Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 16 U 82/18 – Urteil vom 07.02.2019
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 13.08.2018 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung rückständiger Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum Januar 2014 bis Dezember 2016.
Der – unter rechtlicher Betreuung stehende – Beklagte unterhält als Versicherungsnehmer eine private Krankenversicherung bei der Klägerin, welche die Anforderungen einer Pflichtversicherung gemäß § 193 Abs. 3 VVG erfüllt.
Aufgrund von Beitragsrückständen kam es nach Mahnung des Beklagten gemäß § 193 Abs. 6 VVG zu einem Ruhen des Vertrages und Einstufung des Beklagten in den Notlagentarif. Im Zeitraum Januar 2014 bis November 2015 zahlte der Beklagte die im Notlagentarif geschuldeten Versicherungsbeiträge von 23 x 99,14 € – insgesamt 2.280,22 € – nicht.
Ab dem Dezember 2015 trat Hilfebedürftigkeit des Beklagten ein. Mit – erst im Berufungsrechtszug vorgelegten – Schreiben an den Betreuer des Beklagten vom 08.02.2016 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 07.01.2019, Bl. 143 d. A.) teilte die Klägerin u. a. Folgendes mit:
„Sie haben uns per Bescheid des Jobcenters Schleswig-Flensburg vom 29. Dezember 2015 über die Hilfebedürftigkeit von Herrn Matthias D informiert. Der Vertrag wird daher gemäß dem beigefügten Versicherungsschein entsprechend angepasst.“
Dieser Bescheinigung beigefügt war ein Versicherungsschein vom 09.02.2016, der ab dem 01.02.2015 eine Versicherung des Beklagten im Ursprungstarif vorsah, welcher vor Ruhen des Vertrages und Eintritt in den Notlagentarif gegolten hatte. Auf Anlage K 5 (Bl. 118 ff. d. A.) wird Bezug genommen.
Der zuständige Sozialleistungsträger (jobcenter Schleswig-Flensburg) zahlte an die Klägerin im Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 monatliche Zuschüsse auf die Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 13 x 332,64 €. Auf die Bescheinigung des jobcenters (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.03.2018, Bl. 46 f. d. A.) wird Bezug genommen. Der Beklagte selbst leistete keine Zahlungen an die Klägerin.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr für den Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 auch unter Anrechnung der vorgenannten Zuschüsse weitere Versicherungsbeiträge zustünden. Denn mit Eintritt der Hilfebedürftigkeit habe gemäß § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG das Ruhen des Vertrages geendet und der Beklagte sei wieder in den Ausgangstarif einzustufen gewesen, in dem er vor der Versicherung im Notlagentarif versichert gewesen sei. Wegen der Höhe der behaupteten Rückstände im Einzelnen wird auf die Darstellung in der Anspruchsbegründungsschrift vom 06.12.2017 (Bl. 15 d. A.) und den – erst im Berufungsverfahren vorgelegten – Versicherungsschein vom 09.02.2016 (Anlage K 5, Bl. 118 ff. d. A.) Bezug genommen. Zusammen mit dem Zahlungsrückstand aus dem Zeitraum Dezember 2014 bis November 2015 ergebe sich insgesamt ein rückständiger Betrag von 5.087,10 €.
Weiter hat die Klägerin gemeint, dass der Beklagte mit Eintritt der Hilfebedürftigkeit zum Dezember 2015 nicht in den Basistarif i. S. d. § 193 Abs. 5 VVG einzustufen gewesen sei, da er keinen Antrag auf Wechsel in den Basistarif gestellt habe. Insofern sei auch nicht lediglich ein halbierter Beitragssatz im Basistarif gemäß § 152 Abs. 4 VAG geschuldet gewesen, da der Beklagte seine Hilfebedürftigkeit der Klägerin gegenüber nicht nachgewiesen habe.
Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.087,10 € nebst 1 % Säumniszuschlag für jeden angefangenen Monat des Beitragsrückstandes seit dem 01.01.2017 sowie
(a) 958,19 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten
(b) 6,00 € Mahnkosten
zu zahlen.
In diesem Umfang hat das Landgericht den Beklagten zunächst durch Versäumnisurteil vom 19.03.2018 verurteilt. Auf den fristgerechten Einspruch des Beklagten hin hat die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten; der Beklagte hat beantragt, unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abzuweisen.
In seinem Einspruch hat der Beklagte die Auffassung vertreten, dass nach Eintritt seiner Hilfebedürftigkeit für den Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 nur Versicherungsbeiträge im Umfang des halbierten Basistarifs gemäß § 152 Abs. 4 VAG geschuldet gewesen seien. Die an die Klägerin gezahlten behördlichen Zuschüsse hätten ausgereicht, sämtliche streitgegenständlichen Beitragsrückstände – also auch die bis zum November 2015 im Notlagentarif aufgelaufenen Beitragsschulden – zu tilgen.
Das Landgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten, soweit der Beklagte zur Zahlung von 2.280,22 € nebst anteiligen Nebenforderungen verurteilt worden ist und hat dies damit begründet, dass auf die bis zum November 2015 im Notlagentarif aufgelaufenen Beitragsschulden keine behördlichen Zuschüsse geleistet worden seien. Im Übrigen hat es das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei in Bezug auf die seit dem Dezember 2015 geschuldeten Beiträge von vollen monatlichen Beiträgen im Basistarif ausgegangen. Für einen halbierten Beitragssatz hingegen hätten die behördlichen Zahlungen mehr als ausgereicht. Von einer solchen Beitragsreduzierung sei vorliegend auszugehen gewesen, da die Beitragsreduzierung nach § 152 Abs. 4 VAG automatisch eintrete. Für die Klägerin sei die Hilfebedürftigkeit des Beklagten auch ohne weiteres dadurch erkennbar gewesen, dass das jobcenter Leistungen für den Beklagten auf die ab dem Dezember 2015 geschuldete Versicherungsbeiträge an sie erbracht habe.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Das Landgericht habe verkannt, dass der Beklagte – unstreitig – niemals im Basistarif (§ 193 Abs. 5 VVG) versichert gewesen sei und deshalb eine Reduzierung des im Basistarif geschuldeten Beitragssatzes gemäß § 152 Abs. 4 VAG nicht habe eintreten können. Nach Ende der Hilfebedürftigkeit erfolge kein automatischer Wechsel in den Basistarif; vielmehr müsse ein solcher vom Versicherungsnehmer beantragt werden. Einen solchen Antrag habe der Beklagte aber nicht gestellt; er habe seine Hilfebedürftigkeit auch nicht gegenüber der Klägerin nachgewiesen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 13.08.2018, 4 O 298/17 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.087,10 € nebst 1 % Säumniszuschlag für jeden angefangenen Monat des Beitragsrückstandes seit dem 01.01.2017 sowie
(a) 424,80 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten
(b) 1,50 € Mahnkosten
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Aufgrund des Umstandes, dass die Zahlung von Versicherungsbeiträgen durch das Sozialamt erfolgte sowie aufgrund der Vorlage entsprechender Bescheide durch ihm sei die Klägerin selbst verpflichtet gewesen, ihm in den halbierten Basistarif einzustufen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Ein Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten auf Zahlung rückständiger Versicherungsbeiträge für den Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 in Höhe von 2.806,88 € aus § 1 VVG i. V. m. dem Versicherungsvertrag besteht nicht.
1. Vorliegend streitgegenständlich sind lediglich noch eventuelle Beitragsrückstände für den Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016.
Die Verurteilung des Beklagten zur Begleichung der im Notlagentarif bis November 2015 geschuldeten Beiträge ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die unstreitigen Zahlungen des jobcenters an die Klägerin sind ausweislich dessen Bescheinigung auch erst für die Monate ab Dezember 2015 geleistet worden. Ausweislich der entsprechenden Zahlungsbestimmungen des jobcenters waren dessen Zahlungen nur auf Versicherungsbeiträge der entsprechenden Monate, nicht aber auf die Tilgung eventueller Rückstände aus vorangegangener Zeit gerichtet.
2. Nach dem Eintreten der Hilfebedürftigkeit des Beklagten ab Dezember 2015 war dieser nicht im Basistarif der privaten Krankenversicherung (§ 193 Abs. 5 VVG) versichert, sondern wieder im Ursprungstarif, der vor der Einstufung des Klägers in den Notlagentarif (§ 193 Abs. 7, 8 VVG) vertraglich gegolten hatte. Hiernach bestand im Ausgangspunkt angesichts der für diesen Fall dargelegten Beitragshöhe unter Anrechnung der Zahlungen des jobcenters ein Zahlungsrückstand in Höhe der verbliebenen Klageforderung.
Gemäß § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG endete zum Zeitpunkt des Eintritts der Hilfebedürftigkeit des Klägers das Ruhen des Vertrages und damit auch die Versicherung im Notlagentarif. Dies führte jedoch – entgegen dem Landgericht – nicht zu einer Fortsetzung des Vertrages im Basistarif der privaten Krankenversicherung, der aufgrund der Hilfebedürftigkeit des Beklagten gemäß § 152 Abs. 4 VAG reduziert gewesen wäre. Grundsätzlich erfolgt nämlich ein Wechsel des Versicherungsnehmers in den Basistarif (§ 193 Abs. 5 VVG) nicht automatisch, sondern unter den Voraussetzungen des § 204 VVG bzw. § 152 VAG für einen Tarifwechsel in den Basistarif. Beiden Vorschriften ist gemein, dass sie von einem Antrag des Versicherungsnehmers ausgehen (zum grundsätzlichen Erfordernis eines Antrags vgl. Kalis, in: MüKo-VVG, 2. A. 2017, § 193 Rn. 29; Voit, in: Prölss/Martin, VVG, 30. A. 2018, § 204 Rn. 8), der bei Erfüllung der Voraussetzungen des Kontrahierungszwangs vom Versicherer anzunehmen ist. Einen ausdrücklichen Antrag auf einen Wechsel in den Basistarif hat der Beklagte jedoch in Bezug auf den Zeitraum ab dem 01.12.2015 nicht gestellt. Das dahingehende Vorbringen des Beklagten, entsprechende Eingaben an die Klägerin gerichtet zu haben, bezieht sich auf wesentlich spätere Zeitpunkte; jedenfalls nicht vor dem Oktober 2016.
Die Umstände, dass mit Eintreten von Hilfebedürftigkeit das Ruhen des Vertrages gemäß § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG endet und ein hilfebedürftiger Versicherungsnehmer regelmäßig angesichts einer eingeschränkten Zahlungsfähigkeit eine – mit einem Eintreten von Hilfebedürftigkeit eben automatisch eintretende – Halbierung der Beitragssätze im Basistarif gemäß § 152 Abs. 4 VAG begehren mag, führen aber nicht dazu, dass der Versicherungsnehmer im Folgenden als ohne Weiteres im Basistarif versichert anzusehen ist (insofern missverständlich Voit a. a. O., § 193 Rn. 45, wonach bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit das Ruhen des Vertrages endet und der Versicherungsschutz zu der nach § 152 Abs. 4 VAG reduzierten Prämie „wieder auflebt“). § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG ist nicht zu entnehmen, dass nach Eintritt der Hilfebedürftigkeit der Versicherungsschutz gerade im Basistarif wieder auflebt, wenn der Versicherungsnehmer nicht bereits vor Ruhen des Vertrages im Basistarif versichert war. Die gesetzgeberische Konzeption sieht vielmehr vor, dass grundsätzlich nach Ende des Ruhens des Vertrages wieder der frühere Vertragsstand eintritt – so ausdrücklich im Falle der Begleichung aller Beitragsrückstände § 193 Abs. 9 VVG – und bei Eintritt von Hilfebedürftigkeit die wirtschaftlichen Folgen der Ausgliederung aus dem Notlagentarif durch Sozialleistungen abgemildert werden. Hierbei muss aber gerade nicht feststehen, ob solche Hilfeleistungen auf im Basistarif geschuldete Beiträge erbracht werden – dann tritt auch das Privileg des § 152 Abs. 4 VAG ein – oder dem Versicherungsnehmer Hilfe dazu geleistet wird, die höheren Prämien des Ursprungs- oder eines anderen Tarifs zu tragen. So sehen § 26 SGB II und § 32 Abs. 4 Satz 1, 2 Nr. 1 SGB XII ausdrücklich vor, dass für Empfänger von Sozialleistungen, die i. S. d. § 193 Abs. 3 VVG privat krankenversichert sind, für die Dauer des Leistungsbezugs ein Zuschuss zum Versicherungsbeitrag geleistet wird und der Zuschuss auf die Höhe des nach § 152 Abs. 4 VAG halbierten Beitrags zum Basistarif begrenzt ist; nicht aber, dass der Zuschuss gerade nur auf Versicherungen im Basistarif gewährt wird.
Insofern muss es dem privatautonomen Versicherungsnehmer frei stehen, auch bei Hilfebedürftigkeit die ggf. umfangreicheren Leistungen des Ursprungs- oder eines anderen Tarifs in Anspruch zu nehmen. Diese Möglichkeit wäre ihm genommen, wenn er mit Auslaufen des Notlagentarifs automatisch in den Basistarif eingestuft wird, der nach seiner Konzeption eher dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen anglichen ist, und ggf. später bei verbesserter wirtschaftlicher Situation einer Gesundheitsprüfung ausgesetzt wäre, um wieder in den Ursprungstarif zurückzugelangen. Eine automatische Fortsetzung des Vertrags im Basistarif im Falle des Endens des Ruhens des Vertrages aufgrund Hilfebedürftigkeit würde auch der Konzeption der §§ 193 Abs. 5 VVG, 152 VAG widersprechen, welche für eine Neuversicherung bzw. einen Wechsel in den Basistarif bestimmte Hürden formulieren.
Der Versicherungsnehmer, dessen Vertrag aufgrund Hilfebedürftigkeit nicht mehr ruht, aber anschließend nicht automatisch im Basistarif versichert ist, ist auch nicht schlechter gestellt als der Versicherungsnehmer, der nach § 193 Abs. 9 VVG das Ende des Ruhens des Vertrages durch die Begleichung von Beitragsrückständen herbeiführt und so lange lediglich einen stark reduzierten Versicherungsbeitrag zu entrichten hat. Denn mit Eintritt der Hilfebedürftigkeit endet auch ein Zustand, in dem der Versicherungsnehmer ganz eingeschränkten Versicherungsschutz nur bei akuten Erkrankungs- und Schmerzzuständen genießt, und der Versicherungsnehmer erlangt wieder eine Vollversicherung, deren Beitragslast er ganz oder teilweise mit Hilfe von Sozialleistungen trägt.
3. Dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung rückständiger Versicherungsprämien, die über die Höhe des halbierten Basistarifs hinausgehen, kann der Beklagte jedoch einen Schadensersatzanspruch aus § 6 Abs. 5 VVG entgegenhalten, welcher das Anspruchsbegehren der Klägerin als treuwidrig erscheinen lässt (§ 242 BGB).
Nach § 6 Abs. 5 VVG ist der Versicherer dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des entstehenden Schadens verpflichtet, wenn er seine aus § 6 Abs. 1, 4 VVG folgende Pflicht verletzt, den Versicherungsnehmer bei entsprechendem Anlass nach dessen Bedürfnissen zu beraten. Gemäß § 6 Abs. 4 VVG besteht eine Beratungspflicht des Versicherers auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist. Der Versicherer muss alleine auf Grund der Informationen, die er besitzt, erkennen können, dass sich der Versicherungsnehmer über den Umfang seines Versicherungsschutzes nicht im Klaren ist und sein Bedarf nicht mehr gedeckt ist. Beratungsanlass können aber auch Anhaltspunkte für eine Überversicherung oder eine Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse des Versicherungsnehmers sein (Rudy, in: Prölss/Martin, VVG, 30. A. 2018, § 6 Rn. 46 ff. m. w. N.).
Ein solcher Beratungsanlass mit daraus resultierender Beratungspflicht des Versicherers besteht dann, wenn dem Versicherer während des Ruhens eines Krankenversicherungsvertrages und Erhebung des Notlagentarifs (§ 193 Abs. 6, 7 VVG) die Hilfsbedürftigkeit des Versicherungsnehmers angezeigt wird. Für den Versicherer ist dann erkennbar, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers eingeschränkt ist und dieser deshalb ein Interesse an weitmöglichster Beitragsreduzierung haben kann. Der Versicherer kann – wenn der Krankenversicherungsvertrag nicht bereits vor dem Eintritt des Ruhens des Vertrages im Basistarif geführt worden war – trotz eines ggf. im Ursprungstarif umfangreicheren Leistungsspektrums nicht ohne Weiteres ein Interesse des Versicherungsnehmers an einer Fortsetzung des Vertrages in diesem Tarif umstellen. Der Versicherer hat dann – soweit die weiteren Voraussetzungen des § 193 Abs. 5 VVG vorliegen – den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass er auch in den Basistarif wechseln kann, der, was die Versicherungsleistung und die späteren Rückkehrmöglichkeiten in den Ursprungstarif betrifft, zwar Nachteile mit sich bringt, finanziell aber mit dem Vorteil der Beitragsreduzierung des § 152 Abs. 4 VAG und der vollen Übernahme der Versicherungsprämien durch den Sozialleistungsträger verbunden ist. All dies weiß der Versicherer besser als der Versicherungsnehmer und muss diesen deshalb insoweit beraten.
Das ist vorliegend nicht geschehen. Im Schreiben der Klägerin vom 08.02.2016 an den Betreuer des Beklagten (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 07.01.2019, Bl. 143 d. A.), mit dem der neue Versicherungsschein vom 09.02.2016 (Anlage K 5, Bl. 118 ff. d. A.) übersandt worden ist, heißt es schlicht, dass der Vertrag – da Hilfebedürftigkeit eingetreten sei – „angepasst“ wird. Diese Anpassung wurde, wie im beigefügten Versicherungsschein dokumentiert, durch die der gesetzlichen Konzeption folgenden Einstufung in den vollen vor dem Eintritt der finanziellen Notlage des Klägers geltenden Krankenversicherungstarif vollzogen. Aufgrund der Hilfebedürftigkeit des Beklagten wäre aber darauf hinzuweisen gewesen, dass eine Versicherung im reduzierten Basistarif in Betracht kommt. Zumindest war die Formulierung im Schreiben der Klägerin vom 08.02.2016 missverständlich: Unter einer infolge Hilfebedürftigkeit erfolgten Anpassung des Vertrages kann ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer auch und gerade verstehen, dass der Versicherer den Umstand des Sozialleistungsbezuges bei der Beitragserhebung berücksichtigt, indem eine für den Versicherungsnehmer möglichst kostengünstige Beitragsgestaltung erfolgt. Auch hieraus folgte eine Pflicht der Beklagten zur Klarstellung.
Der Beklagte hätte auch, wäre er im Sinne des Vorstehenden informiert und beraten worden, den Basistarif gewählt. Das liegt hier angesichts des der Klägerin bekannten Bezugs allein der Grundsicherung auf der Hand; für Gegenteiliges ist nichts ersichtlich. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Beklagte in Kenntnis der Möglichkeit des Wechsels in den Basistarif aus Interesse an umfangreicheren Versicherungsleistungen an einer mit erheblich höheren Kosten verbundenen Versicherung im Ursprungstarif festgehalten hätte (vgl. zur Vermutung des „beratungsrichtigen Verhaltens“ des Versicherungsnehmers nur Rudy a. a. O., Rn. 67 m. w. N.). Der Schaden des Klägers liegt in der Belastung mit Prämienrückständen gegenüber der Klägerin, soweit diese im halbierten Basistarif i. S. d. § 193 Abs. 5 VVG geschuldete Prämien übersteigen. Ausweislich der vorliegenden Bescheinigung des jobcenters hat die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum von der Behörde Zahlungen in Höhe des jeweils geltenden halbierten Basistarifs i. S. d. § 193 Abs. 5 VVG erhalten und kann nach dem Vorstehenden darüber hinaus keine Zahlung mehr verlangen.
4. Nach dem Vorstehenden scheiden Ansprüche der Klägerin auf Ersatz weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwalts- und Mahnkosten sowie Zahlung weiterer Säumniszuschläge aus.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. V. m. §§ 543 f. ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.