zumindest teilweise leisten.
Bestimmte Obliegenheiten, wie die Anzeigepflicht bei Gefahrerhöhungen oder die Auskunftspflicht im Schadensfall, sind besonders kritisch. Ihre Verletzung kann schnell zu einer erheblichen Einschränkung oder zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.
Wie können Versicherungsnehmer die Wirksamkeit von Klauseln in ihren Versicherungsbedingungen überprüfen?
Versicherungsnehmer haben verschiedene Möglichkeiten, die Wirksamkeit von Klauseln in ihren Versicherungsbedingungen zu überprüfen. Eine grundlegende Methode ist die Prüfung der Transparenz und Verständlichkeit der Klauseln. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann eine unangemessene Benachteiligung sich auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Klauseln müssen für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich formuliert sein.
Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Angemessenheit der Klauseln. Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Versicherungsnehmer sollten prüfen, ob Klauseln ihre Rechte unverhältnismäßig einschränken oder ob sie im Einklang mit dem Vertragszweck stehen.
Die Überraschungsklausel des § 305c Abs. 1 BGB ist ein weiterer Ansatzpunkt für die Überprüfung. Demnach werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Versicherungsnehmer sollten besonders auf Klauseln achten, die vom üblichen Vertragsinhalt abweichen oder an unerwarteter Stelle platziert sind.
Eine praktische Möglichkeit zur Überprüfung bietet der Vergleich mit Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Diese Musterbedingungen werden regelmäßig aktualisiert und berücksichtigen die aktuelle Rechtsprechung. Weichen die individuellen Versicherungsbedingungen erheblich von diesen Musterbedingungen ab, kann dies ein Indiz für möglicherweise unwirksame Klauseln sein.
Versicherungsnehmer können auch die Rechtsprechung zu ähnlichen Klauseln recherchieren. Insbesondere Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Versicherungsbedingungen geben wichtige Hinweise auf die rechtliche Beurteilung bestimmter Klauseltypen. Die Datenbank des BGH oder juristische Fachdatenbanken bieten Zugang zu relevanten Urteilen.
In komplexeren Fällen oder bei Unsicherheiten empfiehlt sich die Konsultation einer Verbraucherzentrale. Diese bieten oft kostengünstige Beratungen zu Versicherungsverträgen an und können auf problematische Klauseln hinweisen. Verbraucherzentralen verfügen über Experten, die sich auf die Prüfung von Versicherungsbedingungen spezialisiert haben.
Bei der Prüfung sollten Versicherungsnehmer besonders auf Ausschlussklauseln, Obliegenheiten und Fristen achten. Diese Bereiche sind häufig Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Klauseln, die den Versicherungsschutz stark einschränken oder dem Versicherungsnehmer unverhältnismäßige Pflichten auferlegen, sind kritisch zu betrachten.
Eine weitere Möglichkeit zur Überprüfung bietet der Vergleich mit Konkurrenzangeboten. Weichen die Bedingungen eines Versicherers deutlich von marktüblichen Standards ab, kann dies ein Hinweis auf möglicherweise unwirksame Klauseln sein. Versicherungsnehmer sollten mehrere Angebote einholen und die Bedingungen vergleichen.
Was können Versicherungsnehmer tun, wenn die Versicherung die Leistung verweigert?
Wenn eine Versicherung die Leistung verweigert, stehen dem Versicherungsnehmer mehrere Handlungsoptionen zur Verfügung. Zunächst ist es ratsam, die Ablehnungsgründe der Versicherung genau zu prüfen und alle relevanten Unterlagen sorgfältig zu sichten. Oft basieren Ablehnungen auf Missverständnissen oder fehlenden Informationen, die durch eine detaillierte Nachfrage geklärt werden können.
Der erste Schritt besteht in der Regel darin, Widerspruch gegen die Entscheidung der Versicherung einzulegen. Dies sollte schriftlich und innerhalb der angegebenen Frist erfolgen. Im Widerspruchsschreiben sollten die Gründe für den Anspruch klar dargelegt und mit entsprechenden Belegen untermauert werden. Es empfiehlt sich, alle Kommunikation mit der Versicherung schriftlich zu führen und Kopien aller Dokumente aufzubewahren.
Führt der Widerspruch nicht zum gewünschten Ergebnis, kann der Versicherungsnehmer ein Ombudsmannverfahren in Betracht ziehen. Der Versicherungsombudsmann ist eine neutrale und kostenlose Schlichtungsstelle für Streitigkeiten zwischen Versicherungsunternehmen und ihren Kunden. Dieses Verfahren ist für Verbraucher unverbindlich, während die Entscheidungen des Ombudsmanns bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro für die Versicherungsunternehmen bindend sind.
Eine weitere Option ist die Einschaltung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die BaFin überwacht die Versicherungsunternehmen und kann bei Beschwerden vermittelnd tätig werden. Allerdings kann sie keine rechtsverbindlichen Entscheidungen treffen.
Als letztes Mittel steht dem Versicherungsnehmer der Klageweg offen. Vor Gericht kann der Anspruch auf die Versicherungsleistung eingeklagt werden. Hierbei ist zu beachten, dass ein Gerichtsverfahren mit Kosten und Risiken verbunden ist. Es empfiehlt sich daher, vorher rechtlichen Rat einzuholen, um die Erfolgsaussichten einer Klage einschätzen zu können.
Bei komplexen Fällen oder hohen Streitwerten kann die Beauftragung eines auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalts sinnvoll sein. Ein Fachanwalt kann die Erfolgsaussichten besser einschätzen und den Versicherungsnehmer bei allen Schritten professionell unterstützen.
Es ist wichtig zu beachten, dass für Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag Verjährungsfristen gelten. In der Regel beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Versicherungsnehmer von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.
In manchen Fällen kann auch eine außergerichtliche Einigung mit der Versicherung angestrebt werden. Hierbei können beide Parteien einen Kompromiss finden, der für alle Beteiligten akzeptabel ist. Dies kann Zeit und Kosten sparen und zu einer schnelleren Lösung führen.
Bei der Wahl der geeigneten Vorgehensweise sollten Versicherungsnehmer die Verhältnismäßigkeit beachten. Der Aufwand und die potenziellen Kosten sollten in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe der verweigerten Leistung stehen. In jedem Fall ist es ratsam, ruhig und sachlich vorzugehen und alle Schritte gut zu dokumentieren.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Leistungsfreiheit: Dies bedeutet, dass die Versicherung nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet ist. Dies kann verschiedene Gründe haben, wie z. B. eine Obliegenheitsverletzung durch den Versicherungsnehmer oder den Ausschluss bestimmter Schäden in den Versicherungsbedingungen. Im vorliegenden Fall wurde die Leistungsfreiheit aufgrund einer Obliegenheitsverletzung festgestellt.
- Obliegenheitsverletzung: Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer gegen eine Pflicht verstößt, die ihm im Versicherungsvertrag auferlegt wurde. Diese Pflichten dienen dazu, das Risiko eines Schadens zu minimieren oder die Aufklärung eines Schadensfalls zu erleichtern. Ein Beispiel für eine Obliegenheitsverletzung ist die Nichtmeldung eines Schadens an den Versicherer. Im vorliegenden Fall verweigerte der Kläger die erneute Untersuchung seines Fahrzeugs, was als Obliegenheitsverletzung gewertet wurde.
- Arglist: Arglist bedeutet, dass jemand vorsätzlich eine andere Person täuscht, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Im Versicherungsrecht kann Arglist vorliegen, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer über den Eintritt oder die Ursache eines Schadens täuscht, um eine Versicherungsleistung zu erhalten. Im vorliegenden Fall wurde die Obliegenheitsverletzung des Klägers als arglistig bewertet, da er bewusst die Untersuchung seines Fahrzeugs verweigerte.
- Redlichkeitsvermutung: Die Redlichkeitsvermutung ist ein juristisches Prinzip, das besagt, dass der Versicherungsnehmer grundsätzlich als ehrlich angesehen wird. Das bedeutet, dass im Zweifelsfall davon ausgegangen wird, dass der Versicherungsnehmer den Schaden nicht vorsätzlich verursacht oder übertrieben dargestellt hat. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn der Versicherer Beweise für das Gegenteil vorlegt. Im vorliegenden Fall wurden die widersprüchlichen Aussagen des Klägers als Indiz für eine mögliche Vortäuschung gewertet, was die Redlichkeitsvermutung widerlegte.
- Mitwirkungspflicht: Die Mitwirkungspflicht ist eine wichtige Obliegenheit des Versicherungsnehmers. Sie bedeutet, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, den Versicherer bei der Aufklärung des Versicherungsfalls zu unterstützen. Dazu gehört beispielsweise die Meldung des Schadens, die Beantwortung von Fragen des Versicherers und die Ermöglichung einer Untersuchung des beschädigten Gegenstands. Im vorliegenden Fall hat der Kläger seine Mitwirkungspflicht verletzt, indem er die Untersuchung seines Fahrzeugs verweigerte.
- Vortäuschung: Eine Vortäuschung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer einen Schaden vortäuscht oder übertreibt, um eine Versicherungsleistung zu erhalten. Dies ist eine schwere Vertragsverletzung und kann zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen. Im vorliegenden Fall äußerte der Versicherer den Verdacht, dass der Kläger den Diebstahl der Fahrzeugteile vorgetäuscht haben könnte.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 28 Abs. 4 VVG (Vertragsverletzung und Obliegenheitsverletzung): Diese Vorschrift regelt die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalls, insbesondere die Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Versicherers. Im vorliegenden Fall hat der Kläger diese Obliegenheit verletzt, indem er die erneute Untersuchung des Fahrzeugs verweigerte und damit die Aufklärung des Versicherungsfalls behinderte.
- § 1 Abs. 1 VVG (Versicherungspflicht): Dieser Paragraph definiert den Versicherungsvertrag als einen Vertrag, bei dem der Versicherer gegen Zahlung einer Prämie einen bestimmten zukünftigen Schaden des Versicherungsnehmers übernimmt. Im konkreten Fall geht es um die Frage, ob der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Entschädigung für den behaupteten Teilediebstahl hat.
- § 26 VVG (Anzeigepflicht): Dieser Paragraph regelt die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers bei Eintritt des Versicherungsfalls. Der Versicherungsnehmer muss den Versicherer unverzüglich über den Eintritt des Versicherungsfalls informieren. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Kläger den Diebstahl rechtzeitig gemeldet hat und ob seine Angaben korrekt waren.
- § 81 VVG (Arglist): Dieser Paragraph behandelt die Rechtsfolgen einer arglistigen Täuschung des Versicherers durch den Versicherungsnehmer. Im vorliegenden Fall prüft das Gericht, ob der Kläger den Versicherer arglistig getäuscht hat, indem er einen Diebstahl vorgetäuscht hat.
- § 242 BGB (Treu und Glauben): Dieser grundlegende Paragraph des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet die Vertragsparteien, sich bei der Durchführung des Vertrags nach Treu und Glauben zu verhalten. Im Versicherungsrecht bedeutet dies, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, den Versicherer bei der Aufklärung des Versicherungsfalls zu unterstützen und keine falschen Angaben zu machen. Im vorliegenden Fall wird geprüft, ob der Kläger gegen diese Pflicht verstoßen hat.
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: I-20 U 184/15 – Urteil vom 09.08.2017
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
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Die Berufung des Klägers gegen das am 16.07.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Kaskoversicherung auf Entschädigung für einen behaupteten Teilediebstahl an einem Porsche 911 in Anspruch.
Die vereinbarten Versicherungsbedingungen entsprechen, soweit relevant, den Musterbedingungen AKB 2008 des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft.
Das versicherte Kraftfahrzeug stand am späten Abend des 27.03.2014 ohne Räder und Scheinwerfer auf dem Gehweg x-straße ## in C3.
Der Kläger hat behauptet: Er habe den Porsche dort gegen 20.00 Uhr unversehrt stehen gelassen, nachdem er in der dort von ihm angemieteten Garage gearbeitet habe, und sei zu seiner Freundin, der Zeugin O, in Bad P gefahren. Gegen 23.00 Uhr habe er dort einen anonymen Anruf auf seinem Mobiltelefon erhalten. Der Anrufer habe gesagt „Porsche weg Felgen Backsteine“. Der Kläger habe sich dann mit dem Pkw der Zeugin O auf den Weg gemacht und sei ca. 20 Minuten später am Abstellplatz eingetroffen. Ein Dritter oder Dritte hätten ohne seine Beteiligung Räder und Scheinwerfer entwendet. Er, der Kläger, habe den Porsche danach in Eigenleistung repariert und in einer Werkstatt lackieren lassen.
In dem Gespräch bei seinem vormaligen Rechtsanwalt N am 23.06.2014 habe der von der Beklagten beauftragte Zeuge M erstmals eine Nachbesichtigung des versicherten Fahrzeugs gefordert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Er trägt unter anderem vor:
Er habe sich trotz seines – unstreitig – geringen Lohnes den Porsche leisten können, und zwar neben einem Kleinwagen.
Er habe auch sonst gelegentlich den Porsche nicht in der gemieteten Garage oder auf dem durch ein Tor geschlossenen Hof vor der Garage abgestellt, sondern auf dem Gehweg an der Straße. Die Garage sei an diesem Abend voll gewesen.
Der Kläger beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31.472,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.07.2014 sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 749,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen; hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.533,61 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.07.2014 sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 490,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreitet einen Teilediebstahl und macht geltend, eine Vortäuschung durch den Kläger sei erheblich wahrscheinlich.
Zudem beruft sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit. Der Kläger habe arglistig seine Obliegenheiten verletzt, indem er sich – was unstreitig ist – geweigert habe, Fragen des von der Beklagten Beauftragten, M, zu beantworten und das Fahrzeug näher untersuchen zu lassen.
Der Senat hat im Termin am 06.04.2016 den Kläger angehört, die Zeugen O, C und C2 vernommen und dann (im Hinblick auf die Frage nach der Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung) ein technisches Gutachten des Sachverständigen S eingeholt.
Der Kläger hat in diesem ersten Termin unter anderem erklärt, der von der Beklagten beauftragten Zeuge M habe im Gespräch mit seinem vormaligen Rechtsanwalt N eine Nachbesichtigung des Fahrzeugs verlangt, als sich dieses in einer Werkstatt befunden habe. Er habe den Standort des Wagens nicht mitteilen wollen, weil er befürchtet habe, der Zeuge M werde den Werkstattbetreiber gegen sich aufbringen. Sein Rechtsanwalt habe ihm dazu gesagt, er müsse den Wagen nicht ein zweites Mal vorführen. Darauf habe er vertraut.
Im Termin am 12.07.2017 hat der Senat erneut den Kläger angehört. Der Kläger hat zur Frage der vom Zeugen M geforderten Nachbesichtigung erklärt, sein damaliger Rechtsanwalt habe ihm zunächst von einer Nachbesichtigung des Fahrzeugs abgeraten. Nach dem Gespräch mit dem Zeugen M am 23.06.2014 habe Rechtsanwalt N dann jedoch seine Meinung geändert und ihm geraten, das Fahrzeug erneut besichtigen zu lassen. Die Beklagte müsse die Möglichkeit haben, durch Untersuchung des Fahrzeugs etwaige für die Beklagte günstige Umstände zu ermitteln. Das habe er indes nicht gewollt, weil er sich vom Zeugen M schikaniert gefühlt habe. Deshalb habe er das Fahrzeug nicht nachbesichtigen lassen. Später sei Rechtsanwalt N ihm dann auch wieder beigetreten und habe sich mit ihm auf den Standpunkt gestellt, er sei zu einer Nachbesichtigung nicht verpflichtet.
Nachdem der Senat darauf hingewiesen hatte, dass hiernach die Klage schon wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers unbegründet sein dürfte, und die Verhandlung unterbrochen worden war, damit der Kläger sich mit seinem Prozessbevollmächtigten über die Möglichkeit eines Vergleichs beraten konnte, hat der Kläger erklärt: Er sei soeben sehr nervös gewesen und habe das Geschehen nicht korrekt dargestellt. Tatsächlich sei im Gespräch am 23.06.2014 eine Besichtigung noch gar nicht vereinbart worden. Den von Rechtsanwalt N im Schreiben vom 24.06.2014 bestätigten Besichtigungstermin habe er abgesagt, weil er am 25.06.2014 keine Zeit gehabt habe. Danach habe Rechtsanwalt N ihm von einer Nachbesichtigung abgeraten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verhandlungsprotokolle, den Berichterstattervermerk zum Termin am 06.04.2016 und das Gutachten des Sachverständigen S vom 22.12.2016 Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch besteht nicht, so dass die Klage weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg hat.
1.
Der geltend gemachte Versicherungsfall „Diebstahl“ ist nicht bewiesen.
Den Vollbeweis für einen Diebstahl kann der Kläger nicht führen. Aber auch das so genannte äußere Bild eines Teilediebstahls ist nicht erwiesen (vgl. zu dieser Beweiserleichterung für den Versicherungsnehmer etwa Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, AERB § 1 Rn. 52 ff. mit weiteren Nachweisen).
a)
Das äußere Bild ist nicht durch Zeugen bewiesen.
aa)
Schon das unversehrte Abstellen und Zurücklassen des Porsche durch den Kläger (vor einem späteren Auffinden in beschädigtem Zustand) ist nicht durch Zeugen bewiesen.
Allerdings hat der vom Kläger zum Termin am 06.04.2016 gestellte Zeuge C ausgesagt, dass er beim Herunterlassen eines Rollos in einem zur Straße gelegenen Raum des von ihm bewohnten Hauses x-straße ## am Abend des 27.03.2014 gegen 20.00 Uhr gesehen habe, dass das versicherte Fahrzeug unversehrt vor dem Haus abgestellt gewesen sei.
Unabhängig davon, dass zweifelhaft ist, ob der Zeuge von seinem angegebenen Standort am Fenster des Hauses überhaupt wahrgenommen hat, ob die Räder des unmittelbar davor abgestellten Fahrzeugs noch montiert waren, genügt diese Aussage nicht.
Der Zeuge hat keine Aussage dazu treffen können, in welchem Zustand der Porsche war, als der Kläger das Fahrzeug zurückließ. Es ist nach Aussage durchaus möglich, dass der Kläger nach der Beobachtung durch den Zeugen noch – allein oder mit einem Dritten – Veränderungen vornahm.
bb)
Unabhängig davon, ist das äußere Bild auch deshalb nicht durch Zeugen bewiesen, weil sich aufgrund der Aussagen nicht feststellen lässt, dass der Porsche ohne Räder und Scheinwerfer war, als der Kläger zu dem Porsche zurückkam.
Der Zeuge C hat bekundet, erst am nächsten Morgen gegen 6.45 Uhr vor dem Haus gesehen zu haben, dass der Wagen ohne Räder aufgebockt gewesen sei. Ob der Kläger den Wagen in diesem Zustand wieder aufgefunden hat, hat der Zeuge nicht beobachtet.
Auch der Zeuge C2 hat keine Beobachtungen dazu gemacht, in welchem Zustand der Kläger den Wagen wieder aufgefunden hat. Vielmehr will der Zeuge C2 die Beschädigungen am Fahrzeug erst wahrgenommen haben, als der Kläger bereits am Abstellort eingetroffen war. Dazu hat der Zeuge C2, wie die erneute Vernehmung des Zeugen vor dem Senat ergeben hat, im Übrigen auch keine irgendwie verlässlichen Zeitangaben machen können.
b)
Auch durch die eigenen Angaben des Klägers ist das äußere Bild nicht erwiesen.
aa)
Allerdings ist der Senat nach der Anhörung des Klägers im ersten Termin zunächst zu dem – vorläufigen – Ergebnis gelangt, dass die für den Kläger streitende Redlichkeitsvermutung nicht erschüttert und das äußere Bild daher durch die Angaben des Klägers erwiesen sei (vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Februar 1996 – IV ZR 300/94, Rn. 10-12, BGHZ 132, 79, zitiert – wie alle Entscheidungen – nach juris; seitdem ständige Rechtsprechung; die in Betracht kommenden Zeugen hat der Senat zuvor vernommen).
Dazu gilt: Der Kläger erklärte, nachdem die Beklagte Leistungen abgelehnt hatte, in einem Schreiben an deren Vorstand – wahrheitswidrig –, er habe sich wegen der Leistungsablehnung einen anderen Wagen kaufen müssen, um zur Arbeitsstätte zu gelangen. Tatsächlich hatte er stets seinen Zweitwagen zur Verfügung. Dies genügt nach Auffassung des Senats aber nicht zur Erschütterung der Redlichkeitsvermutung.
bb)
Nach den Erklärungen des Klägers im zweiten Termin kann der Senat an dieser Beurteilung zur Redlichkeitsvermutung indes nicht mehr festhalten. Vielmehr ist die Vermutung widerlegt. Die eigenen Angaben genügen daher zum Beweis eines Diebstahls nicht.
(1)
Der Senat ist ohne vernünftige Zweifel davon überzeugt, dass der Kläger im zweiten Termin nach der Unterbrechung der Verhandlung bewusst die Unwahrheit sagte, um seiner Klage zum Erfolg verhelfen.
Das Geschehen um die Weigerung einer Untersuchung war bereits im ersten Termin vor dem Senat Gegenstand der Anhörung des Klägers. Die Beklagte hat es dann schriftsätzlich nochmals im Detail aufgegriffen. Die Erklärungen des Klägers im zweiten Termin vor der Unterbrechung waren ausführlich, anschaulich, klar und ruhig. Der Kläger berichtete ausdrücklich, er habe sich trotz der entgegenstehenden Beurteilung der Rechtslage durch seinen Rechtsanwalt entschlossen, eine Untersuchung des Fahrzeugs nicht zuzulassen. Es besteht für den Senat kein vernünftiger Grund, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln. Der Kläger hat insbesondere nachvollziehbar dargelegt, weshalb er eine Nachbesichtigung durch den Zeugen M verweigerte. Ihm seien die Nachforschungen des Zeugen schlicht „zuviel“ gewesen, nachdem dieser ihm im Gespräch bei seinem Rechtsanwalt eine Stunde lang „wirre Fragen“ gestellt habe. Diese Haltung entspricht der Darstellung des Klägers im ersten Senatstermin, nach der es ihm „zu blöd“ gewesen sei, den Forderungen des Herrn M nachzugeben.
Die anschließende Behauptung des Klägers (nach der Unterbrechung), er habe vor der Unterbrechung das Geschehen „aus Nervosität“ nicht richtig dargestellt, und seine dann abweichende Schilderung sind nach Überzeugung des Senats bewusst wahrheitswidrig gewesen und haben zum Ziel gehabt, der Klage mit dieser unwahren Schilderung zum Erfolg zu verhelfen.
Es ist nicht nachvollziehbar, wie es auf „Nervosität“ (oder sonst einer Fehlleistung des Klägers) beruhen soll, dass der Kläger vor der Unterbrechung den Hergang – wie er dann behauptet hat – falsch darstellte. Denn seine Angaben vor der Unterbrechung waren, wie gesagt, ausführlich, anschaulich, klar und ruhig. Der Kläger berichtete – in Reaktion auch auf konkrete Vorhaltungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten – einen Hergang, welcher ungewöhnlich ist (Nichtbefolgen des anwaltlichen Rats). Auch wich der Kläger erklärtermaßen von seinen früheren Aussagen im ersten Termin ab, indem er erklärte, sein Rechtsanwalt habe ihm nach dem Gespräch mit dem Zeugen M ausdrücklich zur Nachbesichtigung geraten. Der Senat schließt es mit der für ein positives Beweisergebnis nötigen Sicherheit aus, dass der Kläger vor der Unterbrechung einen solchen Hergang in solcher Weise – durch irgendeine Fehlleistung – im Kern falsch darstellte.
(2)
Die Redlichkeitsvermutung ist damit widerlegt.
Der Kläger hat bei seiner Schilderung nach der Unterbrechung vor Gericht bewusst die Unwahrheit gesagt, um zu versuchen, seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen. Dies begründet im Streitfall insgesamt (jedenfalls) schwerwiegende Zweifel an der Redlichkeit und Glaubwürdigkeit des Klägers.
Der Senat ist sich dabei bewusst, dass nicht etwa jede unrichtige Angabe, auch nicht vor Gericht, die Redlichkeitsvermutung widerlegt (vgl. bereits oben aa) und der Kläger möglicherweise meint, einen Anspruch gegen die Beklagte zu haben. Trotzdem kann dem Kläger nach dieser Unwahrheit vor Gericht die Vermutung nicht mehr zugute kommen. Der Senat hat keinen Anhalt dafür, dass der Kläger nur bereit war, vor Gericht die Unwahrheit zu sagen, nicht aber, einen Diebstahl vorzutäuschen.
2.
Unabhängig von dem Vorstehenden gilt:
Die Beklagte ist leistungsfrei, weil der Kläger vorsätzlich, ja sogar arglistig, die Obliegenheit verletzt hat, das Fahrzeug (nach einer ersten Begutachtung durch einen Sachverständigen der Dekra, insbesondere zur Schadenshöhe) von der Beklagten noch einmal näher untersuchen zu lassen (§ 28 VVG, E.1 der vereinbarten AKB).
a)
Die Obliegenheit ist vereinbart in E. 1.3 der vereinbarten AKB. (Zur Frage der Wirksamkeit der Regelung über die Leistungsfreiheit sogleich unter c.)
b)
Der Kläger hat die Obliegenheit vorsätzlich, ja sogar arglistig, verletzt.
aa)
Vorsatz ist gegeben:
Der Kläger wusste, wie er selbst vor dem Senat erklärt hat, dass er nach dem Versicherungsvertrag an sich gehalten war, an der Aufklärung mitzuwirken und eine nähere Untersuchung des Fahrzeugs zuzulassen.
Der Kläger kann sich, wie aus dem Vorstehenden folgt, nicht mit Erfolg auf einen Rat seines Rechtsanwalts berufen. Die von ihm vorgebrachte „Entschuldigung“ trägt somit nicht.
Ob der Rechtsanwalt des Klägers später Anderes erklärte, kann dahinstehen. Dies würde die vorausgegangene Obliegenheitsverletzung nicht entschuldigen.
bb)
Der Senat ist auch ohne vernünftigen Zweifel davon überzeugt, dass der Kläger billigend in Kauf nahm, dass durch die Nichtzulassung einer weiteren Untersuchung des Fahrzeugs die Beklagte einen Nachteil bei der Aufklärung des Sachverhalts erfährt.
Dem Kläger war bewusst, dass die Beklagte Tatsachen ermitteln wollte, welche ihr bei der Wahrnehmung ihrer Rechte helfen würden. Auch wenn der Kläger (wie der Senat hier zu dessen Gunsten unterstellt) wusste, dass ein Dritter die in Rede stehenden Teile ohne Schlüssel aus dem geschlossenen Fahrzeug entwendete, konnte der Kläger ersichtlich nicht ausschließen und schloss nach Überzeugung des Senats auch nicht aus, dass die Beklagte bei einer weiteren Untersuchung solche Tatsachen, etwa eine auffällige Begehungsweise, finden würde. Sein Rechtsanwalt hatte ihm erklärt, dass die Beklagte die Möglichkeit haben müsse, nach solchen Tatsachen zu suchen.
Damit ist auch Arglist gegeben.
c)
Ob die Obliegenheitsverletzung für die Entscheidung der Beklagten folgenlos geblieben ist, ist wegen der arglistigen Obliegenheitsverletzung unerheblich (§ 28 Abs. 3 Satz 2 VVG). Solche Folgenlosigkeit lässt sich aber auch nicht feststellen, wie aus dem soeben Gesagten bereits folgt.
d)
Die Beklagte ist hiernach leistungsfrei. Dazu gilt:
aa)
Die Regelung zur Leistungsfreiheit in E.6 der vereinbarten AKB ist wirksam.
Dies gilt, auch wenn dort auf § 28 Abs. 4 VVG nicht hingewiesen wird. (Nach dieser Vorschrift setzt Leistungsfreiheit bei Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall ggf. eine vorherige Belehrung des Versicherungsnehmers in Textform voraus.)
Der Senat hält fest an der, soweit ersichtlich, bisher einheitlichen Rechtsprechung (vgl. auch, offenbar zu gleichlautenden AVB, BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11, VersR 2013, 175). Er folgt nicht dem Urteil des LG Berlin vom 2. Dezember 2016 (42 O 199/16, r+s 2017, 344 mit ablehnender Anmerkung Schreiner = zfs 2017, 273 mit wohl zweifelnder Anmerkung Rixecker).
(1)
Die Regelung in E.6 AKB weicht nicht im Sinne von § 32 Satz 1 VVG von der Vorschrift des § 28 VVG ab (anders LG Berlin, ebd.; Marlow, [u.a.] in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 13 Rn. 52).
Die Regelung ist von der Rechtsprechung bisher nicht dahin verstanden worden und kann nach Auffassung des Senats auch nicht dahin verstanden werden, dass sie Leistungsfreiheit anordnet unabhängig von dem gesetzlichen Erfordernis aus § 28 Abs. 4 VVG, wonach der Versicherer den Versicherungsnehmer in bestimmten Fällen durch gesonderte Mitteilung in Textform belehren muss. Vielmehr ist sie dahin zu verstehen, dass zusätzlich § 28 Abs. 4 VVG zu beachten ist; diese Vorschrift soll nicht etwa abbedungen sein.
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer (auf dessen Verständnis es für die Auslegung – jedenfalls in erster Linie – ankommt; vgl. nur BGH, Urteil vom 6. Juli 2016 – IV ZR 44/15, Rn. 17 m.w.N., BGHZ 211, 51) erwartet in einer Regelung wie E.6 AKB nicht eine wirklich vollständige Darstellung der Rechtslage einschließlich Wiedergabe aller einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Dies gilt jedenfalls in Fällen, in denen – wie hier (dazu noch sogleich) – eine solche Darstellung zumindest sehr schwierig ist.
Auch sonst besteht kein Grund, die Regelung dahin zu verstehen, dass sie von § 28 VVG abweichen soll. Die Regelung folgt dieser Vorschrift, gibt sie nur eben nicht vollständig wieder. § 28 Abs. 4 VVG soll nicht abbedungen sein.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem (vom LG Berlin angeführten) Urteil des BGH vom 2. April 2014 (IV ZR 58/13, dort Rn. 21, r+s 2015, 347).
Dieses Urteil hatte Versicherungsbedingungen aus dem Jahre 2005 zum Gegenstand, welche insgesamt noch auf den gesetzlichen Vorgaben des § 6 Abs. 3 VVG alter Fassung beruhten (vgl. ebd. Rn. 16). Die Bedingungen waren daher nach ihrem klaren, an der alten Gesetzeslage orientierten Wortlaut unter anderem dahin auszulegen, dass sie – mittlerweile gesetzeswidrig – bei grober Fahrlässigkeit volle Leistungsfreiheit des Versicherers anordneten. Und sie waren daher, wie der BGH zu Recht erklärt hat (Rn. 21), auch dahin zu verstehen, dass Leistungsfreiheit eintreten sollte unabhängig von einer Beachtung der Vorschrift des § 28 Abs. 4 VVG. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Urteils zu sehen. Ihnen lässt sich daher nicht entnehmen, dass Bedingungen zur Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung, welche klar und eindeutig den Vorschriften der §§ 28 ff. VVG 2008 entsprechen und lediglich einen Hinweis zu § 28 Abs. 4 VVG auslassen, insgesamt unwirksam sein sollen.
(2)
Zu fragen bleibt, ob die Regelung den Versicherungsnehmer ausreichend informiert, also transparent ist und somit auch den Anforderungen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und den diesbezüglichen Anforderungen des § 28 VVG genügt. Dies ist zu bejahen.
Allerdings ist es zutreffend, dass die Versicherungsbedingungen den Versicherungsnehmer über die Voraussetzungen von – teilweiser – Leistungsfreiheit informieren müssen (vgl. etwa Felsch, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl. 2015, § 28 Rn. 26, dort insbesondere dritter und vierter Absatz). Die Anforderungen hieran dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. allgemein Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 307 Rn. 22 m.w.N.). Eine Information über das Belehrungserfordernis des § 28 Abs. 4 VVG ist nicht geboten (unentschieden wohl Wandt, in: Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, § 28 Rn. 28 bei Fn. 647).
Hierzu gilt zum einen, dass die Rechtsordnung auch sonst eine Information über gesetzliche Belehrungserfordernisse (also eine Belehrung über ein Belehrungserfordernis) nicht fordert, sondern das Belehrungserfordernis selbst als ausreichenden Schutz ansieht. So ist allgemein anerkannt, dass die in den Versicherungsbedingungen der privaten Unfallversicherung übliche Klausel über die Frist für eine ärztliche Feststellung wirksam ist, obwohl die Klausel nicht auf den Inhalt von § 186 VVG hinweist. (Nach dieser Norm kann sich der Versicherer auf solche Fristen nicht mit Erfolg berufen, wenn er – nach Anzeige des Versicherungsfalls – darüber nicht in Textform belehrt hat.) Wollte man fordern, dass ein Versicherungsnehmer aus den Versicherungsbedingungen jede Verteidigungsmöglichkeit erkennen müsse (oder jedenfalls all die Verteidigungsmöglichkeiten, welche im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind), wäre diese Fristenregelung unwirksam.
Zum anderen: Wenn Allgemeine Versicherungsbedingungen den Inhalt von § 28 Abs. 4 VVG wortgetreu wiedergeben, ist der Versicherungsnehmer auch nicht korrekt informiert. Das Belehrungserfordernis gilt nicht bei bestimmten „spontan zu erfüllenden“ Obliegenheiten, insbesondere dann nicht, wenn dem Versicherer eine Belehrung gar nicht möglich war (vgl. Felsch, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, a.a.O., Rn. 224 m.w.N.); und es gilt nicht bei arglistiger Obliegenheitsverletzung (vgl. ebd., Rn. 226, sowie Wandt, Versicherungsrecht, 6. Aufl. 2016, Rn. 615, beide m.w.N. und mit Hinweis auf BT-Drs. 16/3945, S. 69). Eine korrekte Information erscheint somit kaum möglich, zumal die genaue Abgrenzung bei „spontan zu erfüllenden“ Obliegenheiten jedenfalls schwierig ist (vgl. Felsch, ebd., Rn. 224; Wandt, in: Münchener Kommentar zum VVG, a.a.O., § 28 Rn. 320 ff.).
bb)
Leistungsfreiheit wäre aber auch anzunehmen, wenn man dem Vorstehenden zu aa nicht folgen wollte. Denn dann wäre eine Vertragsergänzung geboten (anders freilich LG Berlin, a.a.O., Rn. 32).
Der Kläger hat (wie dargelegt) arglistig gegen eine vereinbarte Obliegenheit verstoßen, nachdem er (unstreitig) ausweislich der im Termin am 25.06.2015 von der Beklagten zur Akte gereichten Belehrung (Bl. 230) gem. § 28 Abs. 4 VVG über seine Aufklärungspflichten informiert worden war. Er war insofern besser informiert als ein Versicherungsnehmer, in dessen Versicherungsbedingungen der Inhalt des § 28 Abs. 4 VVG wiedergegeben ist, dem aber eine – wie gesagt, bei Arglist nicht erforderliche – konkrete Belehrung nach dem Versicherungsfall nicht zugeht.
Dies zeigt, dass bei Bedingungen, in denen allein ein Hinweis auf § 28 Abs. 4 VVG „fehlt“, der Versicherungsnehmer in bestimmten Situationen nicht schutzwürdig ist. Der Versicherer erscheint demgegenüber (jedenfalls) bei arglistiger Obliegenheitsverletzung – und (jedenfalls) nach konkreter Belehrung – schutzwürdig. Zwar hätte die Beklagte im Streitfall eine Leistung wohl auch als jedenfalls noch nicht fällig ablehnen können; in anderen Fällen arglistiger Obliegenheitsverletzung besteht ein solcher „Ausweg“ aber nicht.
Die Rechts- und Interessenlage ist hier anders als im Fall der unterbliebenen Anpassung von Versicherungsbedingungen an die Neuregelung der §§ 28 ff. VVG 2008 (siehe dazu BGH, Urteil vom 2. April 2014 – IV ZR 58/13, Rn. 22-24 m.w.N., r+s 2015, 347).
Nach Auffassung des Senats wäre daher, wollte man dem Vorstehenden zu aa nicht folgen, eine Ergänzung des Vertragsinhalts geboten (vgl. allgemein Grüneberg, in: Palandt, a.a.O., § 306 Rn. 12 ff.; ferner Schreiner, r+s 2017, 344 ff.), nach welcher hier Leistungsfreiheit eintritt.
III.
Der Schriftsatz vom 12.07.2017 gibt nach den Erörterungen zu II.1 keinen Anlass, die Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).
IV.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V.
Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Dies gilt schon deshalb, weil die Klage bereits aus den Gründen zu II 1 abzuweisen ist. Die von dem zitierten Urteil des LG Berlin aufgeworfenen Rechtsfragen sind dafür nicht entscheidungserheblich. Es kommt deshalb hier nicht darauf an, dass sich dieses Urteil mit den – entgegenstehenden – Erwägungen unter II 2 d aa nicht auseinandergesetzt hat und die Rechtsprechung bisher, soweit ersichtlich, einheitlich anders entschieden hat.