Es gibt eine wahre Vielzahl von Verhaltensmustern, die einem aktiven Autofahrer im täglichen Straßenverkehr negativ ausgelegt werden können. Das Straßenverkehrsrecht hat diesbezüglich sehr viele Regelungen zu bieten, an die sich ein Verkehrsteilnehmer auf jeden Fall zu halten hat. Der Grundgedanke des Straßenverkehrsrechts ist, dass kein Verkehrsteilnehmer durch einen anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet wird. Die Gefährdungshaltung im Straßenverkehr soll dementsprechend so gut wie möglich unterbunden werden. Vielen Verkehrsteilnehmern ist jedoch überhaupt nicht bewusst, was genau sich hinter dem Begriff Gefährdungshaltung im Straßenverkehr verbirgt und wo sich die entsprechenden Regelungen diesbezüglich im Straßenverkehrsrecht befinden.
Wenn es um die Gefährdungshaltung im Straßenverkehr geht sollte ein Fahrzeughalter auf jeden Fall einen Rechtsanwalt zu dem Fall hinzuziehen. Nicht selten ergeben sich aus der Gefährdungshaltung heraus schwerwiegende Folgen für alle Beteiligten, sodass Gerichtsprozesse diesbezüglich in der gängigen Praxis keine Seltenheit darstellen.
Im Zusammenhang mit der Gefährdungshaltung im Straßenverkehr hat der Bundesgerichtshof erst jüngst eine Entscheidung getroffen, welche für jeden Verkehrsteilnehmer überaus interessant sein dürfte.
Was genau ist die Gefährdungshaltung im Straßenverkehr überhaupt?
Die Gefährdungshaltung im Straßenverkehr ist sehr genau in dem § 7 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) geregelt. Dieser Paragraf besagt, dass eine Gefährdungshaltung im Straßenverkehr vorliegt, wenn durch den Kraftfahrzeugbetrieb
- eine Sache beschädigt wird
- eine andere Person körperlich oder gesundheitlich verletzt wird
- eine andere Person getötet wird
- eine andere Person erheblich geschädigt wird
Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass es sich bei dem § 7 um eine Vorschrift handelt, die eine sogenannte verschuldensunabhängige Haftung des Fahrzeughalters statuiert. Dementsprechend haftet der Fahrzeughalter für sämtliche Schäden, die durch den Betrieb des in seinem Besitz befindlichen Fahrzeugs im Straßenverkehr entstehen. Der Fahrzeughalter muss hierfür nicht einmal selbst aktiv am Steuer gesessen und den Schaden verursacht haben. Auch für Schäden aus einer sogenannten „Schwarzfahrt“ einer anderen Person muss der Fahrzeughalter zunächst erst einmal haften.
Der Bundesgerichtshof hat mit seiner ständigen Rechtsprechung bestätigt, dass die sogenannte Gefährdungshaftung als „Preis“ für den Umstand des Kraftfahrzeugbetriebs als Gefahrenquelle zumutbar ist.
In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass das Tatbestandsmerkmal mit der Formulierung „Fahrzeugbetrieb“ juristisch betrachtet gem. Gefährdungshaltungsschutzzweck sehr weit ausgelegt werden kann. Das Tatbestandsmerkmal gilt rechtlich gesehen bereits als erfüllt, wenn das Gefahrenpotenzial eines Fahrzeugs seine Wirkung entfaltet haben. Das Fahrzeug muss jedoch zwingend als mitprägend bzw. ursächlich für das Schadenereignis verantwortlich gewesen sein.
Für die rechtliche Bewertung des Vorfalls ist es entscheidend, dass sich die Schadenursache sowohl zeitlich als auch örtlich mit dem Betriebsvorgang des Fahrzeugs oder einer entsprechenden Betriebsvorrichtung in Verbindung bringen lässt.
Der Bundesgerichtshof hat diesbezüglich ein Urteil gesprochen (Aktenzeichen VI ZR 286/19), welches mit dem 11.02.2020 veröffentlicht wurde. In dem besagten Fall ging es insbesondere um die Begriffsdefinition „Betrieb“ sowie um die Schadensursache Fahrzeug. Der Fall hatte sich ereignet, als das Sturmtief „Friederike“ über Deutschland tobte. Ein Fahrzeughalter hatte sein Fahrzeug bzw. einen Anhänger auf einem Parkplatz geparkt und der Anhänger wurde durch das Sturmtief derartig verschoben, dass ein Schaden an einem anderen Fahrzeug, welches ebenfalls auf dem Parkplatz geparkt wurde, entstand. In dem Fall ging es um die Haftung des Fahrzeughalters gem. § 7 StVG in Verbindung mit dem § 19 StVG. Der Bundesgerichtshof bejahte die Haftung ausdrücklich, da sich die Gefahr, welche von der Anhängerkonstruktion ausging, verwirklichte.
Gibt es von der Gefährdungshaftung im Straßenverkehr Ausnahmen?
Der Gesetzgeber kennt in der Tat Ausnahmen von der Gefährdungshaftung eines Fahrzeughalters im Straßenverkehr, allerdings müssen diese Ausnahmen eher als theoretisch bezeichnet werden. Als denkbare Ausnahmen gelten
- höhere Gewalt
- die Unabwendbarkeit des Schadens
Die höhere Gewalt ist, ebenso wie die sogenannte Unabwendbarkeit, im StVG aufgeführt. Hierbei ist es jedoch sehr wichtig zu wissen, wie die gesetzliche Definition der beiden Begrifflichkeiten lautet und unter welchen Umständen sie angewandt werden können. Als höhere Gewalt wird eine Schadenursache bezeichnet, welche von außen eine eindringende Wirkung erzielt hat und welches nach menschlichem Ermessen sowie aus der menschlichen Erfahrung heraus unvorhersehbar gewesen ist. In diesem Zusammenhang muss sich die Schadenursache jedoch so darstellen, dass der Schaden mit wirtschaftlich zumutbaren Mitteln sowie auch durch äußerste angewandte Sorgfalt nicht hätte verhindert werden oder auch unschädlich werden konnte.
Die Unabwendbarkeit liegt dann vor, wenn ein Unfall oder auch ein Schaden an einem anderen Fahrzeug auch dann nicht hätte verhindert werden können, die äußerste mögliche Sorgfalt vorgelegen hat. Dies mag sich in der Theorie äußerst simpel anhören, ist jedoch in der Praxis mitunter schwer anwendbar. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass es für den Begriff der äußersten möglichen Sorgfalt als Voraussetzung für die Unabwendbarkeit einen gewissen Maßstab geben muss. Dieser Maßstab wird von dem Gesetzgeber mit dem „Idealfahrer“ eines Fahrzeugs angegeben. Hierbei stellt sich berechtigterweise die Frage, was der „Idealfahrer“ denn eigentlich ist, da der Straßenverkehr regional betrachtet durchaus seine Eigenheiten hat. Eine Gefährdungslage kann dementsprechend auch durch ein übervorsichtiges Handeln einer aktiv fahrenden Person im Straßenverkehr entstehen.
Der Grund, warum der BGH die jüngste Entscheidung der Gefährdungshaftung bei dem Anhänger während des Sturmtiefs bejahte und somit den Halter des Fahrzeugs für den Schaden verantwortlich gemacht hat, liegt in dem simplen Umstand, dass der Schaden hätte verhindert werden können. Durch simple technische Hilfsmittel wie beispielsweise Unterlegkeile vor bzw. etwas unterhalb der Reifen hätte ein Rollen des Anhängers durch die witterungsbedingten Einflüsse verhindert werden können, sodass der Schaden nicht entstanden wäre. Die Unvermeidbarkeit des Schadens ist somit ebenfalls auch dann nicht gegeben, wenn der Fahrzeughalter sein Fahrzeug nicht aktiv im Straßenverkehr betrieben hat.
Ein Sturmtief ist nur ein Beispiel dafür, was alles im inaktiven Zustand eines Fahrzeugs geschehen kann. Die Sicherung des Fahrzeugs auch im geparkten Zustand ist somit jedoch ein wesentlicher Bestandteil der Sorgfaltspflicht, welche für jeden Fahrzeughalter essenziell wichtig im Zusammenhang mit der Gefährdungshaftung ist. Unterlässt ein Fahrzeughalter die Sicherung des Fahrzeugs besteht stets das Risiko eines Schadens.
Wenn Ihnen als Fahrzeughalter eine Gefährdungshaltung im Straßenverkehr vorgeworfen wird, so sollten Sie diesen Vorwurf auf jeden Fall ernst nehmen und eine rechtsanwaltliche Vertretung in Anspruch nehmen. Manch ein Schaden mag zwar auf den ersten Blick durchaus klein wirken, doch es gibt auch ernste sowie sehr kostspielige Schäden. Gerade dann, wenn eine andere Person körperlich oder auch gesundheitlich durch die Gefährdungshaltung des Fahrzeughalters zu Schaden kommt, wird die ganze Angelegenheit in der gängigen Praxis im Rahmen eines Gerichtsprozesses behandelt. Ein fachlich kompetenter sowie auch engagierter Rechtsanwalt für Verkehrsrecht kann die Folgen für den Fahrzeughalter auf jeden Fall deutlich abmildern bzw. unter bestimmten Voraussetzungen sogar einen Freispruch erwirken.
Jeder Verkehrsunfall bzw. jedes Schadenereignis muss stets individuell unter Berücksichtigung sämtlicher Faktoren, die für das Schadenereignis maßgeblich sind, geprüft werden. Diese Prüfung erfordert stets eine besondere Form der Sorgfalt sowie auch des juristischen Fachwissens, welches bei Laien in der Regel nicht vorhanden ist. Die Anwendbarkeit von gewissen Faktoren ist hierbei essenziell wichtig für den Ausgang des Verfahrens. Dementsprechend sollten Sie auf jeden Fall einen erfahrenen Rechtsanwalt kontaktieren, um Ihre Angelegenheit im besten Sinne regeln zu können. Wir sind eine überaus erfahrene und etablierte Rechtsanwaltskanzlei und stehen diesbezüglich sehr gern zu Ihrer Verfügung. Unser Team aus engagierten Rechtsanwälten für Verkehrsrecht übernimmt im Rahmen der Mandatierung nicht nur die ausführliche Erstberatung, vielmehr vertreten wir Sie sowohl außergerichtlich als auch in einem etwaig anstehenden Gerichtsverfahren. Sie müssen uns einfach nur kontaktieren und die genauen Rahmenumstände Ihres Falls schildern, damit wir für Sie mit der Prüfung des Sachverhalts beginnen können. Kontaktieren Sie uns einfach per E-Mail oder fernmündlich.