OLG Koblenz – Az.: 10 U 1470/12 – Beschluss vom 16.01.2014
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 14. November 2012 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über einen Ausgleichsanspruch gemäß § 59 Abs. 2 VVG a. F. analog (jetzt § 78 Abs. 2 VVG).
Die Klägerin ist Gebäudeversicherer der …[A] GmbH, versichertes Objekt ist ein Mehrfamilienhaus in …[Z], …[Y] Straße . Die Beklagte ist Haftpflichtversicherer des …[B], der Mieter einer Dachgeschosswohnung in dem Mehrfamilienhaus war.
Am 21.5.2008 ereignete sich gegen 16:30 Uhr in dem vorgenannten Mehrfamilienhaus ein Brandschaden. Ursache des Brandereignisses war eine Butangasexplosion, die ihren Ausgangspunkt im Bad der vom Versicherungsnehmer der Beklagten angemieteten Wohnung hatte. Verursacht wurde der Brandschaden (unstreitig) von dem Mieter …[B] im Zusammenhang mit dem Umgang mit Butangas.
Nach dem Schadensereignis wurde von der Polizei im Bad der Mietwohnung eine leere Butangasflasche im hinteren Bereich zwischen Toilette und Waschbecken vorgefunden, die (rote) Schutzkappe war auf der Flasche nicht mehr vorhanden. Des Weiteren befanden sich im Bad auf dem Boden mehrere rote Plastikkappen, bei welchen es sich um Schutzkappen von Butangasflaschen handelte. Die Polizei stellte zudem in der Mietwohnung in einem Raum rechts hinter dem Schlafzimmer eine Cannabis-Plantage mit 144 Pflanzen sicher. Hierfür waren vom Versicherungsnehmer der Beklagten spezielle Schränke mit Beleuchtungs- und Belüftungsanlagen errichtet worden. In diesem Raum befanden sich zehn Butangasflaschen, die allesamt noch gefüllt waren und rote Schutzkappen aufwiesen. Diese Butangasflaschen waren baugleich mit der im Bad aufgefundenen Flasche. Im Mülleimer wurden zudem obenauf liegend mehrere leere Butangaskartuschen vorgefunden; außerdem befanden sich diverse Chemikalien und Lösungsmittel zur Drogengewinnung in der Wohnung (vergl. Kriminaltechnischer Untersuchungsbericht der PD …[X] vom 22.5.2008, Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Dresden 414 Js 25588/08, Blatt 36 ff., sowie die dortigen Lichtbilder, Blatt 44 ff.).
Die kriminaltechnische Untersuchung ergab, dass technische Defekte als Brandursache auszuschließen sind. Insbesondere wiesen Gasanlage und Gasherd keinerlei Mängel auf; auch standen sämtliche Schalter am Gasherd in der Stellung aus. In dem Gutachten des Landeskriminalamtes …[W] über die Untersuchung explosionsbeschädigter Materialien vom 22.7.2008 heißt es auszugsweise wie folgt:
„An der als Spur KC 01 gesicherten Butangaskartusche sind am Flaschenkörper und am Ventil keine Beschädigungen vorhanden, die einen unkontrollierten Gasaustritt verursachen. Die Außenfläche der vollständig entleerten Kartusche weist lediglich leichte Kratzspuren und minimale Beulen, ohne dass der Blechkörper durchdrungen wurde, auf.
Entsprechend dem im Untersuchungsantrag aufgeführten Zerstörungsbild muss davon ausgegangen werden, dass die gesamte Füllmenge der Gaskartusche die Explosion verursacht hat.“
Das Ermittlungsverfahren gegen den Versicherungsnehmer der Beklagten wegen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion ist vor dem Hintergrund, dass dieser selbst erheblich verletzt wurde und darüber hinaus keine Hinweise für eine (bedingt) vorsätzliche Herbeiführung der Explosion festzustellen waren, gemäß § 153 Abs. 1 StPO mit Einstellungsverfügung vom 19.8.2008 eingestellt worden.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege eines Ausgleichsanspruchs eine Erstattung des von ihr regulierten Zeitwertschadens in Höhe von 50 %.
Die Klägerin hat behauptet, der Versicherungsnehmer der Beklagten sei während der Explosion nicht dabei gewesen, Cannabis herzustellen. Sie ist der Ansicht, dem Versicherungsnehmer der Beklagten sei (lediglich) einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Es seien verschiedene Geschehensabläufe denkbar, die nur eine einfache Fahrlässigkeit begründen würden. Des Weiteren halte 1.1 BBR – wonach unter anderem bei der Beteiligung an einer Straftat kein Versicherungsschutz bei der Beklagten bestehe – einer AGB-Kontrolle nicht stand. Die Klägerin hat behauptet, Aufwendungen aufgrund des streitgegenständlichen Versicherungsfalls in Höhe von insgesamt 138.272,57 € geleistet zu haben, wobei sich ein Gebäude- Zeitwertschaden in Höhe von 121.427,11 € ergeben habe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 69.136,29 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihr Versicherungsnehmer habe das Schadensereignis grob fahrlässig herbeigeführt. Im Übrigen sei ein Versicherungsschutz gemäß Ziffer 1.1 BBR wegen der Beteiligung an einer Straftat ausgeschlossen. Denn das Schadensereignis sei durch den Versuch, Cannabis-Öl herzustellen, verursacht worden. Darüber hinaus hat die Beklagte die Aufwendungen der Klägerin und den Zeitwertschaden des Gebäudes mit Nichtwissen bestritten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte als nicht gegeben angesehen, da der am 21.5.2008 eingetretene Brandschaden nicht durch lediglich leichte Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers der Beklagten verursacht worden sei, sondern auf dessen grober Fahrlässigkeit beruhe. Wegen der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Die Klägerin trägt vor, es stehe weder nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung fest, dass ein Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer nur im Falle der leichten Fahrlässigkeit in Betracht komme, noch sei im vorliegenden Fall grobe Fahrlässigkeit im objektiven und subjektiven Sinn gegeben. Die angefochtene Entscheidung sei verfahrensfehlerhaft ergangen, da das Landgericht den Versicherungsnehmer der Beklagten nicht im Hinblick auf das tatsächliche Geschehen angehört habe, was sie, die Klägerin, ausdrücklich beantragt habe.
Eine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, dass ein Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer nur im Falle einer einfach fahrlässigen Handlung des Versicherungsnehmers des Haftpflichtversicherers gegeben sei, sei gerade nicht existent. In keiner einzigen Entscheidung habe der BGH ausgeführt, dass ein Ausgleichsanspruch bei grob fahrlässiger Handlung des Versicherungsnehmers des Haftpflichtversicherers ausscheide. Er habe insoweit lediglich entschieden, dass bei einfacher Fahrlässigkeit ein Ausgleichsanspruch gegeben sei und dass bei vorsätzlicher Schadensverursachung ein Direktanspruch gegen den Mieter realisiert werden müsse. Einzig richtige Konsequenz sei, dass bei grob fahrlässiger Schadensverursachung der Gebäudeversicherer ein Wahlrecht habe. Von diesem Wahlrecht habe sie, die Klägerin, vorliegend Gebrauch gemacht. Es gebe keine rechtliche Erforderlichkeit, den Gebäudeversicherer im Falle der groben Fahrlässigkeit allein auf einen Direktanspruch gegen den Mieter zu verweisen, da dessen Haftpflichtversicherer diesem unstreitig bei grober Fahrlässigkeit Deckung gewähren müsse. Es sei damit offenkundig nicht ersichtlich, warum der Gebäudeversicherer verpflichtet sein solle, im Falle einer grob fahrlässigen Schadensverursachung durch den Mieter, den Umweg gehen zu müssen, zunächst den Mieter gerichtlich in Anspruch zu nehmen, um dann gegebenenfalls dessen Deckungsanspruch gegen seinen Haftpflichtversicherer zu pfänden, um dann wiederum gegen den Haftpflichtversicherer vorgehen zu können. Diese Auffassung werde von der Rechtslehre geteilt. Die Haltung der Beklagten verstoße gegen Treu und Glauben, weil sie sich zu Lasten ihres eigenen Versicherungsnehmers von der Haftung befreien wolle, obwohl offenkundig ein Anspruch der Klägerin gegen den Mieter begründet sei.
Grobe Fahrlässigkeit sei nicht gegeben. Entsprechende Feststellungen habe das Landgericht nicht getroffen. Der Versicherungsnehmer der Beklagten sei nicht dabei gewesen, Arbeiten im Zusammenhang mit dem Anbau von Cannabis durchzuführen. Es stehe nur fest, dass es eine Butangasexplosion gegeben habe. Die zwischen den Parteien streitigen Umstände seien durch das Landgericht nicht aufgeklärt worden. Dies stelle einen Verfahrensfehler dar, der zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und einer Zurückverweisung an das Landgericht führen müsse. Auch stelle nach der Rechtsprechung das Öffnen von Butangasflaschen in geschlossenen Räumen keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar. Auch in subjektiver Hinsicht sei grobe Fahrlässigkeit nicht gegeben. Eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung könne nicht festgestellt werden.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 69.136,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Senat hat mit Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 20. Juni 2013 darauf hingewiesen, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern sowie dass eine mündliche Verhandlung nicht geboten sei.
Der Senat hat hierzu im Einzelnen dargelegt:
„Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 59. VVG a. F. (§ 78 VVG n. F.) gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, da der Versicherungsnehmer der Beklagten den Brandschaden grob fahrlässig verursacht hatte – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat -, so dass der von der Rechtsprechung postulierte Regressverzicht des Gebäudeversicherers gegenüber dem Schädiger nicht eingreift. Die Klägerin kann somit aus übergegangenem Recht den Haftpflichtanspruch ihres Versicherungsnehmers gegen den Schädiger geltend machen. Einen direkten Ausgleichsanspruch gegen dessen Haftpflichtversicherer hat sie nach geltendem Recht nicht. Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Auch das Vorbringen in der Berufungsbegründung gibt zu einer anderen Würdigung keine Veranlassung.
Die Auffassung der Klägerin, dass ein direkter Ausgleichsanspruch zwischen Gebäudeversicherer des Geschädigten und Haftpflichtversicherer des Schädigers auch im Falle einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadens gegeben sein müsse, ist rechtsirrig. Insbesondere bedeutet der Umstand, dass es bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, die dies ausdrücklich ausspricht, nicht, dass es auch in diesem Fall den direkten Ausgleichsanspruch geben müsste.
Ein direkter Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer ist mit einer Ausnahme dem deutschen Versicherungsrecht grundsätzlich fremd. Lediglich im Bereich der Kfz-Haftpflicht-Pflichtversicherung ist ein Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer des Schädigers kraft Gesetzes gegeben. Im Übrigen kann der Geschädigte lediglich seinen Schädiger direkt in Anspruch nehmen und dann gegebenenfalls – wenn dieser nicht selbst zahlt – dessen Erstattungsanspruch gegen seinen Haftpflichtversicherer pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.
Der Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 59 VVG a. F. wurde entwickelt zur Schließung einer Regelungslücke, die sich dadurch ergeben hat, dass die Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1995, Az: VIII ZR 41/95) einen stillschweigenden Regressverzicht des Gebäudeversicherers zugunsten des Mieters entwickelt hat, für den Fall, dass der Mieter einen Brand mit nur leichter Fahrlässigkeit verursacht hat und dass er aufgrund seiner mietvertraglichen Verpflichtung anteilig die Kosten der Gebäudeversicherung des Vermieters trägt. Dieser Regressverzicht zugunsten des Mieters hatte die – unerwünschte – Folge, dass der Haftpflichtversicherer des Mieters seine Einstandspflicht verneinen konnte, da sein Versicherungsnehmer trotz an sich gegebener Haftung wegen leicht fahrlässiger Verursachung des Brandschadens nicht in Anspruch genommen werden konnte. Zweck des Regressverzichtes war der Schutz der Interessen des Vermieters und des Mieters (BGHZ 169, 86). Er sollte jedoch nicht dem Haftpflichtversicherer des Mieters zugute kommen, der seinem Versicherungsnehmer durch den Einschluss der gesetzlichen Haftpflicht aus der Beschädigung von Wohnräumen und sonstigen zu privaten Zwecken gemieteten Räumen in Gebäuden einen entsprechenden Versicherungsschutz versprochen hat. Zum Ausgleich dieser ungewollten, den Interessen von Vermieter und Mieter zuwider laufenden, den dem Mieter versprochenen Versicherungsschutz aushöhlenden Folge des Regressverzichts zugunsten des Mieters wurde in analoger Anwendung des § 59 VVG a. F. ein direkter Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegenüber dem Haftpflichtversicherer entwickelt und so die durch die Entwicklung des Regressverzichts entstandene Regelungslücke wieder geschlossen.
Aus diesen Ausführungen folgt, dass der direkte Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegenüber dem Haftpflichtversicherer im Falle einer grob fahrlässigen Brandverursachung durch den haftpflichtversicherten Mieter nicht bestehen kann. Hier besteht keine Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung des § 59 VVG a. F. bzw. § 78 VVG n. F. geschlossen werden müsste, da es sonst zu einer systemwidrigen Begünstigung des Haftpflichtversicherers käme. Es greift hier die allgemein gültige gesetzliche Regelung, dass ein Direktanspruch des Geschädigten (oder seines Sachversicherers) gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht besteht. Von dieser Regelung ist der Gesetzgeber auch bei der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes nicht abgewichen.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, es bestehe keine rechtliche Erforderlichkeit, den Gebäudeversicherer im Falle der groben Fahrlässigkeit allein auf einen Direktanspruch gegen den Mieter zu verweisen, und es sei offenkundig nicht ersichtlich, warum der Gebäudeversicherer im Falle einer grob fahrlässigen Schadensverursachung durch den Mieter den Umweg gehen müsse, zunächst den Mieter gerichtlich in Anspruch nehmen zu müssen, um dann gegebenenfalls den Deckungsanspruch pfänden und sich überweisen lassen zu müssen, um dann wieder gegen den Haftpflichtversicherer vorgehen zu können, so ist nur darauf hinzuweisen, dass dies der derzeit geltenden Rechtslage entspricht, von welcher der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Versicherungsvertragsrechts nicht abgewichen ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Rechtsprechung keineswegs eine Regressmöglichkeit für den Fall der grob fahrlässigen Schadensverursachung verneint. Der Regressverzicht bezieht sich allein und ausschließlich auf den Fall der leicht fahrlässigen Schadensverursachung. Auch verstößt es nicht gegen Treu und Glauben, wenn die Klägerin gemäß der gesetzlichen Regelung vorgehen muss. Das Deckungsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer sowie das Haftungsverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem sind jeweils für sich gesondert zu betrachten. Der Versicherer kann sich gegenüber seinem Versicherungsnehmer nicht einer bestehenden Einstandspflicht zu Lasten des Versicherungsnehmers entziehen, wenn er einen durch seinen Versicherungsnehmer Geschädigten auf dessen Inanspruchnahme verweist, weil ein Direktanspruch ihm, dem Versicherer, gegenüber nach der Gesetzeslage nicht besteht.
Im Übrigen ist diese Rechtslage für den Gebäudeversicherer nur vorteilhaft. Während er im Rahmen des Ausgleichsanspruchs analog § 59 VVG a. F., bzw. § 78 VVG n. F. lediglich die Hälfte des an den Geschädigten gezahlten Betrages vom Haftpflichtversicherer erhält, kann er bei dem aufgezeigten „Umweg“ über die Inanspruchnahme des Schädigers Ersatz des gesamten von ihm zunächst getragenen Schadens verlangen, soweit nicht Positionen enthalten sind, welche nach den Grundsätzen der Vertragsverletzung oder der unerlaubten Handlung nicht zu tragen sind.
Bei der aufgezeigten Rechtslage ist eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu erkennen. Somit sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht gegeben. Auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Aufsatz des Richters am Bundesgerichtshof … ergibt sich keine abweichende Rechtsauffassung. Dieser referiert an der von der Klägerin genannten Stelle lediglich die Rechtsmeinung eines überwiegend für die Versicherungswirtschaft, insbesondere im Bereich der Sachversicherung, tätigen Rechtsanwalts, die er jedoch für schwer praktikabel hält und ablehnt. Für eine Fortentwicklung des Rechts contra legem und entgegen der erst wenige Jahre zurückliegenden Reform des Versicherungsvertragsrechts, bei deren Erarbeitung die Rechtsprechung zu Regressverzicht und Ausgleichsanspruch unter den beteiligten Versicherern bereits bestand, besteht keine Grundlage.
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass der vorliegende Schadensfall durch ein in hohem Maße grob fahrlässiges Verhalten des Mieters und Versicherungsnehmers der Beklagten verursacht wurde. Keineswegs ist allein die Feststellung zutreffend, dass eine Butangasflasche im Badezimmer vorhanden war und explodiert ist. Auszugehen ist vielmehr von den gesamten, sich aus dem polizeilichen Ermittlungsergebnis ergebenden Umständen, die vom Landgericht im Tatbestand wiedergegeben wurden und die zwischen den Parteien nicht streitig sind. Diese hat das Landgericht in vollem Umfang gewürdigt. Die vom Mieter und Versicherungsnehmer der Beklagten gemäß Schreiben seines Rechtsanwalts vom 23.1.2009 aufgestellten Behauptungen widersprechen dem polizeilichen Ermittlungsergebnis so eklatant, dass sie offensichtlich falsch sind. Eine Vernehmung des Schadensverursachers zur Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptungen kommt aus diesem Grund nicht in Betracht.
Unabhängig davon, ob dieser das Butangas im Badezimmer entweichen ließ, weil er Cannabisöl herstellen wollte, oder aus einem anderen, nicht genannten Grund, das bewusste Entweichenlassen von Butangas in einem geschlossenen Raum, ohne dass ein Verbraucher angeschlossen und in Betrieb ist, stellt eine grobe Fahrlässigkeit dar. Auf eine Aufklärung der von der Klägerin genannten Einzelheiten zu Menge, Zeit und physikalischen Eigenschaften des Gases kommt es nicht an angesichts der unstreitigen Feststellungen aus dem polizeilichen Ermittlungsergebnis.
Soweit die Klägerin sich nunmehr darauf beruft, dass es nicht unstreitig sei, dass der Brandschaden im Zusammenhang mit dem Umgang mit Butangas verursacht worden sei, sind die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts für den Senat bindend. Im Übrigen ist eine andere Brandursache als die explodierende Butangasflasche weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen.
Auch in subjektiver Hinsicht ist das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit zu bejahen. Es liegt auf der Hand und müsste jedem einleuchten, dass das bewusste Entweichenlassen von Butangas in einem Badezimmer ein äußerst gefährliches Verhalten ist, das sehr leicht zu einer Explosion führen kann. Die Wertung der Staatsanwaltschaft in ihrer Einstellungsverfügung, dass die Schuld als geringfügig anzusehen wäre, ist für das Zivilgericht nicht bindend.“
Die Klägerin hat Einwendungen gegen die Zurückweisung der Berufung erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die vorliegende Sache grundsätzliche Bedeutung habe, und dass deshalb eine mündliche Verhandlung sowie die Entscheidung durch Urteil erforderlich seien. Sie begründet ihre Auffassung mit Rechtsausführungen, zu welchen der Senat in seinem Hinweis bereits ausführlich Stellung genommen hat. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass es verfahrensfehlerhaft sei, von einer Anhörung des Versicherungsnehmers der Beklagten abzusehen, da dessen Glaubwürdigkeit erst nach einer persönlichen Anhörung beurteilt werden könne. Auch ist sie der Auffassung, dass die Annahme einer groben Fahrlässigkeit nicht getroffen werden könne. Wenn ein ordnungsgemäßes Lüftungsverhalten festgestellt werden könne, könne das Entweichenlassen einer geringsten Menge von Butangas nicht als grob fahrlässig angesehen werden.
Die Berufung ist zurückzuweisen. Der Senat hält an seinem Hinweis fest und verweist auf diesen auch zur Begründung seiner abschließenden, auf einstimmiger Überzeugungsbildung beruhenden Entscheidung (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
Die Klägerin verkennt weiterhin, dass der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers unserem Rechtssystem – mit Ausnahme im Bereich des Pflichtversicherungsrechts – fremd ist. Weder wurde bislang eine analoge Anwendung des § 3 PflVG befürwortet, noch hat der Gesetzgeber die Gelegenheit der Reform des Versicherungsvertragsrechts genutzt, hier eine Angleichung vorzunehmen. Es mag sein, dass in der Aufsatzliteratur die Frage des Ausgleichsanspruchs und der direkten Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers als ungeklärt angesehen wird. Die Autoren übersehen jedoch, dass es hier eine eindeutige Rechtslage gibt, die zu ändern der Gesetzgeber trotz bestehender Diskussion keine Veranlassung gesehen hat. Im Übrigen stellt sich die Frage, aus welchem Grund der Sachversicherer gegenüber dem Geschädigten, der keine eigene Versicherung in Anspruch nehmen kann, privilegiert werden soll. Für diesen wird bislang ein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht erwogen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich aus dem Urteil des Senats vom 30.4.2010 (Az.: 10 U 827/09 – VersR 2010, 1493) keine Argumentation zu ihren Gunsten entnehmen. Dort ging es gerade nicht um die Frage, ob im Wege eines Direktanspruchs ein Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer eines grob fahrlässig einen Schaden verursachenden Mieters besteht. Es war vielmehr der Sonderfall zu entscheiden, dass der Mieter, der den Schaden selbst nicht herbeigeführt hatte, – und zwar weder leicht noch grob fahrlässig noch sonstwie schuldhaft – aufgrund des Mietvertrages seinem Vermieter nach Vertragsrecht aufgrund einer Einstandspflicht für einen Dritten ersatzpflichtig war und dass der Haftpflichtversicherer des Mieters diesem, seinem Versicherungsnehmer, Versicherungsschutz schuldete. Aussagen zu einem Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers bei einer grob fahrlässigen Schadensverursachung durch den Mieter und Versicherungsnehmer des in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherers hat der Senat in der genannten Entscheidung nicht getroffen.
Eine persönliche Vernehmung des Versicherungsnehmers der Beklagten als des Schadensverursachers war vorliegend nicht geboten. Zwar ist es richtig, dass die persönliche Glaubwürdigkeit eines Zeugen und vielfach auch die Glaubhaftigkeit seiner Angaben nur nach einer persönlichen Vernehmung beurteilt werden können. Dies kann jedoch nicht gelten, wenn die bisher vom Schadensverursacher gemachten Angaben in einem so eklatanten Widerspruch zu den objektiven Feststellungen eines Ermittlungsverfahrens stehen, dass sie falsch sein müssen. Der Sachverhalt ist durch das Ermittlungsverfahren hinreichend geklärt.
Weiterhin ist auch ohne Beweisaufnahme von einer groben Fahrlässigkeit auszugehen. Es ist aufgrund des Umstandes, dass es zu einer Explosion gekommen ist, davon auszugehen, dass weder ein ordnungsgemäßes Lüftungsverhalten des Mieters gegeben war, noch dass lediglich geringste Mengen Butangas entwichen sind. Es ist allgemein bekannt, dass es zu einer derartigen Explosion nur kommen kann, wenn das durch das Entweichen des Gases entstehende Gas-Luft-Gemisch eine gewisse Konzentration erreicht, die weder bei ordnungsgemäßer Lüftung noch bei Entweichen minimaler Gasmengen entstehen kann. Dabei ist davon auszugehen, dass der Mieter das Butangas bewusst hat entweichen lassen. Ein zufälliges Entweichen nennenswerter, für eine Explosion ausreichender Mengen ist angesichts des Umstandes, dass das Ventil der aufgefundenen Flasche intakt war, ausgeschlossen. Auch ergab die kriminaltechnische Untersuchung, dass die gesamte Füllmenge der Gaskartusche die Explosion verursacht hat.
Der Senat bleibt dabei, dass ein nicht entschuldbares Fehlverhalten vorliegt, wenn der Schädiger in einem geschlossenen Raum Butangas bewusst in einer Menge entweichen lässt, die geeignet ist, eine Explosion herbeizuführen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Änderungen und Ergänzungen der Feststellungen sind nicht geboten.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69.136,29 € festgesetzt.