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Unfallversicherung – Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsbeeinträchtigung

Ein Rentner stürzt von einer Leiter und erleidet schwerste Verletzungen, die zu Amputationen führen – doch seine Unfallversicherung weigert sich zu zahlen. Gutachter sehen den Grund dafür in einer diabetischen Vorerkrankung des Mannes, die die Komplikationen maßgeblich verursacht haben soll. Nun entschied das Landgericht Hof in einem aufsehenerregenden Urteil über die Klage der Ehefrau.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Hof
  • Datum: 08.04.2021
  • Aktenzeichen: 25 O 20/19
  • Verfahrensart: Zivilverfahren bezüglich eines Unfallversicherungsanspruchs
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Unfallversicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Ehefrau des Versicherten, die Ansprüche aus einer privaten Unfallversicherung geltend macht. Sie argumentiert, dass die Amputationen ihres Mannes kausal auf einen Unfall zurückzuführen sind und dadurch eine unfallbedingte Invalidität vorliegt.
  • Beklagte: Versicherungsgesellschaft, die die Leistung verweigert. Sie argumentiert, dass die gesundheitlichen Probleme des Versicherten auf dessen bestehende Diabeteserkrankung zurückzuführen sind und nicht auf den Unfall.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Ehemann der Klägerin erlitt bei Arbeiten auf einer Leiter einen Sturz und verletzte sich. In der Folgezeit kam es zu gesundheitlichen Komplikationen, die in Amputationen mündeten. Die Klägerin macht Ansprüche aus der Unfallversicherung geltend, da ihrer Meinung nach die Verletzungen unfallbedingt sind.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Amputationen) besteht, oder ob die bestehenden Vorerkrankungen (Diabetes) des Versicherten die ausschlaggebende Ursache sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Die Klägerin konnte den Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den erforderlichen Amputationen nicht nachweisen.
  • Begründung: Das Gericht folgte dem Gutachten des Sachverständigen und stellte fest, dass die gesundheitlichen Probleme eher auf die bestehende Diabeteserkrankung zurückzuführen sind. Auch wenn der Unfall eine gewisse Mitschuld gehabt hätte, wäre der Mitwirkungsanteil der Diabeteserkrankung bei 100 %, weshalb ein Versicherungsanspruch ausgeschlossen ist.
  • Folgen: Die Klägerin hat die Prozesskosten zu tragen, da die Klage vollständig abgewiesen wurde. Ein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten wurde ebenfalls verneint. Das Urteil setzt einen Präzedenzfall für die Beurteilung von Unfallursächlichkeit bei bestehenden schweren Vorerkrankungen.

Unfallversicherungen im Fokus: Rechtliche Herausforderungen und Erfolgsaussichten

Unfallversicherungen sind ein zentraler Bestandteil des sozialen Sicherungssystems und bieten finanzielle Unterstützung bei unfallbedingten Krankheiten und Gesundheitsbeeinträchtigungen. Das Unfallrisiko ist im Alltag allgegenwärtig, und die Folgen können von vorübergehenden Beschwerden bis hin zu dauerhaften Gesundheitsschäden und sogar Berufsunfähigkeit reichen. Damit Versicherte ihre Anspruch auf Leistungen der Versicherung geltend machen können, ist oft der Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den daraus resultierenden Folgen entscheidend.

In der Praxis können jedoch Herausforderungen auftreten, insbesondere wenn es darum geht, die genauen Unfallfolgen und deren Auswirkungen auf die Gesundheit nachzuweisen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die spezifischen Versicherungsbedingungen und Präventionsmaßnahmen zu kennen, um Ansprüche erfolgreich durchzusetzen. Ein konkreter Fall, der nun analysiert wird, verdeutlicht diese komplexen Zusammenhänge und die rechtlichen Herausforderungen, die damit verbunden sind.

Der Fall vor Gericht


Diabetiker gewinnt nicht vor Gericht – Kein Versicherungsanspruch nach Leitersturz

Senior verliert das Gleichgewicht auf Holzleiter beim Obstbaumschnitt
Ein diabetischer Rentner erhält nach einem Leitersturz keine Unfallversicherungsleistungen aufgrund fehlenden Kausalzusammenhangs und vorbestehender Erkrankung. (Symbolfoto: Flux gen.)

Das Landgericht Hof hat in einem wegweisenden Fall entschieden, dass ein diabetischer Rentner nach einem Leitersturz keine Leistungen aus seiner privaten Unfallversicherung erhält. Der Mann war am 30. September 2017 aus etwa 1,80 Meter Höhe von einer Leiter abgesprungen, als er eine Dachrinne reinigte. Er landete auf den Füßen in einem Gartenbeet.

Schwerwiegende gesundheitliche Folgen

In den Monaten nach dem Sturz mussten dem Rentner zunächst die Großzehe und die zweite Zehe des rechten Fußes amputiert werden. Im Februar 2018 folgte die Amputation des linken Unterschenkels. Seine Ehefrau machte daraufhin Ansprüche aus der privaten Unfallversicherung geltend. Sie forderte eine Invaliditätsrente von jährlich 18.160,48 Euro sowie rückwirkende Zahlungen von knapp 50.000 Euro.

Gutachter sieht keine direkte Unfallfolge

Ein medizinischer Sachverständiger stellte fest, dass der Mann durch den Sturz lediglich Prellungen beider Sprunggelenke erlitten hatte. Äußere Verletzungen waren nicht dokumentiert. Nach Einschätzung des Gutachters lag die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Sturz und den späteren Amputationen bei unter 50 Prozent.

Diabetische Vorerkrankung im Fokus

Der Sachverständige betonte, dass der Rentner bereits vor dem Unfall an einem fortgeschrittenen diabetischen Fußsyndrom litt. In diesem Zustand hätte jedes alltägliche Bagatelltrauma oder sogar eine spontane Entwicklung zu vergleichbaren Komplikationen führen können. Bei einem gesunden Menschen wären die Sturzfolgen innerhalb weniger Tage ausgeheilt.

Gericht weist Klage ab

Das Landgericht Hof folgte der Einschätzung des Sachverständigen und wies die Klage vollständig ab. Die Richter sahen keinen ausreichenden Nachweis für einen Kausalzusammenhang zwischen Sturz und Amputationen. Selbst wenn man einen solchen Zusammenhang unterstellen würde, hätte die diabetische Vorerkrankung nach den Versicherungsbedingungen zu einem vollständigen Ausschluss des Anspruchs geführt. Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Bei Unfallversicherungen muss der Versicherte den Zusammenhang zwischen Unfall und späteren gesundheitlichen Folgen nachweisen können. Selbst wenn eine Vorerkrankung besteht, genügt grundsätzlich eine Mitursächlichkeit des Unfalls. Allerdings können schwere Vorerkrankungen wie ein fortgeschrittenes Diabetisches Fußsyndrom dazu führen, dass die Versicherung nicht zahlen muss – und zwar auch dann, wenn nach einem Unfall schwere Folgen wie Amputationen eintreten.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine private Unfallversicherung haben und unter einer schweren Vorerkrankung wie Diabetes leiden, sollten Sie besonders vorsichtig sein. Eine Vorerkrankung kann dazu führen, dass die Versicherung selbst bei schweren Unfallfolgen nicht zahlt. Dokumentieren Sie nach einem Unfall sofort alle Verletzungen und lassen Sie sich ärztlich untersuchen. Je früher und genauer die Unfallfolgen dokumentiert sind, desto besser können Sie später nachweisen, dass der Unfall und nicht die Vorerkrankung für gesundheitliche Folgen verantwortlich war. Holen Sie sich bei der Durchsetzung von Ansprüchen frühzeitig rechtliche Unterstützung, um Ihre Erfolgschancen zu verbessern.


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Die komplexe Rechtslage bei Unfallversicherungen und Vorerkrankungen erfordert eine sorgfältige Prüfung jedes Einzelfalls und fundierte rechtliche Expertise. Unsere erfahrenen Anwälte unterstützen Sie dabei, den Zusammenhang zwischen Unfall und gesundheitlichen Folgen rechtssicher nachzuweisen und Ihre Ansprüche durchzusetzen. Lassen Sie uns gemeinsam analysieren, wie wir Ihre individuelle Situation bestmöglich bewerten können. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie prüft die Unfallversicherung den Zusammenhang zwischen Unfall und gesundheitlichen Folgen?

Die Unfallversicherung prüft den Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden in zwei wesentlichen Schritten.

Nachweis des Gesundheitserstschadens

Ein Gesundheitserstschaden muss als unmittelbare Unfallfolge zweifelsfrei nachgewiesen werden. Hierfür ist ein Vollbeweis erforderlich, der eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erfordert. Der Erstschaden umfasst alle direkt durch das Unfallereignis verursachten regelwidrigen Zustände des Körpers, einschließlich psychischer Beeinträchtigungen.

Prüfung der Kausalität

Für den Nachweis der Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Es muss nach medizinischer Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden sprechen. Wenn Sie beispielsweise nach einem Sturz Rückenschmerzen entwickeln, prüft die Versicherung, ob diese Schmerzen tatsächlich vom Sturz verursacht wurden.

Bewertung von Vorerkrankungen

Bei der Prüfung unterscheidet die Versicherung zwischen zwei Arten von Vorschädigungen:

Eine Schadensanlage ist eine stumme Krankheitsdisposition, die erst durch den Unfall aktiviert wird. In diesem Fall gilt das Alles-oder-Nichts-Prinzip: War der Unfall die wesentliche Ursache, besteht ein Anspruch auf die komplette Versicherungsleistung.

Bei einer bereits bestehenden Vorerkrankung prüft die Versicherung nur, ob der Unfall diese wesentlich verschlimmert hat. In diesem Fall wird ausschließlich der Verschlimmerungsanteil entschädigt.

Beweisführung und Mitwirkung

Als Versicherter müssen Sie den Kausalzusammenhang nicht mit absoluter Sicherheit beweisen. Es reicht aus, wenn Sie die Verbindung zwischen Unfall und Gesundheitsschaden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darlegen können. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass es genügt, wenn das Unfallereignis an der eingetretenen Funktionsbeeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern diese Mitwirkung nicht völlig unwahrscheinlich ist.

Die Versicherung stützt ihre Entscheidung auf medizinische Sachverständigengutachten, die den Zusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden nach wissenschaftlichen Kriterien bewerten. Die Gutachter müssen ihre Beurteilung ausführlich und nachvollziehbar begründen.


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Welche Bedeutung haben Vorerkrankungen für den Versicherungsschutz bei Unfällen?

Vorerkrankungen schließen den Versicherungsschutz bei Unfällen nicht grundsätzlich aus. Der Versicherungsschutz besteht auch dann, wenn Krankheiten bei den Unfallfolgen mitwirken.

Mitwirkungsanteil und Leistungskürzung

Eine Kürzung der Versicherungsleistung erfolgt erst, wenn der Mitwirkungsanteil der Vorerkrankung mindestens 25% beträgt. Die Versicherung muss dabei konkret nachweisen, dass und in welchem Umfang Vorerkrankungen zur Gesundheitsschädigung beigetragen haben.

Bewertung von Vorerkrankungen

Für die Beurteilung von Vorerkrankungen gilt der „altersbedingte Normalzustand“ als Maßstab. Wenn Ihr Gesundheitszustand Ihrem Alter und Geschlecht entspricht, werden degenerative Vorschäden die Leistungspflicht der Versicherung nicht schmälern. Vorschädigungen, die zu keiner Beeinträchtigung geführt haben oder keiner ärztlichen Behandlung bedurften, werden nicht angerechnet.

Offenlegungspflichten beim Vertragsabschluss

Bei Abschluss der Unfallversicherung müssen Sie alle relevanten Informationen zu Ihrer Gesundheit offenlegen. Die wahrheitsgemäße Beantwortung der Gesundheitsfragen ist entscheidend für den späteren Versicherungsschutz. Symptomfreie degenerative Veränderungen, die vor dem Unfall keine Beschwerden verursacht haben, werden in der Regel nicht als Vorinvalidität berücksichtigt.

Nachweis im Schadensfall

Im Schadensfall wird durch medizinische Gutachten geprüft, ob und inwieweit Vorerkrankungen an den Unfallfolgen mitgewirkt haben. Die Beweislast für den Mitwirkungsanteil einer Vorerkrankung liegt beim Versicherer. Kann die Versicherung den Einfluss der Vorerkrankung nicht eindeutig nachweisen, muss sie die volle Leistung erbringen.

Typische Beispiele für eine Mitwirkung von Vorerkrankungen sind:

  • Meniskusschädigung bei vorzeitigen Texturstörungen
  • Unterschenkelamputation nach geringfügiger Zehenverletzung bei schwerem Diabetes
  • Oberschenkelbruch bei vorbestehendem Knochentumor

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Ab welcher Wahrscheinlichkeit gilt ein Unfall als ursächlich für gesundheitliche Folgen?

Bei der Beurteilung der Unfallkausalität unterscheidet das deutsche Recht zwischen zwei wesentlichen Prüfungsebenen mit unterschiedlichen Beweisanforderungen.

Haftungsbegründende Kausalität

Für den unmittelbaren Gesundheitserstschaden gilt der strenge Beweismaßstab des § 286 ZPO. Der Versicherte muss nachweisen, dass der Unfall tatsächlich zu einer ersten konkreten Gesundheitsschädigung geführt hat. Entgegen der landläufigen Meinung bedeutet dieser Vollbeweis jedoch keine 100-prozentige Sicherheit, sondern eine sehr hohe Überzeugung des Richters von der Wahrheit der Behauptung.

Haftungsausfüllende Kausalität

Für spätere Folgeschäden gilt der weniger strenge Beweismaßstab des § 287 ZPO. Hier reicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% aus. Dies betrifft etwa die Frage, welche weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen sich aus dem ursprünglichen Unfallschaden entwickelt haben.

Besonderheiten in der privaten Unfallversicherung

In der privaten Unfallversicherung genügt für einen Kausalzusammenhang bereits eine Mitwirkung des Unfalls an der Gesundheitsbeeinträchtigung, sofern diese nicht völlig außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt. Vorerkrankungen schließen die Kausalität nicht automatisch aus. Dies zeigt sich am Beispiel eines Sturzes vom Baugerüst: Auch wenn eine Osteoporose vorliegt, haftet die Versicherung, wenn der Sturz auch ohne Vorerkrankung zu einer schweren Verletzung geführt hätte.

Die zeitliche Nähe zwischen Unfall und Beschwerden allein reicht allerdings nicht aus, um die erforderliche Kausalität zu belegen. Stattdessen muss ein medizinisch nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung bestehen.


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Was müssen Versicherte direkt nach einem Unfall dokumentieren?

Die unverzügliche und sorgfältige Dokumentation eines Arbeitsunfalls ist für die spätere Anerkennung durch die Unfallversicherung entscheidend.

Grundlegende Dokumentation im Verbandbuch

Ein Verbandbuch oder ein vergleichbares Dokument muss bei jedem Arbeitsunfall angelegt werden – auch bei kleineren Verletzungen. Darin müssen Sie folgende Angaben festhalten:

  • Ort und Zeit des Unfalls
  • Art der Verletzung
  • Zeitpunkt der Behandlung
  • Durchgeführte Erste-Hilfe-Maßnahmen
  • Name des Ersthelfers
  • Namen von Zeugen

Detaillierte Unfallbeschreibung

Der Unfallhergang muss möglichst präzise dokumentiert werden. Schildern Sie genau, wie sich der Unfall ereignet hat und welche Tätigkeiten Sie zum Unfallzeitpunkt ausgeführt haben. Dies ist besonders wichtig, da die Unfallversicherung einen Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Gesundheitsschaden nachweisen muss.

Ärztliche Behandlung

Bei der ersten ärztlichen Behandlung sollten Sie dem Arzt mitteilen, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Der Arzt muss dann eine spezielle Unfallmeldung erstellen. Bewahren Sie alle medizinischen Unterlagen sorgfältig auf, denn diese dienen als wichtige Nachweise für die Unfallversicherung.

Wegeunfälle

Bei Unfällen auf dem Weg zur oder von der Arbeit müssen Sie zusätzlich dokumentieren:

  • Die gewählte Wegstrecke
  • Den genauen Unfallort
  • Die Uhrzeit des Arbeitsbeginns bzw. -endes
  • Den Grund für eventuelle Umwege

Die Dokumentation muss mindestens 5 Jahre aufbewahrt werden. Eine gründliche Dokumentation ist besonders wichtig, da sich manche Verletzungsfolgen erst später zeigen können und der Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall dann nachgewiesen werden muss.


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Welche Rolle spielen medizinische Gutachten bei der Anspruchsprüfung?

Medizinische Gutachten bilden eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung von Leistungsansprüchen nach einem Unfall. Sie dienen der objektiven Feststellung der gesundheitlichen Folgen und ermöglichen eine faire Leistungsbemessung.

Bedeutung für die Anspruchsprüfung

Der Gutachter untersucht den Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Wenn Sie einen Anspruch geltend machen, muss nachgewiesen werden, dass Ihre Beschwerden tatsächlich durch den Unfall verursacht wurden und nicht etwa auf eine vorbestehende Erkrankung zurückzuführen sind.

Ablauf der Begutachtung

Die Begutachtung beginnt meist mit einer Erstuntersuchung durch den behandelnden Arzt. Anschließend wird ein unabhängiger Gutachter hinzugezogen, der eine weiterführende Bewertung vornimmt. Der Sachverständige prüft dabei:

  • Die medizinische Vorgeschichte
  • Die aktuellen Verletzungen und Beeinträchtigungen
  • Die Auswirkungen auf Ihre Lebensqualität und berufliche Leistungsfähigkeit

Anforderungen an das Gutachten

Ein medizinisches Gutachten muss unparteiisch und unabhängig erstellt werden. Der Gutachter dokumentiert die Befunde und bewertet diese auf Basis medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse. Stellen Sie sich vor, Sie haben nach einem Sturz Rückenschmerzen – der Gutachter muss dann objektiv beurteilen, ob diese Schmerzen tatsächlich vom Sturz verursacht wurden.

Die Versicherung trifft ihre Entscheidung über die Leistungspflicht auf Grundlage des Gutachtens. Dabei wird nicht nur die Schwere der Verletzung bewertet, sondern auch die Dauerhaftigkeit der Beeinträchtigung. Ein niedriger Invaliditätsgrad kann zu einer geringeren oder gar keiner Versicherungsleistung führen, während ein höherer Grad eine entsprechend höhere Auszahlung zur Folge hat.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Kausalzusammenhang

Der Kausalzusammenhang beschreibt die rechtlich relevante Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen einem Ereignis und einem eingetretenen Schaden. Im Versicherungsrecht muss nachgewiesen werden, dass der Schaden direkt und überwiegend wahrscheinlich durch das versicherte Ereignis verursacht wurde. Dies ist besonders bei der Unfallversicherung wichtig, wo der Unfall die wesentliche Ursache für die gesundheitlichen Folgen sein muss. Liegt die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs unter 50%, wird in der Regel kein Kausalzusammenhang angenommen.


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Diabetisches Fußsyndrom

Eine schwerwiegende Komplikation bei Diabetes mellitus, bei der Nervenschäden und Durchblutungsstörungen zu Verletzungen und schweren Wundheilungsstörungen an den Füßen führen können. Gemäß § 27 SGB V ist dies eine anerkannte Krankheit, die besonderer medizinischer Behandlung bedarf. Selbst kleine Verletzungen oder Druckstellen können bei diesem Krankheitsbild zu schweren Komplikationen wie Gewebeuntergang und Amputationen führen. Im Versicherungsrecht kann diese Vorerkrankung Leistungsansprüche ausschließen oder einschränken.


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Invaliditätsrente

Eine regelmäßige finanzielle Leistung aus einer privaten Unfallversicherung, die bei dauerhafter körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung nach einem Unfall gezahlt wird. Die Höhe richtet sich nach dem vereinbarten Versicherungsschutz und dem Grad der Invalidität gemäß § 7 AUB (Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen). Beispiel: Bei einem Invaliditätsgrad von 50% wird die Hälfte der vereinbarten Versicherungssumme als jährliche Rente ausgezahlt.


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Versicherungsbedingungen

Die vertraglichen Regelungen zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer, die detailliert festlegen, welche Ereignisse versichert sind und unter welchen Voraussetzungen Leistungen erbracht werden. Sie definieren auch Ausschlüsse und Einschränkungen des Versicherungsschutzes, etwa bei Vorerkrankungen. Geregelt im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), müssen sie dem Versicherungsnehmer vor Vertragsabschluss transparent mitgeteilt werden. Beispiel: Ausschluss von Unfallfolgen, die überwiegend durch Vorerkrankungen verursacht wurden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG): Dieses Gesetz regelt die Grundlagen des Versicherungsvertrags, einschließlich der Pflichten des Versicherungsunternehmens zur Leistungserbringung bei Eintritt eines versicherten Ereignisses, wie z.B. einem Unfall. Im vorliegenden Fall spielt es eine zentrale Rolle, da die Klägerin Ansprüche aus einer privaten Unfallversicherung geltend macht, die auf den Regelungen des VVG basieren, solange die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind.
  • § 34 VVG: Dieser Paragraph bezieht sich auf die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers, insbesondere die Pflicht zur Schadensmeldung und die Zusammenarbeit mit dem Versicherer bei der Feststellung des Schadens. Die Klägerin meldete den Sturz ihres Ehemanns, was die Grundlage für die Klage darstellt. Die Einhaltung dieser Obliegenheiten ist entscheidend dafür, dass der Versicherungsschutz greift.
  • § 7 I (1) und § 14 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AUB): Diese Bestimmungen konkretisieren die spezifischen Ansprüche und Leistungen bei eingetretener Invalidität infolge eines Unfalls. In dem vorliegenden Fall wird auf die Invaliditätsleistung und die Progression verwiesen, die die Höhe der Entschädigung der Klägerin bestimmen. Die Ablehnung der Ansprüche durch die Beklagte basiert auf der Einschätzung, dass die Invalidität nicht hinreichend auf den Unfall zurückzuführen ist.
  • § 84 SGB VII: Dieser Paragraph regelt die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere bei Erwerbsunfähigkeit und Invalidität. Auch wenn es sich um eine private Unfallversicherung handelt, bietet dieser Paragraph einen wertvollen Bezug zur Frage des Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall und der späteren Gesundheitsbeeinträchtigung, was in der Urteilsbegründung eine wesentliche Rolle spielt.
  • Art. 1 des Grundgesetzes (GG): Grundrechte, die die Würde des Menschen schützen, bilden den ethischen Rahmen für alle rechtlichen Regelungen in Deutschland, einschließlich der Versicherungsverträge. Im konkreten Fall wird der Wert von Gesundheit und körperlicher Unversehrtheit thematisiert, da die Amputationen die Lebensqualität des Ehemanns der Klägerin erheblich einschränken. Dies kann Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung zur Anerkennung der Invaliditätsansprüche haben, da eine umfassende Berücksichtigung der menschlichen Aspekte in der Rechtsprechung wichtig ist.

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Das vorliegende Urteil

LG Hof – Az.: 25 O 20/19 – Endurteil vom 08.04.2021


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