Anforderungen an versichertes Unfallereignis
LG Osnabrück – Az.: 9 S 69/19 – Beschluss vom 08.05.2019
1. Die Kammer beabsichtigt die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses Stellung zu nehmen.
3. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 2.267,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück beruht auf den von ihm fehlerfrei getroffenen Feststellungen, welche durch das Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht erschüttert werden. Es liegt weder eine Rechtsverletzung im Sinne der Regelung zu §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO vor, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zu Grunde gelegten Tatsachen eine andere Entscheidung.
Dazu im Einzelnen:
1.
Die Kammer ist an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts Osnabrück gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Zur Überzeugung der Kammer ergeben sich weder aus den Urteilsgründen noch aus dem Akteninhalt oder der Berufungsbegründung hinreichende Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen.
Die Feststellungen des Amtsgerichts werden von dem Kläger – worauf die Beklagte zutreffender Weise hingewiesen hat – nicht in Abrede gestellt.
Die Beweiswürdigung, welche in der Berufungsinstanz nur einer eingeschränkten Kontrolle unterliegt, ist auch für die Kammer nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beweiswürdigung des Amtsgerichts Osnabrück weder lückenhaft noch lebensfremd. Das Amtsgericht Osnabrück ist den Feststellungen des Sachverständigen zur Kompatibilität der Schadensbilder gefolgt. Ebenfalls hat das Amtsgericht Osnabrück die von dem Sachverständigen festgestellten Widersprüche in nicht zu beanstandender Weise seiner Entscheidung zu Grunde gelegt. Die von dem Sachverständigen angeführten Widersprüche wurden von dem Kläger auch nicht beanstandet.
Das Amtsgericht Osnabrück ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nicht bewiesen hat, dass die von ihm behaupteten Schäden an seinem PKW auf dem Unfall vom 17. September 2016 beruhen.
Der Kläger als Versicherungsnehmer trägt für das Bestehen eines Versicherungsfalls die Darlegungs- und Beweislast, vgl. Stadler, in Stiefel/Meier, Kraftfahrzeugversicherung: AKB, 19. Auflage, 2016, Rdnr. 375 m.w.N..
Entgegen der Ansicht des Klägers ist für den Nachweis eines Versicherungsfalls allerdings nicht allein entscheidend, dass die von ihm behaupteten Schäden auf kompatiblen Schadensbildern beruhen. Es ist auch die Lage der Unfallstelle eine für die Beurteilung über das Bestehen der Einstandspflicht notwendige Angabe, welche von der Darlegungs- und Beweislast des Klägers erfasst ist, vgl. Stadler, a.a.O., Rdnr. 375.
Zwar kommt der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast nach, wenn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass die Schäden an dem Fahrzeug nach Art und Beschaffenheit nur auf einen Verkehrsunfall beruhen können. Dieses gilt selbst in den Fällen, in denen der Versicherungsfall sich nicht so wie vom Versicherungsnehmer dargestellt ereignet haben kann, vgl. OLG Köln, Urteil vom 28. Juni 2016, Geschäftszeichen 9 U 4/16, zit. juris. Die Klage ist allerdings in Ermangelung eines Versicherungsfalls abzuweisen, wenn feststeht, dass sich der Unfall nur anderswo und unter anderem Bedingungen ereignet hat, vgl. OLG Stuttgart VersR 2017, 347.
Entsprechend dieser Erwägungen hat das Amtsgericht Osnabrück zutreffend darauf abgestellt, dass dem Kläger der Nachweis eines Versicherungsfalls nicht gelungen ist. Zwar seien die Schadensbilder kompatibel, jedoch ließen sich die Schäden mit dem behaupteten Unfallhergang nicht in Einklang bringen. Die Ausgangspositionen der beteiligten Fahrzeuge seien nicht diejenigen, wie sie vom Kläger behauptet würden. Das Fahrzeug des Klägers müsse auf dem Grünstreifen vor der Parkfläche gestanden haben. Ferner sei auch der Schadenshergang fraglich. Aufgrund der Ausgangsposition sowie der angegebenen geringen Geschwindigkeit sei ferner von einer sofortigen „Verhakung“ der Fahrzeuge auszugehen.
Das Amtsgericht ist demnach zutreffend davon ausgegangen, dass ein Versicherungsfall nicht nachgewiesen worden ist. Sowohl die Ausgangsposition der Fahrzeuge als auch der Schadenshergang lassen sich nicht mit den Ausführungen des Klägers in Übereinstimmung bringen.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist es nicht die Aufgabe des Gerichts, im Rahmen der Beweiswürdigung dahingehend Ausführungen zu machen, wie der Unfall – statt wie beschrieben – erfolgt sein soll. Das Amtsgericht Osnabrück durfte sich zulässiger Weise darauf beschränken Feststellungen des Inhaltes zu treffen, ob der Unfall so wie beschrieben erfolgt ist. Gegenstand des Verfahrens ist nämlich der vorliegende Unfall wie er sich aus der Schadensanzeige sowie der Sachverhaltsdarstellung ergibt. Es ist somit unerheblich, dass der Kläger möglicherweise in dem versicherten Zeitraum, aber an einer anderen Stelle und unter anderen Bedingungen mit seinem Fahrzeug verunfallt ist, vgl. OLG Hamm MDR 2005, 924.
Schließlich ist auch nicht die Ehefrau des Klägers als Zeugin zu vernehmen. Der Beweisantritt gemäß Schriftsatz vom 31. Oktober 2018 ist in der Berufsinstanz nicht ausdrücklich wiederholt worden. Im Rahmen der Berufungsbegründung wird ebenso wenig ausdrücklich gerügt, dass das Amtsgericht Osnabrück die Ehefrau nicht als Zeugin vernommen hat. Das Berufungsgericht hat daher die Zeugin nicht zu vernehmen, vgl. BGH NJW 1961, 1458. Globale Bezugnahmen auf das erstinstanzliche Vorbringen sind des Weiteren auch nicht ausreichend, damit das Berufungsgericht überprüft, ob Beweisantritte unerledigt geblieben sind, vgl. Herget in Zöller, ZPO, 32. Auflage, 2018, § 520, Rdnr. 41. Soweit nach der Ansicht des Berufungsführers Beweisantritte zu Unrecht unterblieben sind, so hat er dieses ausführlich darzulegen, vgl. Herget, a.a.O.
Ferner weist das Gericht darauf hin, dass in der Schadensanzeige ein Zeuge beziehungsweise eine Zeugin für den Schaden oder den Unfallhergang nicht angeführt worden ist.
2.
Auf Basis der amtsgerichtlichen Feststellungen ist das angegriffene Urteil auch in der Sache rechtlich nicht zu beanstanden.
Mangels Nachweises eines Versicherungsfalls besteht ein Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten gemäß A.2.3 in Verbindung mit A.2.7 und dem Versicherungsschein nicht.
Ob ein Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten, wie das Amtsgericht Osnabrück ergänzend ausgeführt hat, gemäß E.6.1 ausgeschlossen wäre, kann dahinstehen.
II.
Da der Rechtsstreit offensichtlich keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung der Kammer erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, wird die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen sein.
Dem Kläger ist aber zuvor Gelegenheit zu geben, Stellung zu nehmen und gegebenenfalls zur Einsparung weiterer Kosten die Berufung zurückzunehmen.