AG München – Az.: 172 C 25533/16 – Urteil vom 08.08.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.721,74 € bis 30.05.3017 und ab dann auf 2309,55 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht Erstattungsansprüche aus Rechtsschutzversicherung geltend.
Zwischen der Klägerin und dem Mandanten der Beklagten besteht ein Rechtsschutzversicherungsverhältnis.
Die Klägerin hatte dem Mandanten der Beklagten in einem arbeitsrechtlichen Verfahren Deckungsschutz erteilt.
Sie leistete auf Anforderung der Beklagten im Laufe des Prozesses insgesamt 4.124,19 €.
In erster Instanz fielen aufgrund eines Teil-Urteils zunächst Anwaltskosten in Höhe von 3108,88 € an, letztlich 5.819,10 €, auf welche die Beklagte 1.814,64 € zahlte. Hinsichtlich des Inhalts der Rechnung vom 03.05.2010 wird auf Anlage B 3 verwiesen.
Mit Beschluss vom 09.12.2011 setzte das Arbeitsgericht den Streitwert für das gesamte Verfahren auf 405.527, 50 € fest. Auf Anlage B 4 wird verwiesen. Mit Kostenrechnung vom 14.12. 2011 wurden Gerichtskosten in Höhe von 2.506,00 € vom Mandanten der Beklagten verlangt.
Über die Frage, ob die Klägerin aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag in voller Höhe eintrittspflichtig sei, bestand Uneinigkeit.
Für die 2. Instanz fielen Anwaltskosten in Höhe von 2.309,55 € an, die die Beklagte dem Mandanten gegenüber mit Rechnung vom 10.12.2009 geltend machte. Die Klägerin beglich diese. Hinsichtlich des Inhalts der Rechnung vom 10.12.2009 wird auf Anlage B 6 verwiesen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.11.2011 wurde der Arbeitgeber des Versicherungsnehmers in Höhe dieser Kosten belastet, der den Betrag an die Beklagten beglich.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sofern die Beklagte aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss Zahlungen erhalten hat, diese direkt an die Klägerin übergegangen sind.
Für eine Aufrechnungslage fehle es an der Gegenseitigkeit der Forderungen. Die Aufrechnung sei ohnehin zu einem Zeitpunkt erklärt worden, indem der Anspruch bereits verjährt gewesen sei.
Das Quotenvorrecht könne nicht dahingehend ausgedehnt werden, dass die Rechtsschutzversicherung für Leistungen, für die sie nicht leistungspflichtig sei, die er wirtschaftlich jedoch letztlich mit der Argumentation des Quotenvorrechts tragen solle, die entsprechenden Erstattungsansprüche verliere. Das würde das Leistungsverweigerungsrecht des Versicherers aushöhlen. Die Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers bliebe sanktionslos.
Die Klägerin hatte zunächst im Wege der Stufenklage in erster Stufe Auskunft und Abrechnung eingeklagt.
Mit Schriftsatz vom 10.05.2017 wurde der Klageantrag Ziffer 1 für erledigt erklärt. Mit Schriftsatz vom 30.05.2017 schloss sich die Beklagte an.
Die Klägerin beantragte zuletzt,
2. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.309, 55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 18.12.2009 zu zahlen.
3. Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin vom Anspruch der J. Rechtsanwälte auf Zahlung außergerichtlicher Anwaltsgebühren in Höhe von 492,54 € freizustellen.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Beklagte ist der Ansicht, in Höhe der restlichen Befreiungsansprüche aus 1. Instanz dürfe der Mandant die Aufrechnung mit den festgesetzten Kosten 2. Instanz erklären bzw. dem Herausgabeanspruch der Klägerin. Zum gleichen Ergebnis gelange man über das sogenannte Quotenvorrecht, wonach gem. § 86 Abs.1 S.2 VVG kein Übergang von Erstattungsansprüchen zum Nachteil des Versicherungsnehmers stattfinden dürfe. Dies bedeute, dass zunächst eine Verrechnung mit offenen Rechtsverfolgungskosten des Versicherungsnehmers /Mandanten (im gleichen Versicherungsfall) zu erfolgen hat und nur Überschüsse an die Versicherung auszukehren seien.
Zur Ergänzung wird verwiesen auf die Schriftsätze der Parteien, die Protokolle der mündlichen-Verhandlung vom 11.04.2017 und 18.07.2017, sowie die übrigen Aktenbestandteile.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 2.309,55 € zu, da sie keinen direkten Erstattungsanspruch gegen die Beklagte erworben hat.
Mit Eingang der Kostenerstattung des Arbeitgebers des Versicherungsnehmers bei der Beklagten, erwirbt der Versicherungsnehmer einen Herausgabeanspruch gem. §§ 667, 675 BGB gegen die Beklagten, der grundsätzlich auf den Versicherer nach § 86 Abs.1 S.1 VVG, § 17 Abs.9 ARB 2010 übergeht.
§ 86 VVG gilt auch für die Rechtsschutzversicherung, die sie Schadensversicherung ist (Rn 3 zu § 86, Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Auflage 2015).
Gem § 86 Abs.1 S.2 VVG kann der Übergang aber nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden. (Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers).
Dies bedeutet in dem vorliegenden Fall, dass dem Versicherten der Kostenerstattungsanspruch verbleibt, wie das zur vollen Abdeckung seiner Kosten erforderlich ist. Der Versicherungsnehmer darf sich nach ständiger Rechtsprechung so lange an Kostenerstattungsansprüchen bedienen, bis sämtliche vom Versicherungsschutz nicht gedeckte Kosten ausgeglichen sind. Erst nach Deckung des Schadens durch Versicherungsleistung und Ersatzanspruch kommt der Versicherer zum Zuge (Rn 46 zu § 86 m.w.N. Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Auflage, 2015).
Erfasst sind nur diejenigen Ansprüche, die sich auf den Schaden beziehen, der in den Schutzbereich der betreffenden Versicherung fällt (Rn 50 zu § 86 Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Auflage, 2015).
Die bei der Berechnung des Quotenvorrechts zu berücksichtigenden Kosten, mit denen der Versicherungsnehmer belastet war, beliefen sich vorliegend auf 6.510,46 € Verfahrenskosten (Rechtsanwalts- und Gerichtskosten), also auf Schäden, die ihrer Art nach in den Schutzbereich der Rechtsschutzversicherung fallen.
Die Höhe der Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren wurden von der Klägerin nicht bestritten.
Dass den Gebührenansprüchen mittlerweile die Einrede der Verjährung entgegenstünde, steht dem nicht entgegen, denn maßgeblich für die Frage, ob der Anspruch übergegangen ist, war der Zeitpunkt seiner Entstehung, also der Zeitpunkt der Kostenerstattung am 13.11.2012, Anlage B6. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherungsnehmer noch unstreitig Verfahrenskosten in Höhe von 6.510,46 € zu begleichen, die nicht verjährt waren.
2. Mangels Bestehens der Hauptforderung besteht kein Anspruch auf die geltend gemachten Verzugszinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO. Soweit die Kosten übereinstimmend für erledigt erklärt wurden, hatte das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann.
Der Auskunftsanspruch hatte keine Aussicht auf Erfolg, da die Auskünfte mit Schreiben vom 30.03.2016 bereits erteilt waren.
Dem Schreiben vom 30.03.2016, das die Klägerin unstreitig erhalten hatte, waren die von der Klägerin gewünschten Auskünfte zu entnehmen, insbesondere konnte die Klägerin, die nach eigenen Angaben aus dem Schreiben vom 29.20.2012, Anlage K1, wusste, dass ein Kostenfestsetzungsbeschluss beantragt war, dem Schreiben entnehmen, dass dieser ergangen sein musste, da die Kostenerstattung in Höhe von 2.309, 55 € von den Beklagten mitgeteilt wurde.
Die Herausgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses war nicht eingeklagt.
III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.
IV. Der Streitwert ergibt sich aus §§ 3, 5 ZPO.
Zum Leistungsanspruch in Höhe von 2.309,55 €, der im Rahmen der Stufenklage immer der höchste Anspruch ist (Rn 16 zu § 3, Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014) hat das Gericht für den Auskunftsanspruch 10% hinsichtlich der von der Klägerin geleisteten Zahlungen in Höhe von 4124,19 €, also 412,19 € angesetzt, da sich der Auskunftsanspruch der Klägerin nach ihrem Vortrag auf diese Zahlungen bezog.